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Tochter marokkanischer Einwanderer. Kulturministerin Rachida Dati.

© REUTERS/Benoit Tessier

Frankreichs neue Kulturministerin Rachida Dati: Ihre Ernennung schockt die Kulturszene

Fachfremd ins Amt. Die neue Kulturminsterin ist eine schillernde Politikerin der rechten Partei „Les Républicains“. Die Kulturszene jedoch linksliberal.

Von Eberhard Spreng

Frankreichs Kulturszene zuckt zusammen: Mit einer schillernden Politikerin aus der rechten Partei „Les Républicains“ kommt nun eine Frau ins Kulturministerium, die keinerlei berufliche Berührung mit dem Sektor vorweisen kann. Rachida Dati, Tochter aus einer marokkanischen Einwandererfamilie, erlebte dank Nicolas Sarkozy ihren Durchbruch als Politikerin.

Sie löst Rima Abdul Malak ab, die nicht einmal zwei Jahre lang das Amt der Kulturministerin bekleidete. Diese wiederum ist Kind einer libanesischen Flüchtlingsfamilie; beide betonten bei der Amtsübergabe dieses Diversitätsprofil. Ansonsten verbindet sie wenig. Denn anders als Rima Abdul Malak steht Rachida Dati ganz für das rechte Lager, während fast die gesamte französische Kulturszene links verortet ist.

Zudem wurden Rachida Dati dubiose Verbindungen zum aserbaidschanischen Regime vorgehalten. Außerdem ist gegen sie ein Verfahren wegen Bestechlichkeit anhängig. Das hat der Popularität der als autoritär und impulsiv geltenden Politikerin wenig geschadet. Aber es begründet auch keine Kulturkompetenz.

Macrons Wahl wird als politischer Schachzug zur Aufhübschung eines nunmehr rechtslastigen neuen Kabinetts unter Premier Gabriel Attal gewertet. Manche vermuten den folgenden Deal: Rachida Dati verzahnt die neue Regierung mit der rechten Wählerschaft; Macron wird im Gegenzug Datis Bewerbung um den Posten des Pariser Bürgermeisters bei den kommenden Kommunalwahl 2026 unterstützen.

Emmanuel Macron trägt dem Rechtsruck in seinem Land nun ganz offen Rechnung und verabschiedet alle, die seit zwei Jahren im Kabinett Elisabeth Borne für ein offenes Frankreich standen. Deshalb ist er seiner scheidenden Kulturministerin in die Parade gefahren, als diese erwog, Gérard Depardieu, der wegen sexistischer Entgleisungen seit Wochen in den Schlagzeilen ist, die Ehrenlegionsauszeichnung zu entziehen. Macron stellte sich eindeutig hinter den Star und pries ihn als Stolz Frankreichs.

Damit isoliert sich Macron allerdings immer mehr. Denn viele der Filmschauspieler, die noch vor Weihnachten einen offenen Brief zur Unterstützung des alternden Schauspielers unterzeichneten, bereuen ihre Unterschrift in dem in „Le Figaro“ veröffentlichten Schreiben. Es war inzwischen klar geworden, dass diese Initiative von einem jungen Kollegen kam, der enge Kontakte zu ultrarechten Kreisen unterhält. Die Affäre Depardieu hat die Szene soweit polarisiert, dass nunmehr Produktionen darüber zu Fall kommen. Die Kulturszene ist aber nicht nur deswegen verunsichert. Sie befürchtet, zum Spielball einer politischen Neuordnung im rechten Spektrum Frankreichs zu werden.

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