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Der Pianist Daniil Trifonov

© Dario Acosta

Wenn das Cello führt: Das Konzert von Gautier Capuçon und Daniil Trifonov in der Philharmonie

Strich und Anschlag: Die beiden können eine verführerische Verbindung eingehen. Ist es dem Celllisten Gautier Capuçon und dem Pianisten Daniil Trifonov am Dienstagabend gelungen?

Den großen Saal der Philharmonie allein mit Kammermusik fast bis auf den letzten Platz zu füllen, so wie am Dienstagabend, dazu braucht es schon große Namen. Gautier Capuçon und Daniil Trifonov haben sie – und im Gepäck Sonaten aus ihren Heimatländern, alle original für Cello und Klavier komponiert. Claude Debussy hat neben seinem Namen dezidiert die Bezeichnung „französischer Musiker“ aufs Titelblatt der d-Moll-Sonate gesetzt. Das Erscheinungsjahr ist 1915, Frankreich im Krieg gegen den Erzfeind. Bewusst und durchaus nationalistisch angehaucht greift er hier zurück auf Traditionen des französischen Barock: Ein Prologue eröffnet das Stück, der Mittelteil ist eine Sérénade, das Finale erhebt sich über dem Bassfundament einer Passacaglia.

Cello und Klavier, sie wirken wie zwei Kammern eines Herzens: Das helle, heitere Tasteninstrument sorgt für die motorische Basis, das dunklere Streichinstrument für Emotion, Gefühl, melodischen Schmelz. Capuçon und Trifonov hören vorzüglich aufeinander und harmonisieren bestens – und doch wird es kein großer Abend. Der Klang mischt sich nicht gut, das Cello dominiert akustisch über weite Strecken, spielt sich sehr in den Vordergrund.

Was natürlich auch an der Sitzposition des Rezensenten in Block B links liegen kann, von der aus Capuçon den Pianisten einfach zudeckt, optisch sowohl wie klanglich. Trifonov kommt aber auch von sich aus nicht über ein gewisses Maß an Solidität hinaus, wirkt trotz seiner ungestümen, langen Haare wie gezähmt, gezügelt, brav. Wenig ist zu hören an diesem Abend von der schweißgetriebenen, dämonischen Brillanz, mit der er sonst das Klavier zu traktieren pflegt.

Das heißt natürlich nicht, dass Trifonov nicht trotzdem im Choral des Kopfsatzes von Sergej Prokofjews Sonate C-Dur op. 119 eine beeindruckend archaische, kirchlich angehauchte, wie von fernen Glocken geprägt Atmosphäre zu schaffen versteht. Das Rondo-Finale dieses Stücks prägt dann wieder Capuçons sehr markanter Cellostrich, er ist ganz klar derjenige, der an diesem Abend führt. Wäre dies ein Soloabend für ihn, es wäre hinreißend.

Reichlich Futter gibt Capuçon dann natürlich der für seine Melodienseligkeit berühmte Sergej Rachmaninow. Auch er hat eine Sonate für Cello und Klavier geschrieben, in g-Moll, ein bedeutender Beitrag fürs Kammermusikrepertoire, das ansonsten in Rachmaninows Œuvre schmal geblieben ist. Beeindruckend hier vor allem die dahinjagenden Triolen im Scherzo und die Überlagerung, ja Verschmelzung einer russischen Volksliedweise mit einem romantisch-lyrischem Cellomotiv im Finale, das die beiden Musiker mit rasch expandierender Dynamik zu einem guten Ende führen. Großer Jubel im Saal und zwei Zugaben.

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