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Georg Scholz: „Die Schwestern“ von 1928

© Auktionshaus Lehr

Irre intim: Vorbesichtigung im Auktionshaus Lehr

Die Frühjahrsauktionen bei Lehr in Berlin trumpfen mit einem weiteren Bild von Georg Scholz auf, der zuletzt einen Rekordpreis erzielt hat.

Wohl selten haben „Tote Hühner“ derart zur Belebung beigetragen wie zur Herbstauktion im Hause Lehr. Da kletterte Georg Scholz’ Gemälde von geschätzten 100.000 Euro auf das Vierfache – der bis dato höchsten Einzelzuschlag bei Lehr überhaupt. Ein Ergebnis, das den Scholz-Nachlass, aus dem zur Frühjahrsauktion bei Lehr (Syblestr. 68, Vorbesichtigung bis 27.4. thl. 11-19 Uhr) nun ein weiteres hochkarätiges Bildnis marktfrisch zum Aufruf kommt, zur Einlieferung beflügelt hat. 200.000 Euro werden für „Die Schwestern“ des Vertreters der Neuen Sachlichkeit erwartet.

Motivisch nicht gar so spektakulär, überzeugt das Doppelbildnis von 1928 in seiner überaus delikaten Malweise und dem dunkel leuchtenden Timbre. Tiefes Türkisblau und warmes Rotbraun, auf dem sich das zarte Rosa der Dessous der Schlafenden als irisierender Helligkeitskontrast erhebt. Bestechend die ungewöhnlich intime Vertrautheit. Das für die Entstehungszeit gewagte homoerotische Flair kommentierte der Maler lapidar: „Nun sieht das Bild wegen der beiden Mädchen in tiefem Negligé aneinandergeschmiegt tatsächlich ein wenig schwul aus. Die beiden Dargestellten sind meine Frau und meine Schwägerin.“ Schlafes Schwestern auf der Höhe der Zeit.

390 Lose zu vorwiegend mittleren und unteren Preisen

Eine Schwester im Geiste ist Jeanne Mammens „Fräulein Kunstmalerin“. Das Schwarz der stark geschminkten Augen korrespondiert mit der Katze auf der Sofalehne. Die Neue Frau der 1920er-Jahre: selbstbewusst, mit modischem Bubikopf, der Körper in erwartungsvoll gespannter Haltung und zugleich lässig aufs Kissen gestützt. Ihre Kunst vollzieht sie noch im knappen Unterkleid, doch das rote Ausgehtäschchen liegt schon bereit. Bewertet ist das kleine Aquarell aus einer portugiesischen Sammlung mit 35.000 Euro.

Insgesamt versammelt das Angebot 390 Losnummern zu vorwiegend mittleren und unteren Preisen. Für Spannung sorgen dürfte Gabriele Münters Ölbild „Blumen und Schatten“ (60.000 Euro), gefolgt von Wilhelm Lehmbrucks wunderbarem Steinguss „Mädchenkopf auf schlankem Hals“ oder Otto Dix’ furios getuschter Feldpostkarte (12.000 Euro).

Neben der Klassischen Moderne und der bei Lehr angestammten Kunst ostdeutscher Provenienz rücken erschwingliche Op Art und kinetische Kunst in den Fokus und mit Peter Vogels fantastischem interaktiven „Großen Turm“ (6000 Euro) kommt sogar Klangkunst unter den Hammer. „En Bloc“ gibt es ein Miniaturmuseum (60.000 Euro) im Rollschrank: Kapitalistischer Realismus in Bestform, mit 19 Künstlern von Joseph Beuys bis Sigmar Polke und Gerhard Richter, die 1971 Multiples und Auflagenobjekte zum fünfjährigen Bestehen der Galerie René Block beisteuerten. (mino)

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