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Dirigentin Giedrė Šlekytė.

© Theresa Pewal

Sinfonische Premiere am Pult der Staatskapelle : Giedrė Šlekytė dirigiert im Pierre Boulez Saal

Die litauische Dirigentin schickt sich an, eine große Karriere zu machen. Und das Fach Oper scheint ihr zu liegen.

Man kann sich nur die Augen reiben und die Ohren spitzen: Kaum eine Generation ist es her, dass Frauen in die Männerdomäne der Spitzenorchester eindrangen, während ihnen die Fähigkeit zum Dirigieren oder Komponieren noch rundweg abgesprochen wurde.

Mittlerweile stehen sie zuhauf an den begehrtesten Pulten, eine interessanter als die andere. An Energie, Leidenschaft und Entschlossenheit ragt Giedrė Šlekytė hervor.

Assistentin bei Vladimir Jurowski

Mit 34 Jahren setzt sie zum ganz großen Karrieresprung an: Gerade noch war die in Graz, Leipzig und Zürich ausgebildete Litauerin Erste Kapellmeisterin am Stadttheater Klagenfurt, dirigierte bei den Salzburger Festspielerin, brachte die Neuproduktion von Janáčeks „Katja Kabanowa“ an der Komischen Oper Berlin heraus.

Jetzt ist sie Assistentin bei Vladimir Jurowski an der Bayerischen Staatsoper, und ihr sinfonisches Debut bei der Staatskapelle Berlin im Boulez-Saal kann einfach nur glänzend genannt werden. Oper scheint ihr Ding zu sein, und so gestaltet sie auch große Sinfonik zu dramatischen Erzählungen.

„De Profundis“ für Streicher, bemerkenswerte Examensarbeit ihrer Landsfrau Raminta Šerkšnytė 1998, wird zum sensitiv schwebenden, dabei immer wieder scharf akzentuierten Klang- und Klagegemälde, bringt die Farbigkeit der Streicherregister in reichen Schattierungen zur Geltung. Felix Mendelssohns Sinfonie Nr. 3, aufgrund ihrer Entstehung in der dortigen Landschaft und Sagenwelt auch „Schottische“ genannt, zelebriert sie mit einer Ernsthaftigkeit und nervösen Gespanntheit, einer leidenschaftlichen Freilegung dramatisch-düsterer Töne, die geradezu eine rehabilitierende Neuinterpretation dieses als klassizistisch-harmlos verkannten Komponisten bedeutet.

Dass Wagner, der dem „Judenjungen“ mangelnde Tiefe bescheinigte, sich von den chromatischen Stürmen des Kopfsatzes zu den unheilvollen Meereswogen seiner „Holländer“-Ouvertüre inspirieren ließ, ist gerade jetzt bittere Ironie.

Was für innige, gesangliche, tänzerisch-lebenslustige Welten tun sich dafür in Antonín Dvořáks Violinkonzert auf! Die Solistin Jiyoon Lee, ebenso Erste Konzertmeisterin der Staatskapelle wie international konzertierende Virtuosin, setzt sich mit blühendem Ton ebenso gegen den vollen Tuttiklang durch, wie sie mit Óboen und Klarinetten kommuniziert: Selten ist einmütiger abgestimmtes Musizieren zu erleben. Jubel über Jubel.

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