zum Hauptinhalt
Nach Angaben des Kreml haben Poroschenko und Putin Gespräche über eine Waffenruhe begonnen.

© AFP

Friedensplan für die Ukraine: Waffenruhe mit angesagtem Scheitern

Der Westen und Russland fordern einen Frieden für die Ukraine, an den sie nicht glauben. Ein anderes Szenario ist ohnehin viel wahrscheinlicher.

Der Widerspruch ist schwer zu ertragen und muss doch ertragen werden. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko verkündet einen umfassenden Friedensplan – von dem allerdings niemand annimmt, dass er Erfolg haben wird. Im Wissen um den wahrscheinlichen Misserfolg haben der Westen und Russland den einseitigen Waffenstillstand seit Tagen gefordert, freilich aus unterschiedlichen Gründen. Die Ukraine, das zeigt sich erneut, ist Opfer einer bitterbösen Farce.

Russland fordert unermüdlich Frieden und Ausgleich, um zu verschleiern, dass es den Frieden, den es fordert, sabotiert. Der Westen meint offenbar, einen neuen Beweis der Vergeblichkeit zu benötigen, ehe er weitere Sanktionen gegen Russland verhängt.

Von Poroschenko immer neue Friedenssignale zu fordern, wirkt so, als verlange man vom Bund der Antialkoholiker, sich endlich mal für Abstinenz einzusetzen. Der Ausgleich mit den Unzufriedenen im Osten war Poroschenkos Wahlprogramm. Den Waffenstillstand wollte er bereits vergangene Woche ausrufen. Doch dann schossen Separatisten ein ukrainisches Flugzeug ab, mit russischen Waffen. 49 Menschen starben. Man kennt diesen Zynismus aus dem Palästinakonflikt. Wenn dort tatsächlich mal Frieden droht, finden sich immer Kriegstreiber, die den Konflikt gerade dann gezielt anheizen.

Moskau zielt auf die permanente Destabilisierung der Ostukraine ab

Auf alles, was Russland und die Separatisten von der Ukraine legitimerweise erwarten können, geht Poroschenkos Plan ein: unbehinderter Abzug der Kämpfer, Amnestie, Dezentralisierung, mehr Macht für die Regionen, volle Gleichberechtigung des Russischen. Die Separatisten lehnen das ab. Russland tut so, als habe es leider zu wenig Einfluss auf sie, gibt ihnen aber Rückhalt durch Truppenverstärkungen an der Grenze. Es wäre schön, wenn die dazu dienten, den Nachschub an Waffen und Kämpfern zu verhindern. Doch das geschieht nach den Erkenntnissen westlicher Aufklärung nicht.

Die Welt muss sich darauf einstellen, dass Moskau auf die permanente Destabilisierung der Ostukraine abzielt, wie zuvor in Bergkarabach, Abchasien, Ossetien, Transnistrien. Im Kreml denkt man nicht in den Kategorien der Maximierung des gemeinsamen Nutzens, etwa durch Prosperität der Grenzregionen, sondern stellt sich die Geopolitik wie ein Nullsummenspiel vor: Der Schaden eines vermeintlichen Gegners ist mein Nutzen.

Nur auf den ersten Schein wirkt Russland stark. Es kann Frieden und Stabilisierung verhindern, kann die Vergeblichkeit westlicher Bemühungen demonstrieren. In Wahrheit hat Russland den Ukrainekrieg längst verloren und zahlt einen schmerzhaft hohen Preis. Jeden Monat wird Kapital in zweistelliger Milliardenhöhe aus Russland abgezogen. Die Wirtschaft stottert. Die Abnehmer der Öl- und Gasexporte, die Moskaus einzige verlässliche Einnahmequelle sind, sehen sich nach Alternativen um. Die Eurasische Wirtschaftsunion, die der EU-Kurs der Ukraine aus Putins Sicht gefährdete, ist nun mausetot. Irgendwann werden das auch Russlands Wähler merken.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false