zum Hauptinhalt
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen reiste am Dienstag zum fünften Mal in die Ukraine und besuchte auch die „Mauer der Erinnerung“ mit Bildern von im Widerstand gegen Russland gefallener Soldaten.

© REUTERS/stringer

Von der Leyen in Kiew : Dreimal Luftalarm und ein Versprechen

Die Kommissionschefin ist für den Europatag in die Ukraine gereist. Symbolisch demonstriert Brüssel so Einigkeit mit Kiew. Doch Präsident Selenskyj äußert auch offen Kritik an der EU.

„Es ist gut, wieder in Kiew zu sein, wo unsere Werte jeden Tag verteidigt werden“, twitterte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, am Dienstagmorgen. Die EU-Chefin ist zum fünften Mal in die Ukraine gereist, seitdem Russland seinen Angriffskrieg auf das Land begonnen hat.

Für das Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wählte sie einen symbolischen Tag: Denn am 9. Mai begeht Brüssel den Europatag in Erinnerung an die Gründung der Montanunion, dem Vorgänger der EU. Diesem Anlass schließt sich nun auch Kiew an. Am Montag machte Selenskyj per Dekret auch in seinem Land den 9. Mai zum Europatag.

Damit bricht Kiew mit der ursprünglich sowjetischen Tradition, an diesem Datum den Tag des Sieges über Nazideutschland zu zelebrieren. Der wiederum soll künftig, genauso wie im Westen, am 8. Mai begangen werden. Von der Leyens Besuch soll dieses weitere Zusammenrücken der Ukraine mit der EU unterstreichen. Doch Einigkeit kam bei dem Besuch nur bedingt auf.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz kritisierte Selenskyj die anhaltenden Einfuhrbeschränkungen auf ukrainisches Getreide, die die Kommission Ende April verhängte. Der Staatschef bezeichnete das „protektionistische“ Vorgehen als „absolut inakzeptabel“. Die Einschränkungen seien drastisch und würden Russland in die Hände spielen.

Fotos gefallener Soldaten in der Kathedrale St. Michael in Kiew.
Fotos gefallener Soldaten in der Kathedrale St. Michael in Kiew.

© action press/Splash News

Brüssel hat sich auf eine vorerst bis zum 5. Juni befristete EU-weite Lösung geeinigt, um ein einseitiges Vorgehen der östlichen Mitgliedstaaten zu unterbinden. Unter der neuen Regelung wird nun die Einfuhr von ukrainischen Getreideprodukten in Bulgarien, Polen, Rumänien, der Slowakei und Ungarn eingeschränkt. Kiew erwarte ein „entschlossenes“ Vorgehen der EU, um die Einschränkungen wieder aufzuheben.

500 Millionen Euro aus der EU für mehr Munition

Bei den Gesprächen ging es zudem um Verteidigung, europäische Integration und weitere Sanktionen. Brüssel arbeitet derzeit an einem neuen Sanktionspaket gegen Moskau, das bisherige Lücken schließen soll. Kiew erhofft sich, dass es auch Strafmaßnahmen gegen die den russische Nuklearsektor beinhaltet.

Außerdem soll der ukrainische Präsident von der Leyen darüber informiert haben, dass sein Land dringend Artilleriemunition aus der EU benötige – offenbar mit Erfolg. Später am Dienstag stimmte Brüssel für die Beschleunigung eines Gesetzesentwurfs, um die europäische Munitionsproduktion bis Ende des Jahres mit 500 Millionen Euro zu fördern.

Die EU-Kommission machte die Reisepläne ihrer Chefin schon am Montag bekannt. Normalerweise werden hochrangige Besuche in die Ukraine aktuell aufgrund der Sicherheitslage bis zum letzten Moment geheim gehalten. In den vergangenen Tagen spitzte sich die Lage in Kiew zudem immer weiter zu.

Von der Leyen kam nach Kiew, um Präsident Wolodymyr Selenskyj zu treffen.
Von der Leyen kam nach Kiew, um Präsident Wolodymyr Selenskyj zu treffen.

© REUTERS/Valentyn Ogirenko

Moskau feuert 35 iranische Drohnen in Richtung Kiew ab

Innerhalb der letzten 30 Stunden vor von der Leyens Ankunft dröhnten dreimal die Alarmsirenen in der ukrainischen Hauptstadt. In der Nacht auf Montag steuerte Russland 35 iranische Shahed-Drohnen in Richtung Kiew. Zwar wurden alle Drohnen abgeschossen, aber Trümmerteile verletzten nach Angaben des Bürgermeisters der Stadt, Vitali Klitschko, mindestens fünf Menschen.

In den frühen Morgenstunden am Dienstag feuerte Russland Raketen auf die Region ab. Trümmerteile schlugen im Umland der Hauptstadt ein, dabei wurde nach ukrainischen Regierungsangaben jedoch niemand verletzt. Nur wenige Stunden vor Ankunft der EU-Spitzenpolitikerin verhallten die letzten Explosionen.

Dass Russland gerade jetzt die Ukraine wieder verstärkt unter Beschuss nimmt, ist kein Zufall. Vor einer Woche explodierte eine Drohe über dem Kreml. Moskau spricht von einem ukrainischen Attentatsversuch auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin, während Kiew von einem russischen Täuschungsmanöver ausgeht. Experten sind sich uneinig, wer der tatsächliche Urheber der Attacke ist.

Während von der Leyens Eintreffen in Kiew bekannt wurde, beging Moskau ebenfalls am Dienstag seine alljährliche Siegesparade. In mehr als 20 anderen russischen Städten wurde sie mit Verweis auf „Sicherheitsgründe“ im Vorfeld abgesagt. Der diesjährige Aufmarsch fand stark reduziert statt und dauerte weniger als eine Stunde.

In seiner Rede verkündete Putin, dass das ukrainische Volk von „westlichen Eliten“ als Geisel genommen werde. Dem Machthaber wohnten der belarussische Präsident Aljaksandr Lukaschenka, der armenische Premier Nikol Paschinjan sowie die Präsidenten der zentralasiatischen Republiken Kasachstan, Tadschikistan, Usbekistan und Kirgisistan bei.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false