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In diesem Standbild aus einem Video, das vom Telegram-Kanal „Razgruzka Vagnera“ am 21.08.2023 veröffentlicht wurde, spricht Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldnergruppe Wagner, in Tarnkleidung und mit Gewehr in der Hand an einem unbekannten Ort in eine Kamera.

© IMAGO/UPI Photo

Update

Russische Behörden finden Flugschreiber : Was über Prigoschins Flugzeug-Absturz bekannt ist – und was nicht

US-Präsident Joe Biden hatte nach dem Absturz von Prigoschins Flugzeug gesagt, er sei darüber nicht verwundert. Der Kreml weist wiederum jede Verantwortung zurück.

| Update:

Nach dem Flugzeugabsturz in Russland, bei dem mutmaßlich auch Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin ums Leben kam, haben russische Ermittler nach eigenen Angaben neben den Leichen der zehn Opfer auch Flugschreiber der Maschine an der Absturzstelle gefunden.

„Die Flugschreiber wurden von den Ermittlern sichergestellt“, teilte die russische Ermittlungskommission am Freitag im Onlinedienst Telegram mit. Um die Identität der zehn Todesopfer festzustellen, würden die Leichen derzeit genetisch untersucht, hieß es weiter.

Die russische Regierung kritisiert indessen US-Präsident Joe Biden wegen dessen Bemerkungen zum mutmaßlichen Tod von Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin. Der stellvertretende Außenminister Sergej Rjabkow nennt Bidens Äußerungen laut staatlicher Nachrichtenagentur Tass inakzeptabel. Jegliche Spekulationen, der Kreml sei für den Tod Prigoschins verantwortlich, seien eine „Lüge“.

Biden hatte nach dem Absturz von Prigoschins Flugzeug gesagt, er sei darüber nicht verwundert. Der US-Präsident fügte hinzu, in Russland passiere nicht viel, ohne dass Staatschef Wladimir Putin dahinter stecke.

Putin kondolierte Familie Prigoschins

Zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin Prigoschin einen „fähigen“ Mann genannt, der „schwere Fehler“ begangen habe. Einen Tag nach dem Absturz des Privatflugzeugs in der russischen Region Twer sprach Putin den Angehörigen der mutmaßlichen Todesopfer am Donnerstag sein Beileid aus.

Die bei dem Flugzeugabsturz vermutlich gestorbenen Mitglieder der Wagner-Gruppe hätten einen „bedeutenden Beitrag“ zur Militäroffensive in der Ukraine geleistet. Prigoschin „war ein Mann mit einem komplizierten Schicksal, der in seinem Leben schwere Fehler begangen hat, aber die notwendigen Ergebnisse erzielte“, sagte Putin bei einer im Fernsehen übertragenen Sitzung.

Der Kreml-Chef Putin kündigte eine umfassende Aufklärung des Absturzes an. Diese habe bereits begonnen, werde aber eine Zeit lang dauern, sagte er bei einem Treffen mit dem russischen Verwaltungschef von Donezk, Denis Puschilin.

Telegram-Kanal meldete Tod Prigoschins

Am Mittwochabend meldete der Prigoschin nahe stehende Telegram-Kanal Grey Zone, dass der Söldnerchef tot sei. Der „Held Russlands“ und „wahre Patriot“ sei „infolge der Handlungen von Verrätern an Russland“ ums Leben gekommen, hieß es in einem Beitrag. „Aber selbst in der Hölle wird er der Beste sein!“

Zuvor berichtete die Nachrichtenagentur Tass vom Absturz eines Privatflugzeuges, auf dessen Passagierliste auch Prigoschin stehen soll. Die Embraer-Maschine auf einem Flug von Moskau nach St. Petersburg sei in der Region Twer nördlich der Hauptstadt niedergegangen, meldete die Agentur am Mittwoch unter Berufung auf das Katastrophenschutz-Ministerium.

Die sieben Passagiere und drei Besatzungsmitglieder seien ums Leben gekommen. Am späteren Abend bestätigte die russische Luftfahrtbehörde Rosawiatsija, dass Prigoschin an Bord war. Genauso wie Wagner-Kommandeur Dmitri Utkin und Valery Chekalov, gefürchteter Sicherheitschef von Prigoschin. Demnach erfolgte der Flug „im Rahmen einer ordnungsgemäß erteilten Luftraumgenehmigung“.

Prigoschin ist nach Einschätzung britischer Geheimdienste „sehr wahrscheinlich“ tot.  Zwar gebe es noch keinen endgültigen Beweis, dass Prigoschin an Bord des abgestürzten Flugzeugs gewesen sei, betonte das britische Verteidigungsministerium am Freitag. Doch Prigoschins Tod würde die Privatarmee Wagner zutiefst destabilisieren, hieß es in London weiter.

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Briten verdächtigen offenbar den russischen Inlandsgeheimdienst FSB

Die „BBC“ berichtet, dass der russische Inlandsgeheimdienst FSB in britischen Verteidigungskreisen als wahrscheinlichster Drahtzieher hinter dem Flugzeugabsturz gesehen werde. Der FSB sei „komplett loyal“ zu Putin, schreibt die „BBC“.

Ein Screenshot des Telegram-Kanals „grey_zone“ soll Rettungskräfte bei der Arbeit an der Absturzstelle des Flugzeugs in der Nähe des Dorfes Kuzhenkino in Russland zeigen.

© IMAGO/UPI Photo

In Verteidigungskreisen werde außerdem davon ausgegangen, dass nun wahrscheinlich die Positionen von zwei Männern in Putins Umfeld gestärkt sei – gemeint sind der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu und der Generalstabschefs der russischen Streitkräfte Waleri Gerassimow. Beide waren von Prigoschin öffentlich stark kritisiert worden.

Da Schoigu und Gerassimow als inkompetent angesehen werden, sei die Stärkung der beiden gut für die Ukraine, meint die „BBC“.


USA sieht keine Hinweise auf Raketen-Beschuss

Die Ursache für den Absturz der Maschine ist bisher nicht bekannt. Das Wladimir Putin unterstellte Ermittlungskomitee hat ein Strafverfahren eröffnet – wegen „Verletzung der Regeln der Sicherheit der Bewegung und des Betriebs des Luftverkehrs“.

Im Pentagon sieht man jedenfalls keine Hinweise auf einen Abschuss des Flugzeugs mit Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin an Bord durch eine Boden-Luft-Rakete. Es gebe „keine Informationen, die nahelegen, dass es eine Boden-Luft-Rakete gab“, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz im Pentagon.

Berichte über eine Rakete seien „falsch“. Er könne aber keine Angaben zur Absturzursache machen. 

Zuvor berichtete die Nachrichtenagentur Reuters von US-Kreisen, die davon ausgehen, dass die Prigoschin-Maschine durch eine Luftabwehr-Rakete abgeschossen wurde. Die Rakete sei demnach innerhalb Russlands abgefeuert worden.

Das Wall Street Journal wiederum beruft sich auf US-Beamte, die auch nicht von einer Boden-Luft-Rakete ausgehen, sondern von einer Bombe. „Die vorläufigen Einschätzungen der US-Regierung, die unvollständig sind, deuten darauf hin, dass eine Bombe in dem Flugzeug explodierte oder dass eine andere Form der Sabotage den Absturz nordwestlich von Moskau verursachte“, schreibt das Blatt.

In sozialen Medien hatten verschiedene Experten die Möglichkeit eines Abschusses durch russische Raketen Mittwochabend diskutiert. Dafür sprächen der plötzliche Sturzflug des Flugzeugs, charakteristische Rauchwolken, die auf mehreren Videos zu erkennen waren, sowie zahlreiche kleine Löcher im Wrack der Maschine.

Kurz nach dem Absturz kursierte auf russischen Telegram-Kanälen etwa Videos von einem Flugzeugwrack in einem Waldgebiet.

In diesem Standbild aus einem am 23. August 2023 veröffentlichten Video ist Rauch zu sehen, der über einem brennenden Flugzeug aufsteigt, das sich bei einem angeblichen Flugzeugabsturz in der Region Twer, Russland, befand.

© Reuters/Ostorozhno Novosti/Handout

Auch Prigoschins Telegram-Kanal „Grey Zone“ verbreitete die Version eines gezielten Abschusses. 

Gerüchte um zweiten Flieger

Für Verwirrung sorgte die Meldung, wonach ein zweiter Flieger der Privatarmee Wagner in der Luft gewesen sein soll.

Er landete angeblich kurz nach dem Absturz in der Region Twer und war von St. Petersburg aus auf einer ähnlichen Route unterwegs. Das zeigen Bilder der Plattform OSINT Defender. Diese Angaben können nicht unabhängig geprüft werden.

Das Flugzeug stürzte in der Nähe der Ortschaft Kushenkino in der Region Twer, Russland ab. Alle zehn Menschen an Bord sollen bei dem Absturz ums Leben gekommen sein.

© IMAGO/SNA

Christo Grozev, bulgarischer Journalist und Mitglied der Investigativ-Plattform Bellingcat, war zunächst nicht vom Tod Prigoschins überzeugt. Er stellte beim Onlinedienst X, vormals Twitter, in den Raum, dass er vielleicht einen Lockvogel geschickt haben könnte.

Wut und Trauer bei Wagner-Anhängern

Prigoschins Anhänger reagierten mit Trauer und Wut auf die Nachricht vom mutmaßlichen Tod des 62-Jährigen.

Viele Diskussionen darüber, was Wagner in dieser Situation tun wird. Wir sagen nur eines: Wir starten durch.

Wagner-Kämpfer in einer Video-Botschaft

Ein Video, das Anton Gerashchenko, Berater des ukrainischen Verteidigungsministeriums, auf Twitter geteilt hat, soll drei Wagner-Kämpfer zeigen, die in der Dunkelheit in die Kamera sagen: „Viele Diskussionen darüber, was Wagner in dieser Situation tun wird. Wir sagen nur eines: Wir starten durch. Rechnen Sie mit uns!“

Unter den Beiträgen des Wagner-nahen Telegram-Kanals „Grey Zone“, der am Mittwoch den Tod Prigoschins meldete, rufen einige Kommentatoren zu einem zweiten Marsch auf Moskau auf. Der erste war Ende Juni auf halbem Weg zwischen Rostow am Don – wo das Kriegshauptquartier sitzt – und Moskau beendet worden, nachdem Prigoschin seine Männer zum Umdrehen aufgefordert hatte.

„Machen Sie sich bereit für Moskau“, kommentiert eine Person etwa und führt weiter aus: „Ruinieren Sie es zur Hölle“. Eine weitere fragt: „Wann herrscht Konsens über die Lage? Lass uns nach Moskau gehen.“

Die Überlegungen einer dritten Person scheinen schon etwas fortgeschrittener zu sein: „Zunächst ist es notwendig, alle militärischen Einrichtungen in Belarus zu besetzen und die gesamte Ausrüstung zu beschlagnahmen.“ Von dort sei es nur noch ein Steinwurf nach Moskau.

Wie ernst die Ankündigungen zu nehmen sind, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eingeschätzt werden. Unterdessen legen Anhänger des Wagner-Chefs an mehreren Orten in Russland Blumen nieder, etwa am Café „Patriot“ in St. Petersburg, das viele Einwohner der Stadt mit Prigoschin und seiner Wagner-Truppe verbinden, schreibt die Tageszeitung „Kommersant“ am Donnerstag. Auch aus anderen russischen Städten wie Nowosibirsk wurde von Trauer- und Gedenkaktionen berichtet.

Am früheren Wagner-Firmensitz in St. Petersburg wurden neben Blumen auch ein Vorschlaghammer niedergelegt, teilte der Telegram-Kanal Grey Zone mit. Der Vorschlaghammer gilt als grausiges Erkennungszeichen der Wagner-Söldner, nachdem ein Video Angehörige der Gruppe zeigte, die damit einen angeblichen Überläufer ermordeten.

Der Kommandeur des Russischen Freiwilligenkorps (RVC), Denis Kapustin, hat die Kämpfer der Söldnergruppe Wagner aufgefordert, den Tod ihres Gründers Jewgeni Prigoschin und ihres Kommandanten Dmitri Utkin zu rächen

„Ihr steht jetzt vor einer schweren Entscheidung. Ihr könnt euch in ein Wachhaus des russischen Verteidigungsministeriums stellen und als Wachhunde für die Vollstrecker Eurer Befehlshaber dienen oder Rache nehmen“, sagte Kapustin in einer am späten Donnerstag veröffentlichten Videoansprache. Um Rache zu nehmen, würden sie aber auf die Seite der Ukraine wechseln müssen. Der RVC ist eine Gruppe russischer Kämpfer, die auf ukrainischer Seite kämpfen. 

Beileidsbekundung aus Tschetschenien

Auch der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow hat den mutmaßlichen Tod Prigoschins öffentlich betrauert. „Sein Tod ist ein großer Verlust für den ganzen Staat“, schrieb er in der Nacht zum Freitag auf seinem Telegram-Kanal, kurz nachdem Russlands Präsident Wladimir Putin von einer Tragödie gesprochen hatte. Den Angehörigen sprach er sein Beileid aus.

Kadyrow und Prigoschin waren beide mit ihnen unterstellten Truppen an Russlands Angriffskrieg in der Ukraine beteiligt. Dabei waren sie eine Zeit lang in ihrer Kritik gegen die russische Militärführung vereint, zerstritten sich am Ende aber schwer. Die von Prigoschin im Juni initiierte Meuterei versprach Kadyrow „mit harten Methoden“ niederzuschlagen.

Was geschah zuvor?

Prigoschin hatte die Söldnergruppe Wagner nach eigenen Angaben 2014 gegründet. Im Rahmen eines Aufstandes am 23. und 24. Juni hielten seine Kämpfer zunächst auf Moskau zu, bevor offenbar eine Einigung mit Präsident Putin erzielt worden war.

Journalist Grozev, der zahlreiche Skandale aufgedeckt hat und in den USA im Exil lebt, sprach kurz nach dem vereitelten Putsch von einem möglichen Nachspiel für Prigoschin.

„Jeder weiß, was man in Russland mit ‘Verrätern’ macht, und Putin hat das nicht getan. Er will ihn tot sehen. Das kann er jetzt noch nicht tun“, sagte Grozev der „Financial Times“. In sechs Monaten sei Prigoschin jedoch entweder tot, „oder es wird einen zweiten Putsch geben“, meinte er damals. 

Jewgeni Prigoschin (li.) war einmal ein nützlicher Diener für Wladimir Putin (re.). Im Laufe des Ukraine-Krieges entwickelte sich eine Fehde.

© dpa/AP/Pool Sputnik Kremlin/Alexei Druzhinin

Prigoschin selbst hatte sich nach dem abgebrochenen Aufstand zunächst nur in Audionachrichten über Telegram zu Wort gemeldet.

Unter der Bedingung, ins Nachbarland Belarus auszuwandern, wurde Prigoschin vom Kreml Straffreiheit versprochen. Wenig später allerdings tauchte der 62-Jährige wieder in Russland auf – am Rande des Afrika-Gipfels in St. Petersburg Ende Juli. Dort zeigte er sich mit einem Vertreter aus der Zentralafrikanischen Republik. 

Zuletzt meldete sich Prigoschin aus Afrika

Und vor wenigen Tagen – am Montagabend – tauchte im Internet schließlich ein neues Video des Söldnerchefs auf. Der kurze Clip sei in einem afrikanischen Land aufgenommen worden, teilte der Telegram-Kanal „Grey Zone“ mit.

„Wir arbeiten. Die Temperatur beträgt mehr als 50 Grad“, sagt Prigoschin in dem Video. Dann erklärt er, dass seine Wagner-Truppe Aufklärungsarbeiten durchführe – und fügt hinzu: „Sie macht Russland noch größer auf allen Kontinenten. Und Afrika noch freier. 

Was Prigoschin nun an Bord eines Flugzeugs wollte, das am Weg nach St. Petersburg war, ist unklar.

Das Wrack des abgestürzten Privatjets der Wagner-Gruppe.

© IMAGO/SNA

Prigoschin war schon einmal „tot“

Im Herbst 2019 kam schon einmal der Verdacht auf, dass Prigoschin mit einem Flugzeug abgestürzt und gestorben sei. Im Osten der Republik Kongo war eine Transportmaschine des Militärs abgestürzt. Damals hieß es, an Bord seien neben der vierköpfigen Besatzung auch vier Passagiere gewesen, zwei von ihnen Russen. Der Verdacht, einer von ihnen sei Prigoschin gewesen, bestätigte sich nicht.


So reagieren die Ukraine und USA

Indessen kommentierte der ukrainische Präsidentenberater Michajl Podoljak die Lage. Es sei offensichtlich, dass Putin niemandem „seinen eigenen bestialischen Terror“ verzeihen werde. Prigoschin hätte in dem Moment, in dem er an Alexander Lukaschenkos bizarre „Garantien“ und Putins ebenso absurdes „Ehrenwort“ glaubte, ein besonderes Todesurteil für sich selbst unterzeichnete, schreibt Podoljak.

US-Präsident Joe Biden hat ebenfalls wenig überrascht auf den Flugzeugabsturz in Russland reagiert. Er wisse nicht genau, was passiert sei, er sei aber nicht überrascht, sagte Biden am Mittwoch am Rande eines Urlaubsaufenthaltes im US-Bundesstaat Kalifornien.

Es gibt nicht viel, was in Russland passiert, hinter dem Putin nicht steckt.

Joe Biden, US-Präsident

Auf die Frage von Reportern, ob seiner Ansicht nach Russlands Präsident Putin hinter dem Absturz stecke, sagte Biden: „Es gibt nicht viel, was in Russland passiert, hinter dem Putin nicht steckt.“ Er wisse aber nicht genug, um dies beantworten zu können.

Ein Teufel, der sich mit dem Teufel einlässt.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses

Der polnische Außenminister Zbigniew Rau erklärte dem staatlichen Nachrichtensender TVP Info Ähnliches: „Wir hätten große Schwierigkeiten, jemanden zu benennen, der intuitiv denkt, dass dies ein Zufall ist. Es ist so, dass politische Gegner, die Wladimir Putin als Bedrohung seiner Macht ansieht, nicht auf natürliche Weise sterben.“

Vor dem Zentrum der Wagner-Gruppe in St. Petersburg legten Anhänger Blumen und Aufnäher mit dem Wagner-Logo ab.

© IMAGO/SNA

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), fand die Nachricht vom mutmaßlichen Tod des Wagner-Chefs „nicht wirklich erstaunlich“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

„Dass Prigoschin seinen Angriff auf Putin mit dem Leben bezahlen wird, davon war auszugehen: Ein Teufel, der sich mit dem Teufel einlässt“, fügte sie hinzu. „Es zeigt aber auch, dass offensichtlich große Nervosität bei Putin und seinen Schergen im Kreml herrscht.“

Der Bundesregierung liegen nach Angaben eines Sprechers keine eigenen Erkenntnisse über den mutmaßlichen Tod des russischen Söldner-Chefs Jewgeni Prigoschin vor. Man habe die Berichterstattung zur Kenntnis genommen, sagt der Sprecher in Berlin und fügt hinzu: „Besonders überraschend wäre ein gewaltsames Ende Prigoschins nicht.“

Ein Sprecher des Auswärtigen Amts ergänzt, es handele sich zunächst um „eine innerrussische Angelegenheit“. Es seien bereits einige Oppositionelle in Russland gewaltsam zu Tode gekommen. „Insofern ist da ein Muster zu erkennen“, sagt er. Rückschlüsse auf das Schicksal Prigoschins könnten aber noch nicht gezogen werden.

Was passiert mit der Wagner-Gruppe?

Das US-Institut für Kriegsstudien ISW geht unterdessen davon aus, dass die „Wagner-Gruppe als quasi-unabhängige militärische Parallelstruktur wahrscheinlich nicht mehr existieren“ wird. Das schreiben die Analysten in ihrem Lagebericht vom Donnerstag.

Es sei allerdings „unklar, ob der Kreml beabsichtigt, Wagner vollständig aufzulösen oder es als eine viel kleinere Organisation, die dem russischen Verteidigungsministerium vollständig unterstellt ist, wiederherzustellen“. Eine dritte Option, Wagner als quasi-unabhängige Organisation mit neuem, Kreml-treuen Kommandeur aufrechtzuerhalten, sei „möglich, aber unwahrscheinlich“. (Reuters, dpa, tsp)

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