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Das Poriflbild von „Donbass Devushka“ auf Twitter

© Screenshot / Twitter

Ukraine-Invasion Tag 419: Sie nannte sich „Donbass Devushka“ – Putin-Propagandistin bei der US-Army enttarnt

Kritik an der Schweiz wegen Nein zu Waffenlieferungen, Moskau begrüßt Friedensvorstoß aus Brasilien, G7 versprechen Ukraine weitere Unterstützung. Der Überblick am Abend.

Seit dem Bekanntwerden der geheimen Pentagon-Leaks vor Ostern versuchen US-Sicherheitsbehörden, die Verbreitung der Papiere zu unterbinden. Wer ein bisschen Ahnung hat, wie soziale Netzwerke funktionieren, weiß, dass das dem Versuch gleichkommt, die Sonne am Aufgehen zu hindern. Der Tagesspiegel zum Beispiel fand mehr als 30 (von knapp 100, die insgesamt wohl geleakt wurden) der geheimen Dokumente auf der Webseite eines chinesischen Bloggers. 

Das heißt freilich nicht, dass die US-Behörden ganz machtlos sind – und nicht ein Exempel statuieren könnten, dass Staatsgeheimnisse verbreiten kein Kavaliersdelikt ist. So passiert bei einer in den sozialen Netzwerken prominenten Putin-Unterstützerin und Bloggerin, die das Nachrichtennetzwerk „Donbass Devushka“ mitverantwortete.

Heikel für die USA: Bei der Kreml-Propagandistin handelt es sich um eine frühere technische Offizierin der US-Navy. Doppelt heikel: Sie arbeitete auf dem Stützpunkt, wo der wichtigste Teil der Flugzeuge für die elektronische Kriegsführung beheimatet ist. Im wirklichen Leben heißt die 37-Jährige Sarah Bils, wie das „Wall Street Journal“ herausfand (Quelle hier). Auch Bils hatte - wie Jack Teixeira, der die Dokumente ursprünglich online stellte - Zugang zu streng geheimen Informationen. 

Bils ging bis Ende 2022 ihrem Job bei der US-Armee nach, während sie einen der meistgelesen englischsprachigen Pro-Kreml-Blogs betrieb. Laut ihrer Aussage soll ihr Team insgesamt 15 Leute weltweit umfassen. Die Einnahmen durch Merchandising-Produkte, die unter anderem die Wagner-Söldnergruppe verherrlichen, gingen als Spenden an die russischen Truppen an der Front. Am 5. April postete der Telegram-Kanal von „Donbass Devushka“ vier der geleakten Dokumente aus dem Pentagon, die daraufhin den 65.000 Followern des Kanals verfügbar waren. 

Warum Bils die Navy Ende vergangenen Jahres verlassen musste, ist unklar. Sie selbst gibt gesundheitliche Gründe an.

Bils schiebt die Schuld auf einen der Administratoren, der die geheimen Papiere - die so bearbeitet waren, dass die russischen Verluste geringer erschienen - gepostet haben soll. Sie selbst habe sie einige Tage später gelöscht. Irgendwie passend auch: Bils wurde nicht etwa von Sicherheitsbeamten enttarnt, sondern von anderen Twitternutzern. Das FBI ermittelt inzwischen in ihrem Fall. 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Abschlusserklärung des Japan-Treffens: Die Gruppe der G7 bekennt sich zu weiterer Hilfe für die Ukraine und befürwortet ein Sondertribunal für russische Kriegsverbrechen. Klare Worte gibt es zum Abschluss des Treffens zu China und Taiwan. Mehr hier. 
  • Putin besucht annektierte Gebiete Cherson und Luhansk: Der russische Präsident soll sich nach knapp 14 Monaten Krieg erneut in die Ukraine begeben und dort russische Truppen getroffen haben. Kiew reagiert mit Spott. Mehr hier. 
  • Moskauer Gericht lehnt Beschwerde von US-Journalist Gershkovich ab: Der wegen Spionagevorwürfen inhaftierte Reporter bleibt im ehemaligen KGB-Gefängnis Lefortowo. Bei seinem ersten Auftritt vor Gericht wirkte der Amerikaner entschlossen. Mehr lesen Sie hier.
  • Die Moskauer Behörden nutzen mittlerweile gezielt die in der russischen Hauptstadt weit verbreitete Gesichtserkennungskameras, um mögliche Rekruten für das Militär zu orten. Die amtliche Nachrichtenagentur Tass zitierte den Chef der Einberufungsbehörde, Maxim Loktew, am Dienstag mit den Worten, mithilfe der Kameras werde der Wohnort der Wehrpflichtigen identifiziert. Männer im Alter von 18 bis 27 sind eigentlich gehalten, einen Militärdienst von einem Jahr zu leisten. Mehr in unserem Liveblog zum Krieg in der Ukraine.
  • Die Schweiz rückt zunächst nicht von ihrem Verbot einer Weitergabe von Kriegsmaterial an die Ukraine ab. Das machte der Schweizer Bundespräsidenten Alain Berset am Dienstag nach Gesprächen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin deutlich. Die Schweizer Neutralitätsgesetze bedeuteten, dass die Regierung bei Konflikten keine Seite militärisch unterstützen könne.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die heftig umkämpfte Stadt Awdijiwka an der Front im Osten der Ukraine besucht. Wie das Präsidialamt am Dienstag in Kiew auf seiner Website mitteilte, traf der Staatschef Soldaten an „vorgerückten Stellungen“ in der Stadt und wünschte ihnen ein frohes Osterfest. Das Treffen erfolgte demnach in der Nähe der von russischen Truppen besetzten Stadt Donezk. Auf Fotos war zu sehen, wie Selenskyj mit Soldaten an einem Tisch mit Ostergebäck sitzt. 
  • Nach Kritik an der Verurteilung des prominenten Regierungskritikers Wladimir Kara-Mursa hat das Außenministerium in Moskau die Botschafterinnen der USA, Großbritanniens und Kanadas einbestellt. Das Ministerium warf den Diplomatinnen „grobe Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands“ vor. Ihr Verhalten sei mit ihrem Diplomatenstatus nicht zu vereinbaren. 
  • In Russland soll es in diesem Jahr nicht den traditionellen Gedenkmarsch „Unsterbliches Regiment“ am „Tag des Sieges“ am 9. Mai zur Erinnerung an sowjetische Soldaten im Zweiten Weltkrieg geben. Anstelle des sonst in Moskau und vielen anderen Städten organisierten Umzugs mit Hunderttausenden Teilnehmern sollten sich die Menschen die Fotos ihrer toten Angehörigen in diesem Jahr lieber ans Autofenster kleben oder an die Kleidung heften. Das meldete die russische Staatsagentur Tass am Dienstag unter Berufung auf die Veranstalter sowie Parlamentsabgeordnete. 
  • Ein Bewohner der von Moskau annektierten ukrainischen Halbinsel Krim ist wegen „Sabotage“ zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Wie der russische Inlandsgeheimdienst FSB am Dienstag bekanntgab, wurde der Mann unter anderem für schuldig befunden, Feuer im Militärkommissariat in Simferopol gelegt zu haben. Außerdem habe er Vorbereitungen getroffen, um eine Eisenbahnbrücke zu zerstören.
  • Russland zeigt Interesse an Brasiliens jüngster Initiative für einen Frieden in der Ukraine. „Alle Ideen, die Russlands Interessen berücksichtigen, verdienen Aufmerksamkeit“, sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Die Regierung in Moskau macht zur Bedingung für Friedensgespräche, dass die Ukraine die russische Annexion von Teilen des Landes akzeptiert. Die Ukraine setzt einen vollständigen Abzug russischer Truppen voraus. Der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hatte am Wochenende erneut eine Vermittlergruppe ins Spiel gebracht, über die er bereits mit China und den Vereinigten Arabischen Emiraten gesprochen habe.
  • Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat die Kriegsgegner Russland und Ukraine aufgefordert, Kriegsberichterstattern den Zugang zu den Frontgebieten zu ermöglichen. Nur so könne sich die Weltöffentlichkeit ein klares und unabhängiges Bild vom Kriegsgeschehen machen, erklärte der Verband am Dienstag. 
  • In der ostukrainischen Stadt Bachmut dauern die schweren Kämpfe laut Angaben aus Kiew weiter an. Russische Truppen griffen aus der Luft und mit schwerer Artillerie an, sagte der Befehlshaber der Landstreitkräfte, Olexander Syrskyj, gemäß einer Mitteilung vom Dienstag. Zugleich betonte er: „Die Situation ist zum jetzigen Zeitpunkt unter Kontrolle.“ Die ukrainischen Soldaten würden dem Gegner heftige Verluste zufügen und die russischen Angriffe „spürbar bremsen“. 
  • In den ersten drei Monaten dieses Jahres haben einem Medienbericht zufolge bereits 2381 russische Staatsbürger Asyl in Deutschland beantragt. Damit kam die Zahl bereits nach wenigen Monaten der des gesamten letzten Jahres nahe, als 2851 Anträge verzeichnet wurden, wie das digitale Medienhaus Table.Media unter Berufung auf Zahlen des Bundesamts für Migration (BAMF) berichtete. 

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