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"Die Anstalt" darf einiges: mit Claus von Wagner und Max Uthoff.

© ZDF und Jürgen Nobel

Update

Gegenrede zu Christine Prayon: Max Uthoff sieht durchaus Kapitalismuskritik im ZDF

Weil sie den Mut zur Kapitalismuskritik vermissste und Andersdenkende nicht länger „der Lächerlichkeit preisgeben“ wollte, kehrte Christine Prayon der „heute-show“ den Rücken. Darauf reagiert der Kabarettist Max Uthoff.

Christine Prayon hat der „heute-show“ den Rücken gekehrt, in der sie stets als Reporterin Birte Schneider aufgetreten ist. In einem Interview mit der „Kontext Wochenzeitung“ hatte sie zur Begründung gesagt, sie wolle sich nicht daran beteiligen, „Andersdenkende der Lächerlichkeit preiszugeben“.

Ärger über Böhmermann und „Anstalt“

In ihren Rundumschlag hatte sie auch Jan Böhmermann und die ZDF-Kabarettsendung „Die Anstalt“ miteinbezogen, an der sie sich mehrfach beteiligt hatte. Zur „Anstalt“ sagte sie: „Ich glaube zum Beispiel auch, wenn man das große Fass Kapitalismuskritik aufmacht und das wirklich ernst meint, ist man draußen.

Während sich Böhmermann und Welke sich zu diesen Vorwürfen in Schweigen hüllten, äußerte sich jetzt Max Uthoff von der „Anstalt“ in der „Kontext Wochenzeitung“. Uthoff schreibt: „Mit nicht geringer Verwunderung habe ich gelesen, dass unsere geschätzte Kollegin Christine Prayon glaubt, es sei ein Ausschlusskriterium für das Mitspielen in der Anstalt, ,wenn man das Fass Kapitalismuskritik aufmacht und das wirklich ernst meint’.“

Das wirft für Uthoff wiederum Fragen auf: Wie schaffs es Christine Prayon, ein Fass aufzumachen, das seit Jahrzehnten offen stehe? „Dass dieser Kapitalismus ungerechte Verhältnisse produziert, die Lebensgrundlagen des Planeten ruiniert und alles in allem eine mit dem Zuckerguss des Konsums überzogene menschenfeindliche Veranstaltung ist, ist in zwei Minuten gesagt. Was machen wir mit den restlichen 43 Minuten Sendezeit?“

Christine Prayon aka Birthe Schneider hat die „heute-show“ hinter sich gelassen.
Christine Prayon aka Birthe Schneider hat die „heute-show“ hinter sich gelassen.

© imago/Sascha Ditscher

Wenn die satirische Kenntlichmachung der Beziehungen zwischen politischen Verantwortlichen und Funktionsträgern der Wirtschaft, der Versuch, einzelne Komponenten des Systems unter selbstverachtendem Einsatz vermeintlich krachlustiger Perücken darzustellen, wenn das Paarlaufen von Andi Scheuer und Sir Isaac Neffton zum Zweck der Illustration der Unfähigkeit und Korruption des leitenden Personals keine Kapitalismuskritik sei - „was zum Henker machen wir da eigentlich die ganze Zeit? Und auch nicht unwichtig: Wird uns Christine Prayon ganz alleine retten können?“, schreibt - „mit bestem Gruß“ - Uthoff.

Prayon und „heute-show“

Mehr als zehn Jahre lang bereicherte Christine Prayon als Reporterin Birte Schneider die „heute-show“ im ZDF. Tatsächlich hatte sie dort im vergangenen September ihren letzten Auftritt, wie der Branchendienst dwdl berichtet.

Nun hat sie in einem Interview mit der in Stuttgart erscheinenden „Kontext Wochenzeitung“ erklärt, dass sie die Zusammenarbeit mit der „heute-show“ beendet hat. Eher nicht im Einvernehmen.

Was kritisiert Christine Prayon an der „heute-show“?

„Ich habe mit der Art, wie die großen gesellschaftlich prägenden Themen seit Corona behandelt werden, zunehmend Bauchschmerzen bekommen“, sagt Prayon. Sie habe auch mit den Verantwortlichen geredet und betont, dass sie sich nicht daran beteiligen wolle, „Andersdenkende der Lächerlichkeit preiszugeben“.

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Satire darf sich nach Meinung der Kabarettisten nicht daran beteiligen, den Diskurs zu verengen. „Und jetzt findet genau dies wieder statt beim Krieg in der Ukraine. Da werden Narrative und Positionen von Gruppen, die gesellschaftlich in der Hierarchie weit oben stehen, unablässig wiederholt und gleichzeitig wird Stimmung gegen Andersdenkende gemacht. Das hat nach meinem Dafürhalten nichts mehr mit Satire zu tun.“

Satire darf sich nicht daran beteiligen, den Diskurs zu verengen.

Christine Prayon, Kabarettistin

Prayon: „Die ,heute-show’ hat sich geändert“

In der „heute-show“ sei sie wegen einer Post-Vac-Erkrankung, also einer Erkrankung infolge einer Impfung, lange nicht aufgetreten. Verpasst habe sie deswegen jedoch keine Sendung. „Die ,heute-show’ hat sich geändert“, so Prayon.

„Ich bin seit 2011 dabei gewesen und habe das sehr gerne gemacht. Aber ich muss mich identifizieren können mit einer Rolle, das ist eine politische Satiresendung und keine Rolle wie im ,Tatort’. Und das muss sich schon mehr oder weniger mit dem decken, was ich als Christine Prayon auf der Bühne mache“, so die Kabarettistin.

Die „heute-show“ mit Oliver Welke ist gerade in der Sommerpause.
Die „heute-show“ mit Oliver Welke ist gerade in der Sommerpause.

© ZDF und Julia Feldhagen/Julia Feldhagen

Eine Rückkehr ist wohl eher ausgeschlossen. „Die Tür wurde mir offen gelassen, falls ich das mal wieder anders sehen oder mich wohlfühlen sollte. Das finde ich auch schön. Aber ich habe diesen Schlussstrich für mich gezogen“, betonte Christine Prayon im „Kontext Wochenmagazin“.

Prayons Kritik richtet sich auch an Jan Böhmermann

„Nein, und offiziell sind auch bei der ,Anstalt’ im ZDF keine Türen zu. Aber man wird halt immer weniger gefragt, bis man irgendwann nicht mehr gefragt wird, und das hat Gründe. Ich habe mich wohl erfolgreich mit meinem Programm und meinen Ansichten aus vielen Sachen rauskatapultiert. Ich glaube zum Beispiel auch, wenn man das große Fass Kapitalismuskritik aufmacht und das wirklich ernst meint, ist man draußen.

Sie sei überhaupt keine Freundin mehr von Satiresendungen, egal ob Böhmermann, „Anstalt“ oder anderen. Angesprochen auf den ZDF-Satiriker Jan Böhmermann erklärt Prayon, dass auch er „die gängigen Narrative verstärkt“ habe. „An eine Sendung kann ich mich noch gut erinnern. Da ging es um Nichtgeimpfte, und dann lehnte er sich zurück und zeigte zwei Stinkefinger. Ich dachte, wie kann man das machen?

Ich dachte, wie kann man das machen?

Christine Prayon über Jan Böhmermann

Christine Prayon sieht darin keine Provokation, sondern Spaltung. „Corona hat tatsächlich gespalten wie S 21 damals in Stuttgart. Und die Fernseh-Satire hat dabei keine rühmliche Rolle gespielt. Da finde ich mich nirgendwo mehr wieder.

Wie reagiert das „ZDF Magazin Royale“?

Beim „ZDF Magazin Royale“ von Jan Böhmermann könne man sich jedoch nicht an die von Prayon geschilderte Szene erinnern, berichtet der „Spiegel“. Auch habe man den entsprechenden Ausschnitt im Archiv nicht gefunden, habe die Redaktion mitgeteilt.

Ich glaube nicht, dass sie das einfach nur so sagen würde, wenn sie es nicht gesehen hätte.

Management von Christine Prayon

Prayons Manager konnte auf Anfrage nicht sagen, wann die konkrete Böhmermann-Sendung ausgestrahlt worden sein soll. „Aber ich glaube nicht, dass sie das einfach nur so sagen würde, wenn sie es nicht gesehen hätte“, zitiert ihn der „Spiegel“.

Prayon besteht auf „Redefreiheit“

Die Verunmöglichung eines Diskurses verschärft nach Prayons Ansicht nur die Spaltung. „Wie wenig bedarf es mittlerweile, um als rechts gebrandmarkt zu werden. Wann bin ich rechts, wann bin ich eine Verschwörungstheoretikerin, eine Schwurblerin? Ich habe Fragen, ich habe Kritik, ich möchte mich äußern dürfen, ich möchte auch zuhören dürfen, ich möchte auch den hören, der für das Letzte gehalten wird.“

Prayon könne mit Satire, die das verunmögliche, nichts mehr anfangen. „Das ist ein Simulieren von Freiheit“, so die Kabarettistin.

In dem Interview besteht Prayon auf ihrer „Redefreiheit“, egal ob sie Beifall von der rechten Seite bekommt oder nicht.

Sie betont: „Hört man auf zu reden, weil man eventuell falsch verstanden wird? Natürlich werde ich falsch verstanden, ich werde ganz bestimmt falsch verstanden, also wenn ich mich auf eins verlassen kann, dann darauf. Aber es ist bedenklich, wenn ein Klima herrscht, wo man so schnell verurteilt wird für das, was man sagt.“

Wie reagierte das ZDF auf die Vorwürfe von Prayon?

Das ZDF hat reagiert, und zwar laut „Bild“ folgendermaßen: „Christine Prayon hat seit 2011 im Ensemble der ,,heute-show’ mitgewirkt, ebenso wie bei der ,Anstalt’. Sie hat die unregelmäßige Zusammenarbeit auf eigenen Wunsch beendet. Die Zusammenarbeit haben wir sehr geschätzt und lassen die Tür für weitere Auftritte offen.“

Wie reagiert Prayons Management?

In dem Interview mit der „Kontext Wochenzeitung“ berichtete Prayon zunächst, dass sie wegen einer „Post-Vac-Erkrankung“ länger nicht mehr in der „heute show“ zu sehen gewesen sei.

Aufregung ist das Letzte, was sie gerade braucht.

Management von Christine Prayon

Die Kabarettistin müsse immer mal wieder einen Auftritt absagen, weil sie mit Symptomen wie „Schlaflosigkeit, Herzrasen, Muskelzittern“ sowie mit depressiven Schüben zu kämpfen habe, heißt es dort. Ob diese Beschwerden auf eine Impfung oder Coronaerkrankung zurückzuführen seien, könne Prayon nicht sagen.

Das Management von Christine Prayon erklärte auf eine Anfrage des „Spiegels“, dass die Künstlerin sich aktuell nicht zu ihrem Interview äußern werde und verwies dabei auf die gesundheitlichen Probleme der Kabarettistin.

Aufregung ist das Letzte, was sie gerade braucht. Dass dieses Interview nun so eine Reichweite hat, hätte sie niemals für möglich gehalten“, sagte Prayons Manager dem Spiegel.

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