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Der armenische Premierminister Nikol Pashinyan geht neben Bundeskanzler Olaf Scholz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron vor Beginn einer Plenarsitzung des Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft im Kongresspalast in Granada.

© AFP/LUDOVIC MARIN

Treffen noch im Oktober?: Scholz unterstützt EU-Friedensbemühungen zwischen Armenien und Aserbaidschan

EU-Ratspräsident Charles Michel hat Gespräche zwischen Armenien und Aserbaidschan angekündigt. Ursprünglich war ein Treffen diese Woche in Spanien geplant.

EU-Ratspräsident Charles Michel hat Gespräche zwischen Armenien und Aserbaidschan zum Abbau der Spannungen nach Bakus großangelegter Militäroffensive in Bergkarabach angekündigt.

Das Ziel sei es, das Treffen bis Ende Oktober abzuhalten, sagte Michel am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP am Rande eines Gipfeltreffens der Europäischen Politischen Gemeinschaft im spanischen Granada. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte unterdessen mit, die russischen Friedenstruppen hätten drei Beobachtungsposten an der Frontlinie in Bergkarabach abgebaut.

Nach Angaben Michels soll das Datum des Treffens in Brüssel in Absprache mit Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan und dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew festgelegt werden.

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew (l.) und der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan (Archivbild)
Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew (l.) und der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan (Archivbild)

© IMAGO/ITAR-TASS

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderte am Donnerstag in Spanien den „ernsthaften Versuch, (...) dafür zu sorgen, dass ein dauerhafter Frieden gesichert werden kann zwischen Aserbaidschan und Armenien“, idealerweise noch in diesem Jahr. Man unterstütze EU-Ratspräsident Michel dabei, schnell Gespräche zwischen beiden Ländern zu organisieren.

Aserbaidschan sagte Treffen in Spanien ab

Kurz vor Michels Ankündigung eines Treffens zwischen Armenien und Aserbaidschan erklärte Baku, bereit zu Gesprächen mit Eriwan unter Vermittlung der EU zu sein. Ursprünglich war bereits ein Treffen zwischen Armeniens Regierungschef Paschinjan und Aserbaidschans Präsident Alijew am Donnerstag in Spanien geplant gewesen.

Alijew lehnte das Treffen jedoch am Mittwoch ab, ein Regierungsvertreter in Baku begründete dies mit europäischer Unterstützung für Eriwan. Paschinjan bedauerte die Entscheidung, er reiste hingegen zu dem Gipfeltreffen und sprach dort auch mit Scholz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Die beiden Kaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan sind verfeindet. Aserbaidschan hatte am 19. September eine großangelegte Militäroffensive in der überwiegend von Armeniern bewohnten Kaukasusregion Bergkarabach gestartet.

Bereits einen Tag später erklärten die dortigen pro-armenischen Kämpfer ihre Kapitulation. Später wurde die Auflösung der selbsternannten Republik Bergkarabach zum 1. Januar 2024 verkündet.

EU-Parlament fordert Sanktionen gegen Aserbaidschan

In der Diskussion über mögliche Sanktionen gegen Aserbaidschan wegen der Militäroffensive in Bergkarabach sagte Frankreichs Präsident Macron, es sei noch nicht an der Zeit dafür.

Aserbaidschanische Soldaten bewachen den Kontrollpunkt Lachin.
Aserbaidschanische Soldaten bewachen den Kontrollpunkt Lachin.

© dpa/AP/Aziz Karimov

Das EU-Parlament hatte zuvor in einer nicht bindenden Resolution gefordert, „gezielte Sanktionen gegen Personen in der aserbaidschanischen Regierung“ wegen des Angriffs und mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen in Bergkarabach zu verhängen.

Zudem müsse die EU ihre Abhängigkeit von Gasimporten aus Aserbaidschan reduzieren und ihre Beziehungen zu Baku auf den Prüfstand stellen. Die Gaslieferungen aus Aserbaidschan in die EU sollen teilweise frühere Lieferungen aus Russland ersetzen.

Russland gibt Armenien die Schuld

Russlands Präsident Wladimir Putin gab am Donnerstag dem armenischen Regierungschef Nikol Paschinjan die Schuld am Verlust der Südkaukasusregion. Die Eroberung von Bergkarabach im September sei „unvermeidlich“ gewesen.

„Es war nur eine Frage der Zeit, bis Aserbaidschan dort die verfassungsmäßige Ordnung wiederherstellen würde“, sagte Putin. „Das war unvermeidlich, nachdem (Armenien) die Souveränität Aserbaidschans über Karabach anerkannt hatte.“

Zugleich warf Putin EU-Ratspräsident Michel und dessen Kollegen vor, nicht an das Schicksal der Karabach-Armenier gedacht zu haben, als sie „hinter den Kulissen den Premierminister Armeniens, Herrn Paschinjan, überredet haben, solch einen Schritt zu gehen“.

Ein gepanzertes Fahrzeug der russischen Friedenstruppen vor dem Kontrollpunkt Lachin.
Ein gepanzertes Fahrzeug der russischen Friedenstruppen vor dem Kontrollpunkt Lachin.

© AFP/EMMANUEL DUNAND

Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, die in Bergkarabach stationierten russischen Friedenstruppen hätten am Donnerstag den Abbau von drei Beobachtungsposten an der Frontlinie abgeschlossen. Die Soldaten sind in dort seit 2020 im Rahmen eines Waffenstillstandsabkommens stationiert.

Fast alle Karabach-Armenier nach Armenien geflohen

Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, es lebten dort bisher aber überwiegend ethnische Armenier. Inzwischen sind fast alle der vormals rund 120.000 armenischen Bewohner der Region nach Armenien geflüchtet.

In einer gemeinsamen Erklärung von Scholz, Macron, Paschinjan und Michel hieß es am Donnerstagabend, die Flüchtlinge müssten die Freiheit haben, ihr Recht auf Rückkehr in ihre Heimat und ihre Häuser auszuüben.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der armenische Premierminister Nikol Pashinyan, der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel und der französische Präsident Emmanuel Macron treffen sich vor Beginn einer Plenarsitzung des Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft im Kongresspalast in Granada (von links)
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der armenische Premierminister Nikol Pashinyan, der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel und der französische Präsident Emmanuel Macron treffen sich vor Beginn einer Plenarsitzung des Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft im Kongresspalast in Granada (von links)

© AFP/LUDOVIC MARIN

Dies müsse bedingungslos und unter internationaler Überwachung sein. Die vier Spitzenpolitiker waren sich demnach zudem einig, dass Armenien angesichts des Zustroms von Karabach-Armeniern zusätzliche humanitäre Hilfe geleistet werden müsse.

Die EU hatte bereits kurz zuvor angekündigt, die humanitäre Hilfe für die Leidtragenden des Konflikts um die Kaukasus-Region Bergkarabach zu verdoppeln. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Donnerstag an, dass der bisherige Betrag von 5,2 Millionen Euro auf 10,4 Millionen Euro aufgestockt werde. Außerdem sollen 15 Millionen Euro Soforthilfe in den armenischen Haushalt fließen.

Bergkarabach hatte sich 1991 nach einem Referendum für unabhängig erklärt. Dieses wurde international nicht anerkannt und von der aserbaidschanischen Minderheit boykottiert. (AFP/dpa)

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