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Addis Abeba am Donnerstagnachmittag: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Mousa Faki Mahamat, Vorsitzender der Kommission der Afrikanischen Union.

© dpa/Michael Kappeler

Scholz in Afrika: Eine Einladung in die G20 als Gastgeschenk

Kanzler Olaf Scholz (SPD) besucht Äthiopien und Kenia. Es geht um den Sudan, weitere Krisen, Handel und alternative Energien. Und um eine Aufnahme der Afrikanischen Union in die G20.

Ein kleines Präsent hat Olaf Scholz mitgebracht. Kein Geschenk mit Schleife, keine Kuckucksuhr, sondern eine Absichtserklärung. Deutschland will, so sagt es der Kanzler, dass die Afrikanische Union Teil der G20 wird. „Wir wollen unterstützen, dass die Afrikanische Union einen Sitz in der G20 bekommt, dass sie mitmachen und mitentscheiden kann“, sagt Scholz am Donnerstagnachmittag in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Das gebiete der „Respekt vor dem Kontinent, seinen vielen Staaten und auch seiner wachsenden Bevölkerung“.

Die Afrikanische Union, kurz AU, als Mitglied der Gruppe der größten Industriestaaten ­– das ist eine neue Position des Kanzlers. Wer Scholz kennt, ahnt, dass er es nicht einfach so daher sagt. Er ist mehr als ein Berliner Alleingang aus einer Laune heraus. US-Präsident Joe Biden hat sich bereits im Dezember für eine dauerhafte Mitgliedschaft der AU in den G20 ausgesprochen. Die EU gehört den 1999 gegründeten G20 bereits an.

Vor seinem Statement sprach der Kanzler mit Moussa Faki Mahmat, der den komplizierten Titel „Vorsitzender der Kommission der AU“ trägt. Sollte sich schon bald eine Mehrheit in den G20 für einen Aufnahme der AU abzeichnen? Zwar bleibt an diesem Donnerstag offen, wann aus der G20 eine G21 werden soll. Doch ein jahrelanger Prozess wird es – so ist der Kanzler zu verstehen – nicht werden. „Bald“ werde es so weit sein, sagt Scholz. „Mehrere Staaten“ hätten ihm signalisiert, dass sie einen solchen Sitz unterstützen.

Sudan, China, Ukraine

Das Angebot, das der Kanzler macht, bildet den Auftakt seiner dreitägigen Afrika-Reise. Sie führt ihn nach Äthiopien und Kenia. Es geht um den Krieg im Sudan, die diversen Krisen der Region, den Ukraine-Krieg, Chinas Einfluss in Afrika und, natürlich, um erneuerbare Energien.

Scholz präsentiert den Plan einer G20 plus AU nicht an irgendeinem Ort, sondern im Sitz der AU, in deren 18. Etage, mit Blick auf die Millionen-Metropole Addis Abeba, über die sich während der Gespräche ein heftiger Platzregen ergießt. Der Besuch bei der AU ist Scholz’ erster Termin nach der Landung in Addis Abeba. Später wollte Scholz sich mit dem Vorsitzenden der AU, Azali Assoumani, treffen.

Scholz’ Blick auf die multipolare Welt

Scholz‘ Vorstoß ist eine logische Folge der jüngsten Zeit und von Scholz’ Blick auf eine multipolare Welt. Schon am jüngsten G20-Gipfel Ende 2022 in Bali nahmen Vertreter der AU, neben einigen weiteren Ländern, teil.

Deutschland will Afrika, die AU, ermächtigen, sie dazu ermuntern, ihre Rolle als Verhandler und Schlichter in Konflikten, Krisen, ja Kriegen auszubauen. Kurzum: Die AU, die ja so etwas wie eine losere afrikanische EU ist, soll mehr Macht bekommen. Seit Jahren schon unterstützen Berlin und Brüssel die AU finanziell.

Südafrika als Vorbild

An Aufgaben mangelt es auf dem afrikanischen Kontinent nicht. Im Sudan tobt ein blutiger Bürgerkrieg, in hektischer Eile flog die Bundeswehr im April deutsche und andere EU-Bürger aus dem Land. In Äthiopien, also dort, wo die AU ihren Sitz hat, ist erst im November 2022 ein Bürgerkrieg zu Ende gegangen.

Mehr als 600.000 Menschen haben in dem zweijährigen Krieg ihr Leben verloren. Nun herrscht ein Waffenstillstand. Die AU hat vermittelt, jetzt geht es um die strafrechtliche Aufarbeitung der Kriegsverbrechen. Auch dazu will Scholz ermuntern. Als Vorbild gilt der Versöhnungsprozess in Südafrika.

Gewiss: Scholz ist auch in Afrika, um deutsche und europäische Interessen zu vertreten. Und um dem russischen Narrativ im Krieg gegen die Ukraine etwas entgegenzusetzen, um Alternativen zu den chinesischen Investitionen anzubieten. Deutschland verliert offiziell kein böses Wort über Pekings Engagement in Afrika. Das geschieht allenfalls indirekt, indem man argumentiert, die deutschen Investitionen seien nachhaltig, kooperativ und „auf Augenhöhe“. Übersetzt: Die chinesischen Investments sind all dies nicht.

Thema in Kenia: Grüner Wasserstoff

Eine Wirtschaftsdelegation begleitet den Kanzler, der am Donnerstagabend noch seinen äthiopischen Amtskollegen Abiy Ahmed treffen wollte. Und den Interims-Regierungschef der Provinz Tigray, Getachew Reda. Am Freitag und Sonnabend wird Scholz in Kenia erwartet, Deutschlands wichtigstem Partner in Ostafrika. Ein Thema dort: Investitionen in grünen Wasserstoff.

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