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Aus dem Dunkel zum Licht. Die Gedenkkirche Maria Regina Martyrum in Charlottenburg.

© imago images/Jürgen Ritter/Jürgen Ritter via www.imago-images.de

Kolumne Berliner Trüffel (21): Blutzeugin aus Beton

Brutalistisch und atemberaubend. Die Gedenkkirche Maria Regina Martyrum erinnert als Gesamtkunstwerk seit 60 Jahren an die Opfer des Nationalsozialismus.

Eine Kolumne von Gunda Bartels

Was den Mut zu radikalen Würfen in Sachen Sakralbau angeht, waren die Katholiken den Protestanten schon immer voraus. Und dass Kirchen Kunst sein können, zeigt die Gedenkkirche Maria Regina Martyrum, die seit sechzig Jahren am Heckerdamm 230 (zusätzlich zu Gottesdiensten und Führungen täglich von 8 bis 17 Uhr geöffnet) unweit der Gedenkstätte Plötzensee an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert.

Die von Hans Schädel und Friedrich Ebert geschaffene Kirche im brutalistischen Stil ist ein Bau, der die Seele erschüttert und erhebt. Ein schwebender, heller Kubus – Kieselplatten außen, innen roher Beton – auf einem dunkel eingefassten Hof. Und schon auf diesem „Feierhof“ bleibt der Blick an zwei antipodischen Skulpturen hängen. Dem in dunkler Bronze gegossenen Kreuzweg von Otto Herbert Hajek, der sich an der rechten Hofmauer entlangzieht, und dem monumentalen, golden leuchtenden Bronzerelief „Apokalyptische Frau“ von Fritz Koenig, das als einziger Schmuck die schlichte Kirchenfassade ziert.

Betritt man den zweigeschossigen Längsbau, führen rechts und links Treppen hinunter in die Krypta, wo man zu bestimmten Tageszeiten die betenden Schwestern des Karmels Maria Regina Martyrum antreffen kann. Und die Namen der „Blutzeugen“ des nationalsozialistischen Terrors lesen, die vor der eindrucksvollen, kubistisch anmutenden Pièta von Fritz Koenig auf dem Boden stehen.

Seit 60 Jahren. Maria Regina Martyrum steht am Heckerdamm 230 in Charlottenburg und birgt etliche Plastiken.
Seit 60 Jahren. Maria Regina Martyrum steht am Heckerdamm 230 in Charlottenburg und birgt etliche Plastiken.

© imago images/Jürgen Ritter/Jürgen Ritter via www.imago-images.de

Die Haupttreppe jedoch führt in die Oberkirche. Diesen atemberaubenden Raum dominiert ein riesiges Altarbild „Das himmlische Jerusalem“ von Georg Meistermann, in dem sich abstrakte Farbflächen um das Lamm als Zentrum der christlichen Ikonografie gruppieren. Das Bild und die zwei schlichten Marmorkuben, die als Altar und Ambo, also Lesepult, fungieren, kontrastiert eine mittelalterliche Madonnen-Skulptur, die aus Frankreich stammt und sich großartig in die betonierte Moderne fügt.

Und dann ist da noch die luminose Dramaturgie des nur indirekt durch Lichtbänder beleuchteten Raums. Auch sie trägt gekonnt zum überwältigenden Gefühl der Kraft, Konzentration und, ja, Transzendenz bei, die diesem Gesamtkunstwerk inne wohnt.

Die Serie „Berliner Trüffel“ Kunstwerke des öffentlichen Raums vor.

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