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Asterix-Album "Die weiße Iris", das am 26.10. erscheint

© Egmont Ehapa Media Asterix® – Obelix® – Idefix® / 2023 Hachette Livre/ Goscinny – Uderzo

Neues Asterix-Album „Die weiße Iris“ : Wenn die Römer mit Achtsamkeits-Methoden gegen Gallier vorgehen

Mit ist den „Asterix“-Machern ein überzeugender Comic gelungen. Das ist auch dem französischen Autor Fabrice Caro und seinem Wortwitz zu verdanken.

Die Moral der römischen Truppen ist auf dem Tiefpunkt, Cäsars Legionäre haben im Jahr 50 v. Chr. keine Lust mehr aufs Kämpfen. Da kommt die Idee von Visusversus, dem obersten Heeresarzt, gerade recht: Positives Denken und gesunde Ernährung sollen den Truppen neuen Schwung geben.

Die Methode trägt den Namen „Die weiße Iris“, soll bei Cäsars Soldaten verborgene Kräfte wachsen lassen, gleichzeitig den Widerstand der vom Zaubertrank gestärkten Gallier schwächen und am Ende dem römischen Kaiser den lang ersehnten Sieg über die schnauzbärtigen Widerständler garantieren.

Visusversus ist im neuen Asterix-Album „Die weiße Iris“ der Gegenspieler der bekannten Gallier.
Visusversus ist im neuen Asterix-Album „Die weiße Iris“ der Gegenspieler der bekannten Gallier.

© Egmont Ehapa Media Asterix® – Obelix® – Idefix® / 2023 Hachette Livre/ Goscinny – Uderzo

Das ist der Ausgangspunkt des neuen, nach offizieller Zählung 40. Asterix-Albums, das an diesem Donnerstag mit einer Startauflage von fünf Millionen Exemplaren in den Handel kommt, davon allein 1,7 Millionen Exemplare für den deutschsprachigen Raum, in dem es neben Frankreich besonders viele Fans der Reihe gibt.

Premiere für den neuen Autor

Gezeichnet hat es ein weiteres Mal der in den USA lebende Franzose Didier Conrad, der vor zehn Jahren den Miterfinder der Serie, Albert Uderzo, in dieser Funktion abgelöst hat. Das Szenario stammt von einem neuen Autor, dem inzwischen vierten der Reihe: Fabrice Caro, Künstlername Fabcaro.

Der langjährige Asterix-Zeichner Didier Conrad (links) hat für das neue Album zum ersten Mal mit dem Szenaristen Fabrice Caro, Künstlername Fabcaro, zusammengearbeitet.
Der langjährige Asterix-Zeichner Didier Conrad (links) hat für das neue Album zum ersten Mal mit dem Szenaristen Fabrice Caro, Künstlername Fabcaro, zusammengearbeitet.

© AFP/Julien de Rosa

Der hat zuvor unter anderem den vielfach ausgezeichneten Comic „Zaï zaï zaï zaï“ geschrieben und gezeichnet, in dem er anhand einer eskalierten Alltagssituation im Leben eines Comiczeichners die Mechanismen der modernen Gesellschaft satirisch in den Blick nimmt.

Als Asterix-Autor ist er eine gute Wahl. Die Kunst bei der Fortführung dieser seit nunmehr 64 Jahren laufenden Reihe besteht ja seit Jahren darin, einerseits ihre Tradition zu würdigen und andererseits behutsam neue Elemente und Bezüge zur Gegenwart einzubauen. Das gelingt dem aktuellen Autor-Zeichner-Duo in „Die weiße Iris“ auf sehr unterhaltsame Weise.

Ein Look wie Bernard-Henri Lévy

Zeichnerisch ist Didier Conrad auf der Höhe seines Schaffens. Er hat den dynamischen Strich des 2020 gestorbenen Albert Uderzo perfekt verinnerlicht und dezent weiterentwickelt. Seine zeichnerische Finesse kommt besonders in den an liebevollen Details reichen Massenszenen sowie den Gesichtern der Figuren zur Geltung. Die sind wie immer leicht karikiert überzeichnet, zugleich vermitteln sie aber mit feinem Pinselstrich die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen, die in diesem Album besonders wichtig sind.

Die Häuptlingsgattin Gutemine spielt im neuen Album eine besondere Rolle, hier eine Szene daraus.
Die Häuptlingsgattin Gutemine spielt im neuen Album eine besondere Rolle, hier eine Szene daraus.

© Asterix® – Obelix® – Idefix® / © 2023 Hachette Livre/ Goscinny – Uderzo

Das an spritzigen Dialogen und Wortwitz besonders reiche Szenario von Fabcaro besticht vor allem dadurch, dass es mithilfe der Figur Visusversus einen ganz neuen Blick auf das altvertraute Figurenensemble der Reihe gewährt. Der hagere Guru mit dem hellgrauem Wallehaar, dessen Erscheinung vom französischen Philosophen Bernard-Henri Lévy inspiriert wurde, hat es sich nämlich neben der Stärkung der römischen Soldaten zum Ziel gesetzt, den rauflustigen Galliern „Sanftmut einzuhauchen“, um so ihre Gegenwehr zu schwächen.

Damit kommt er – ohne zu viel Inhaltliches zu verraten – bemerkenswert weit. Denn Visusversus versteht es, fast alle Bewohnerinnen und Bewohner des Dorfes so anzusprechen, dass sie neue Seiten in sich entdecken und ihre bisherigen Verhaltensweisen hinterfragen.

Ganz besonders verfällt ihm Gutemine, die Gattin des Häuptlings Majestix – was erst zu einer turbulenten Ehekrise, dann zur Spaltung des Dorfes und schlussendlich zu einer Verfolgungsjagd bis nach Lutetia führt, das antike Paris. Dorthin verfolgen Asterix und Obelix, die im Gegensatz zum Rest des Dorfes der Gehirnwäsche nicht erlegen sind, den römischen Menschenfänger.

E-Roller und Klimaprotestierer

New-Age-Trends, Ernährungsbewusstsein und die Achtsamkeits-Bewegung zu parodieren ist zwar nicht wirklich neu, die Themen gehören schon lange bei vielen Comedians zum festen Programm. Im Kontext der gallischen Dorfbewohner und der Römer ist es allerdings durchaus charmant zu sehen, wie diese sich durch die neuen Anregungen entwickeln.

Das ist wie immer gespickt mit zahlreichen Anspielungen auf aktuelle Themen und zeitlose Konfliktfelder. Im Zuge der Ehekrise von Gutemine und Majestix werden tradierte Geschlechterrollen diskutiert, es gibt Seitenhiebe gegen die Generation Z und ihre Einstellung zu Leistung und Arbeit, und auch einige Verweise auf die Tücken des Bahnverkehrs oder Fortbewegungsmittel-Moden wie den aktuellen E-Roller-Trend. Und in einer Szene, in der ein paar alte Dorfbewohner den Neuankömmling mit abwertenden Kommentaren versehen, positioniert sich Fabcaro dezent gegen Fremdenfeindlichkeit.

Das neue Album führte schon vor seinem Verkaufsstart an diesem Donnerstag die Bestseller-Listen an.
Das neue Album führte schon vor seinem Verkaufsstart an diesem Donnerstag die Bestseller-Listen an.

© dpa/Rolf Vennenbernd

Bei den in Lutetia spielenden Szenen in der zweiten Hälfte kommen viele amüsante Seitenhiebe auf das Verhältnis von Stadt- zu Landbewohnerschaft hinzu, Kommentare zur modernen Kunstszene oder die Nouvelle Cuisine. Und an einer Stelle zumindest der deutschen Ausgabe gibt es auch eine Anspielung auf die Letzte Generation und die Klimakleber.

Grönemeyer lässt grüßen

Dass der Sprachwitz der Reihe auch auf Deutsch funktioniert, ist ein weiteres Mal dem langjährigen Asterix-Übersetzer Klaus Jöken zu verdanken, der die vielen Anspielungen übertragen und teilweise um heimische Bezugspunkte ergänzt hat, wenn innerfranzösische Anspielungen schwer zu vermitteln gewesen wären. So in einer herrlichen Konzertszene mit dem Barden Troubadix, bei der die vorgetragenen Lieder Anspielungen auf deutsche Musiker von Herbert Grönemeyer bis zu den Ärzten enthalten.

Wer zeichnerisch oder erzählerisch völlig neue Ideen erhofft hatte, wie man sie in anderen frankobelgischen Traditionsreihen wie „Spirou“ oder „Lucky Luke“ in den vergangenen Jahren erleben konnte, wird hier nicht viel finden – aber das darf man von dieser Reihe bis auf Weiteres auch nicht erwarten.

Fabcaro / Didier Conrad: „Asterix: Die Weiße Iris“, aus dem Französischen von Klaus Jöken, Egmont Comic Collection, 48 Seiten, Hardcover 13,50 Euro, Softcover 7,99 Euro
Fabcaro / Didier Conrad: „Asterix: Die Weiße Iris“, aus dem Französischen von Klaus Jöken, Egmont Comic Collection, 48 Seiten, Hardcover 13,50 Euro, Softcover 7,99 Euro

© Egmont

Schon jetzt ein Bestseller

Denn für die Inhaberinnen der Urheberrechte – die beiden Töchter der 1977 und 2020 gestorbenen Asterix-Schöpfer René Goscinny und Albert Uderzo sowie den französischen Verlag Hachette – ist die Pflege der wertvollen Comicmarke in der klassischen Tradition ein Millionengeschäft, bei dem nichts dem Zufall überlassen wird. Seit einem guten halben Jahr läuft bereits die mediale Vorbereitung auf das neue Album, zahlreiche Veröffentlichungen im Vorfeld haben das Publikum darauf eingestimmt.

Die aktuellen Bestseller-Listen lassen erahnen, dass die Asterix-Rechteinhaber auch diesmal mit ihrer Strategie wieder mehr Erfolg haben als die römischen Truppen in ihrem Kampf gegen die unbeugsamen Gallier. In den Tagen vor dem Verkaufsstart an diesem Donnerstag hatte sich „Die weiße Iris“ allein aufgrund der Vorbestellungen gleich zweimal auf der Liste der zehn meistverkauften Bücher bei Amazon fest platziert: einmal mit der Hardcover-Ausgabe für den Buchhandel und einmal mit der Softcover für den Zeitschriftenhandel.

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