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Die Hamburger Filmemacherin Monika Treut kam 1954 in Mönchengladbach zur Welt.

© Salzgeber

Filmemacherin Monika Treut wird 70: Grenzüberschreitende Verführungen

Mit Filmen wie „Die Jungfrauenmaschine“ oder „Gendernauts“ wurde Monika Treut ab den 80ern zu einer der Pionierinnen des New Queer Cinema. Jetzt feiert die Hamburgerin ihren 70 Geburtstag.

Als in Taiwan diese Woche die Erde bebte, war Monika Treut gerade zu Besuch bei Freundinnen in der Hauptstadt Taipeh. „Earthquake 7.2.“ schrieb sie am Morgen auf ihrer Facebookseite, woraufhin sich sogleich besorgte Nachfragen unter dem Post sammelten. Die Hamburger Filmemacherin versicherte, dass es ihr gut gehe. Es seien, „nur ein paar Krüge und Schalen runtergefallen und zerbrochen, sonst alles heil geblieben“.

Monika Treut war nicht zum ersten Mal in Taiwan, ihre Verbindung zu dem Inselstaat ist lang und intensiv. Das Frauenfilmestival von Taipeh lud sie 2002 anlässlich einer Retrospektive ihrer Filme ein. Das Publikum war so interessiert, dass die anschließenden Diskussionen stets mehr als eine Stunde dauerten.

„Diese Intensität hat mich total umgehauen“, erinnerte sich Treut vor einigen Jahren in einem Tagesspiegel-Interview. „Anschließend bin ich drei Tage im Land rumgefahren. Am Ende fragte mich der dortige öffentlich-rechtliche TV-Sender, der von Frauen geleitet wurde, ob ich nicht mal eine Dokumentation drehen will.“ Der Sender wollte das finanzieren, in der Themenwahl war Treut frei. „Das ist mir beim NDR noch nie passiert!“, sagt sie.

Sie nahm das Angebot an und drehte 2005 den Dokumentarfilm „Den Tigerfrauen wachsen Flügel“, in dem sie drei taiwanesische Frauen aus verschiedenen Generationen porträtierte. Es folgten zwei weitere Dokumentationen sowie der Spielfilm „Ghosted“ (2009) mit der Berliner Schauspielerin Inga Busch. Sie verkörperte eine deutsche Künstlerin, die nach Taiwan reist, um den plötzlichen, ungeklärten Tod ihrer von dort stammenden Geliebten zu verarbeiten – und begegnet einer geheimnisvollen Fremden.

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Dass ihre Arbeit sofort verstanden und gefördert wird, war Monika Treut aus ihrer Heimat nicht gewohnt. Im Gegenteil: Die Filmkarriere der promovierten Literaturwissenschaftlerin, die in Mönchengladbach geboren und aufgewachsen ist, begann mit Krach und Skandalen.

Ihr Debütfilm sorgte gleich für wütenden Protest

Ihr Debütspielfilm „Verführung: Die grausame Frau“ über eine Domina im Hamburger Hafen, den sie 1985 zusammen mit ihrer damaligen Partnerin und Kamerafrau Elfi Mikesch nach Motiven des Romans „Venus im Pelz“ von Leopold von Sacher-Masoch gedreht hatte, sorgte bei seiner Berlinale-Premiere im Delphi Kino für wütende Proteste, zahlreiche Zuschauer*innen verließen den Saal.

Auch ihr zweiter Spielfilm „Die Jungfrauenmaschine“ drei Jahre später stieß auf Ablehnung und Unverständnis. Frauen, die ohne Männer Spaß hatten, dazu Sexpositivität gemischt mit Humor, all das kam in der klemmigen BRD der 80er Jahre nicht an. Woraufhin es Monika Treut es wie ihre Protagonistin machte: Sie kehrte Hamburg den Rücken und ging in die USA, wo sie sich mit aufgeschlosseneren Menschen zusammentat.

Dazu gehörte etwa die Sexpertin Annie Sprinkle, die mit ihrer Dildokollektion schon in „Die Jungfrauenmaschine“ einen Gastauftritt hatte und in der wundervoll trashigen New York-Komödie „My Daddy is Coming“ wieder mitwirkte, diesmal in der Rolle einer Porno-Queen.

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Sprinkle und Treut sind befreundet, weshalb Treut 1989 zum ersten Mal Sprinkles New Yorker Salon für trans Männer und deren Unterstützer besuchte – und ein weiteres zentrales Thema ihres Filmschaffens fand: das Porträtieren von trans Menschen. Ihre Dokumentation „Gendernauts“ war 1999 eine Pionierarbeit, in der sie eine Gruppe kalifornischer trans Künstler*innen vorstellte. Damals hatten selbst in der queeren Szene noch wenige eine Vorstellung davon, was Transidentiät bedeutet oder wie eine Transition aussieht. Es gab keine Hollywoodstars wie Elliot Page oder Laverne Cox und Diskussionen über ein Selbstbestimmungsgesetz waren noch Zukunftsmusik.

Monika Treut (rechts) mit Sandy Stone bei den Dreharbeiten zu „Genderation“.
Monika Treut (rechts) mit Sandy Stone bei den Dreharbeiten zu „Genderation“.

© Salzgeber

„Gendernauts“ gewann einen Teddy Award bei der Berlinale. Und die inzwischen wieder in Hamburg lebende Monika Treut machte sich 20 Jahre später zusammen mit Elfi Mikesch noch einmal auf den Weg in die USA, um herauszufinden, wie es ihren Protagonist*innen inzwischen geht. Sie halten sich wacker, könnte man nach dem Anschauen von „Genderation“ sagen.

Die 1961 geborene Sozialwissenschaftlerin und Professorin Susan Stryker berichtet etwa, wie sie in den Neunzigern aufgrund der Stigmatisierung von trans Menschen keine akademische Anstellung bekam. Inzwischen ist sie etabliert und hat zudem das Glück, mit ihrer Partnerin ein eigenes Haus zu bewohnen. Sonst könnten sie sich unmöglich in der Bay Area halten. Die Gentrifizierung ist dort für alle Gendernauts ein Problem. Autor Max Wolf Valerio wohnt nun sogar wieder bei seinen Eltern in der Nähe von Denver.

Am Sonnabend wird Monika Treut 70 Jahre alt, was sie allerdings nicht groß feiern wird. Nur ein Essen mit Freundinnen in Taipeh ist geplant. Anschließend geht es weiter mit den Recherchen für ihren nächsten Dokumentarfilm.

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