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Ukrainische Soldaten nahe Kiew.

© REUTERS/GLEB GARANICH

Ukraine-Invasion Tag 706: Der Krieg hat das Schreiben von Theaterstücken verändert

Russische Einheiten durchbrechen offenbar ukrainische Verteidigungslinien nahe Awdijiwka. Die Ukraine greift Russland mit eigenen Drohnen ohne Tests an. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Der russische Angriffskrieg hat auch die Lebenswirklichkeiten der Menschen verändert, die nicht unmittelbar von Tod, Frontdienst und Zerstörung betroffen sind. So wie bei den Künstlern. Inwieweit sich die Arbeit von Dramaturgen und Regisseuren im Laufe des nunmehr bald zwei Jahre andauernden Krieges verändert hat, darüber berichtet der britische „Guardian“ (Quelle hier).

Die Reporter besuchten einen Workshop in Kiew, in dem es um die Frage ging: Wie kann man während des Krieges Stücke über diesen schreiben? Eine Antwort darauf: durch Humor. „In der Ukraine ist es für die Menschen sehr wichtig, über den Krieg zu lachen. Das ist ein Weg, um zu überleben“, sagte die Dramatikerin Oksana Grytsenko der Zeitung. „Wenn man jeden Tag weint über jedes verlorene Leben, kann man nicht leben.“

Doch das war zu Beginn der Invasion noch anders. Damals, so heißt es in dem Bericht, hätten viele aufgehört zu schreiben. Die Priorität lag dabei, mit ihren Familien zu überleben. „Das Schreiben für das Theater schien irrelevant zu sein“, schreibt der „Guardian“.

Doch nach dem ersten Schock des Krieges hätten sich viele wieder daran gesetzt, Drehbücher zu schreiben. Die Stücke hatten eher etwas von Dokumentarfilmen gehabt, sie erzählten Flucht- und Überlebensgeschichten auf der Grundlage persönlicher Berichte. Auch Patriotismus spielte, genau wie in der Musik, eine Rolle. „Es war eine Art Therapie für uns, Kraft aus der Tatsache zu schöpfen, dass wir überlebt haben, dass wir so viele großartige Menschen um uns haben. Aber das wurde schnell zu einer Art Kitsch“, erzählt Grytsenko.

Inzwischen, so glauben die Teilnehmer in Kiew, sei ein Wendepunkt erreicht. Jetzt sei die Zeit für einen tieferen und breiteren Ansatz, sagt Kateryna Penkova. So stellt sie dort ein Stück vor, in dem sie eigene Erfahrungen in Polen verarbeitet, auch wenn es reine Fiktion ist. Und ihre Hauptfigur ist keine Heldin: Es gehe um eine Ukrainerin, die von Flüchtlingszahlungen und Sozialhilfe leben wolle, erklärt sie.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Russischen Soldaten soll es einem Bericht zufolge gelungen sein, die ukrainischen Verteidigungslinien nahe der Stadt Awdijiwka im Donbass zu durchbrechen. Wie die „Bild“ berichtet, sollen sich russische Militärangehörige vor den Toren der Stadt „wochenlang“ durch ein unterirdisches Abwasserrohr gegraben haben. So sollen die Soldaten schließlich in ein Wohnquartier gelangt sein, um dieses zu besetzen. Mehr hier.
  • Der inhaftierte Kremlgegner Wladimir Kara-Mursa ist einem Medienbericht zufolge in einem anderen russischen Straflager wieder aufgetaucht. Kara-Mursas Anwältin Maria Eismont habe die Nachricht erhalten, dass er in dem neuen Gefängnis in der sibirischen Region Omsk direkt für vier Monate in eine Einzelzelle gesteckt worden sei, berichtete das unabhängige Medium „Nowaja Gaseta“ am Dienstag. Mehr hier.
  • Russen, die der Landessprache nicht mächtig sind, könnten aus Lettland ausgewiesen werden. Russlands Präsident Wladimir Putin spricht von „schweinischer“ Behandlung. Doch Lettland fürchtet Aufwiegler. Mehr hier.
  • FDP und Grüne drängen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) weiter zu einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. „Wir sollten Taurus-Marschflugkörper schnell liefern“, sagt Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) der „Süddeutschen Zeitung“ vom Dienstag. Deutschland müsse sich „daran messen, was wir versprochen haben“. Mehr hier.
  • Russland hat nach Angaben des Verteidigungsministers die Produktion von Raketen für seine Flugabwehrsysteme verdoppelt. Das sagte Sergej Schoigu nach Angaben seines Ministeriums am Dienstag bei der Inspektion von Rüstungsfabriken in der Stadt Jekaterinburg. Auch die Produktion von Abschussrampen der Flugabwehrsysteme S-300 und Buk sei erhöht worden. Mehr in unserem Newsblog.
  • In Russland sind zwei Jugendliche wegen mutmaßlicher Sabotage im Auftrag der Ukraine festgenommen worden. Die beiden 17-jährigen Verdächtigen seien in der Stadt Dolgoprudny bei Moskau verhaftet worden, teilte die Polizei am Dienstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass mit. 
  • Die vom Rüstungsboom befeuerte russische Wirtschaft kann ihr rasantes Wachstum laut einer Prognose nicht mehr fortsetzen. „Mittlerweile operiert sie an der Kapazitätsgrenze und zeigt zunehmende Überhitzungserscheinungen“, hieß es am Dienstag vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche. 
  • Die russische Notenbankchefin hat sich nach wochenlanger Abwesenheit mit der Ankündigung einer voraussichtlich im Laufe des Jahres anstehenden Zinssenkung zurückgemeldet. Zentralbankpräsidentin Elwira Nabiullina sagte in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der staatlichen Nachrichtenagentur RIA, man habe Spielraum für eine geldpolitische Lockerung - wahrscheinlich in der zweiten Jahreshälfte. 
  • Die Ukraine greift Russland mit ihren eigenen Drohnen an, die im Kampfeinsatz getestet werden. Das sagte der Minister für strategische Industrien, Alexander Kamyshyn, in einem Interview mit dem „Time“-Magazin. Laut dem Minister haben die Ukrainer keine Zeit für Reichweitentests. „Wir haben keine Zeit, diese Dinge auf dem Schießstand zu testen ... Wir testen sie im Kampf.“ 
  • Bei russischen Angriffen auf die Ukraine sind in der Nacht zum Dienstag nach Angaben Kiews zwei Menschen getötet worden. Die russische Armee habe 35 Drohnen und zwei Raketen auf Ziele in der gesamten Ukraine abgefeuert, teilte die ukrainische Luftwaffe am Dienstag mit. 

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