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Till Lindemann, Frontsänger der Band Rammstein.

© dpa/Malte Krudewig

Ermittlungen gegen Rammstein?: Was das Schweigen der Justiz zu sagen hat

Der Berliner Staatsanwaltschaft führt einen Eiertanz um die Frage auf, ob sie die Vorwürfe gegen Till Lindemann prüft. So viel Schonung braucht der Mann nicht.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Eine Reihe ungeklärter Vorwürfe gegen den Rammstein-Sänger Till Lindemann sind im Umlauf, von denen der schillerndste der des so genannten Machtmissbrauchs ist. Welche „Macht“ da gemeint ist und wer sie wie und gegen wen missbraucht hat, wird nicht vor Gericht, sondern wesentlich in den Kanälen der sozialen Netzwerke entschieden.

Dort hat und bekommt Recht, wer seine Widersacher niederringt und möglichst zum Verstummen bringt. Das in den übrigen Medien reflektierte Ergebnis der Schlacht gilt dann als öffentliche Meinung.

Bei Vorwürfen von strafrechtlicher Relevanz läuft es bekanntlich anders. Hier kommt die Staatsanwaltschaft ins Spiel. Doch obwohl manche der Vorwürfe gegen Lindemann zumindest in diese Richtung deuten, ist der wichtigste Akteur ebenfalls verstummt.

Die Staatsanwaltschaft äußert sich nicht, heißt es zumindest in Berlin. „Wir sehen uns an einer Auskunftserteilung gehindert“. Grund: Man habe die Voraussetzungen für eine zulässige Verdachtsberichterstattung zu beachten – und jede Vorverurteilung zu vermeiden.

Im Ansatz löblich. Die Unschuldsvermutung ist ein hohes Gut. Auch für Persönlichkeiten, die es schaffen, mehrmals nacheinander Sportstadien auszuverkaufen. Und hier ist in der Tat dringend zu beachten, dass Lindemann jede Art von strafrechtlichem Vorwurf bestreitet.

Die Staatsanwaltschaft hat nicht darüber zu entscheiden, was berichtet wird

Umgekehrt gibt es aber auch ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, ob eine Behörde tut, was ihr gesetzlicher Auftrag ist: Mögliche Straftaten daraufhin zu untersuchen, ob es Straftaten sind – und diese dann zu verfolgen.

Die Staatsanwaltschaft darf – und muss – deshalb klar sagen, ob sie den Fall in den Blick genommen hat, und sei es nur im Stadium einer „Vorprüfung“. Behörden haben Informationen über ihr Handeln zu erteilen.

Welche Berichterstattung daraus folgt, darüber hat dann nicht die Staatsanwaltschaft zu befinden, sondern liegt im Verantwortungsbereich der Medien. Das Schweigen der Justiz ist ein Akt der Bevormundung. Für Lindemann gilt die Unschuldsvermutung – geschont werden muss er nicht.

Ergänzung: Mittlerweile wurde das im Text erwähnte Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft mangels hinreichenden Tatverdachtes nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

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