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Forschende und Vertreter:innen der Chugach beim gemeinsamen Termin in Dahlem im Depot des Ethnologischen Museums.

© John Falkirk

Koloniales Erbe: In West-Berlin nichts Neues

Hausbesuch: In Dahlem bleiben die Objekte aus der Chugach-Region in Alaska im Depot. Kurz wurden sie für einen Pressetermin herausgeholt.

Ein Kommentar von John Falkirk

Ein Wissensaustausch zwischen indigenen Bevölkerungsgruppen aus Alaska und dem Ethnologischen Museum Berlin. Spannend, dachte ich, und recherchierte schnell, um was es beim Pressetermin gehen könnte.

Das Projekt „Getting Our Stories Back” hat seinen Ausgangspunkt in der Rückführung von neun Grabbeigaben an die Chugach-Community im Jahr 2018. Die Stücke waren im 19. Jahrhundert vom norwegischen und Forschungsreisenden und Abenteurer Johan Adrian Jacobsen in Alaska gesammelt worden.

Ein weiteres Kapitel in der Debatte über das koloniale Erbe, das zu Schlagzeilen in internationalen Medien geführt hat. Und statt es bei Rückgabe bewenden zu lassen, haben das Museum und die Native People entschieden, ihre Beziehung zu vertiefen. Klingt gut.

Ausgewählte Schalen und Schiffsmodelle

In Dahlem wurden in dieser Woche also ein paar Journalisten in das Depot des Ethnologischen Museums geführt, zu einem Forschungszimmer. Auf einem Tisch lagen Steinschalen, Schiffsmodelle und andere Objekte, die die Ältesten der Chugach als besonders wichtig eingestuft haben.

Vertreter*innen der Gemeinschaft und deutsche Forschende in weißen Mänteln erzählten über die Befunde des gemeinsamen Projekts. Die Dahlemer haben Neues über Webtechniken gelernt, dies und das hat Herr Jacobsen falsch verstanden.

Vielleicht war es mein schwedischer Hintergrund, vielleicht war ich etwas „lost in translation“. Jedenfalls fragte ich mich, ob ich etwas verpasst hatte. Ist das eine Ausstellung, die präsentiert wird, oder eine Rückführung? Ich hob meine Hand und sagte: „Sorry, blöde Frage, aber was passiert eigentlich mit diesen Artefakten?“

Die Antwort: Nicht viel. Sie werden nicht zurückgegeben, weil die meisten Objekte damals gekauft und nicht gestohlen worden sind. Sie sollen aber in der näheren Zukunft auch nicht öffentlich gezeigt werden (sind aber immerhin online abrufbar).

Es ist eine gute Idee, dass indigene Communitys mit europäischen Institutionen zusammenarbeiten. Es ist auch vernünftiger, wenn die Herkunftsgesellschaften über ihre eigene Geschichte erzählen, als wenn es westliche Forschende mit ihren, immerhin postkolonialen, dennoch akademischen Perspektiven tun.

Der Umgang mit Artefakten, die vermutlich fair eingekauft worden sind, ist ein interessantes Thema. Komplizierter, als wenn es sich um NS-Raubkunst oder Grabplündern handelte. Haben die Museen eine Verantwortung, solche Objekte zurückzugeben? Nicht unbedingt. Und mehr gab es aus Dahlem an diesem Tag nicht zu berichten.

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