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Till Lindemann, Frontsänger von Rammstein, steht während eines Deutschland-Konzerts auf der Bühne.

© dpa/Malte Krudewig

Update

Rammstein-Konzerte in Berlin: Kultursenator hält Verbot für unzulässig – keine Aftershowpartys im Olympiastadion

Berlins Kultursenator Chialo nimmt die Vorwürfe gegen die Band Rammstein „sehr ernst“ – aber warnt vor einer Vorverurteilung. Von der Innensenatorin kommt eine Klarstellung.

| Update:

Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) spricht sich gegen ein Verbot der in Berlin geplanten Rammstein-Konzerte aus. „Für ein Verbot der Konzerte, wie es teilweise jetzt schon gefordert wird, besteht derzeit kein rechtlicher Hebel und wir dürfen uns an dieser Stelle nicht dazu verleiten lassen, jemanden vorzuverurteilen“, sagte Chialo dem Tagesspiegel.

Die Band Rammstein hat am 15., 16. und 18. Juli drei Konzerte im Berliner Olympiastadion geplant, die jeweils ausverkauft sind.

Mehrere Frauen erhoben in den vergangenen Tagen, teilweise anonym, Vorwürfe gegen Rammstein-Frontmann Till Lindemann.

Die Frauen schildern Situationen, die sie teils als beängstigend empfunden hätten. Junge Frauen seien während Konzerten ausgewählt und gefragt worden, ob sie zur Aftershow-Party kommen wollen. Aus dem exklusiven Bereich direkt vor der Bühne – der sogenannten „Reihe Null“ – sollen regelmäßig junge Frauen rekrutiert worden sein, um sie Frontsänger Till Lindemann für sexuelle Handlungen zuzuführen.

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Mit Blick auf die Vorwürfe sagte Chialo: „Wir bewegen uns zwischen zwei sehr wichtigen Gütern: der Unschuldsvermutung als Teil der Menschenrechte auf der einen, dem Ernstnehmen von Vorwürfen und dem Recht auf Unversehrtheit auf der anderen Seite. Und ich nehme die Vorwürfe dieser Frauen sehr ernst!“

Die Absage der „Row Zero“ und der Backstagepartys sowie der Einsatz von Awareness-Teams könne „zu einem erhöhten Sicherheitsgefühl der Menschen beitragen, die durch die Situation verunsichert sind“, sagte er weiter.

Allerdings könne er diese Maßnahmen nicht alleine durchsetzen, sondern müsse sie mit den Veranstaltern und dem Management der Band absprechen.

„Row Zero“ soll bei Berliner Konzerten leer bleiben

Die Berliner Abgeordnete Gollaleh Ahmadi (Grüne) hatte am Dienstag mit Blick auf die Berichte Konsequenzen gefordert. Es brauche eine schnelle Aufklärung, sagte sie dem Tagesspiegel. Zudem müsse sich der Veranstalter überlegen, ob die Konzerte unter diesen Umständen noch stattfinden können.

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Aus dem Umfeld der Band erfuhr der Tagesspiegel, dass es eine „Row Zero“ tatsächlich nicht mehr geben soll – jedenfalls nicht in der Form, wie es sie bisher bei Konzerten von Rammstein gab. Sie soll nach Tagesspiegel-Informationen nun weitgehend leer bleiben. Ob es After-Show-Partys nach den Konzerten in Berlin geben werde, stehe noch nicht fest, heißt es.

Ein Sprecher der Olympiastadion Berlin GmbH, die für den Austragungsort der Konzerte zuständig ist, sagte „t-online“ am Mittwoch, der Vertrag für die Rammstein-Konzerte sehe keine Aftershowparty vor. „Ein zusätzliches Angebot für eine Aftershowparty wurde von uns nicht abgegeben“.

Innensenatorin Iris Spranger schrieb am Mittwoch auf Twitter, dass es in Liegenschaften in Berlin, die sie verantworte, keine Aftershowpartys geben werde. „Es gilt die Ermittlungen abzuwarten, aber die Vorwürfe wiegen so schwer, dass Schutz & Sicherheit der Frauen absoluten Vorrang haben“, so Spranger.

Thema im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses

Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus macht die Vorwürfe um Rammstein zum Thema im Rechtsausschuss. Mit Blick auf die Sitzung am 14. Juni stelle die Fraktion die Frage nach Ermittlungen gegen Leadsänger Lindemann, teilte diese am Dienstag mit. Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) soll sich dazu äußern, inwieweit die Staatsanwaltschaft gegen Lindemann ermittele und gegebenenfalls zu welchem strafrechtlichen Anfangsverdacht.

Bislang ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft nicht gegen Till Lindemann, wie ein Sprecher am Mittwoch dem Tagesspiegel sagte. Auskünfte zu einem möglichen Verfahren werde man aber auch erst geben, wenn „ein Mindestbestand an Belegtatsachen“ gegeben wäre.

Vor den geplanten Rammstein-Konzerten in München, von denen das erste am Mittwoch stattfinden soll, hat der Veranstalter bereits Veränderungen angekündigt.

In einer Stellungnahme von Rammstein hieß es, die Vorwürfe hätten sie sehr getroffen und man nehme sie außerordentlich ernst. „Unseren Fans sagen wir: Es ist uns wichtig, dass Ihr euch bei unseren Shows wohl und sicher fühlt – vor und hinter der Bühne.“

Weiter hieß es in dem Schreiben vom Samstagabend: „Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit und bitten euch: beteiligt euch nicht an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art denen gegenüber, die Anschuldigungen erhoben haben. Sie haben ein Recht auf ihre Sicht der Dinge.“ Auch die Band habe aber ein Recht –  nämlich ebenfalls nicht vorverurteilt zu werden.

Von diesem Mittwoch an sind vier Rammstein-Konzerte in München geplant. Dort wurden bereits einige Veränderungen angekündigt: So soll es die sogenannte Reihe Null in München nicht geben und auch keine Aftershow-Partys.

Außerdem habe das Management ein Awareness-Konzept angekündigt, Details dazu lagen noch nicht vor. Nach dpa-Informationen hat die Band auch eine Anwaltskanzlei eingeschaltet, die die Vorwürfe prüfen soll. Zuvor hatten der WDR und die „Welt“ darüber berichtet.

Forderungen aus der Bundespolitik

Kulturstaatsministerin Claudia Roth verurteilte Übergriffe in der Kultur am Dienstag scharf. „Patriarchales Mackertum und sexuelle Übergriffe haben in der Musikbranche, wie überhaupt in Kunst und Kultur und auch überall sonst, nichts mehr zu suchen“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Sie begrüße den Mut vieler junger Frauen, offen über ihre teilweise traumatischen Erlebnisse zu sprechen.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) forderte Veränderungen in der Musikbranche. „Sexuelle Übergriffe kommen in allen Lebenslagen vor. Auch auf Festivals oder Konzerten treffen sehr viele Menschen an einem Ort aufeinander, dazu kommen oft Alkohol und Drogen, was die Hemmschwelle bei Tätern senkt und die Opfer orientierungslos machen kann.“

Das sei nicht neu, aber es müsse darüber geredet werden, wie gerade junge Menschen besser geschützt werden könnten. Sie lade die Musikbranche ein, dem Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ beizutreten. Das Bündnis sei ein breiter Zusammenschluss aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Medien, Kultur und Zivilgesellschaft, sagte Paus.

Der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) zeigte sich dazu offen. Der Verband sei mit dem Ministerium ins Gespräch gegangen, „um diesen wichtigen Prozess gemeinsam voranzubringen“, sagte ein Sprecher. (mit dpa)

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