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Christian Lindner (M, FDP), Bundesminister der Finanzen, spricht mit Friedrich Merz, CDU Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU Fraktion, und Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef, in der letzten Sitzung vor der Sommerpause im Bundestag.

© dpa/Michael Kappeler

FDP und Union verweigern Steuerreform: Warum werden Erben nicht stärker belastet?

Vor allem Union und FDP reden gern von Leistung und Leistungsfähigkeit. Beim Umbau des Steuersystems in diese Richtung verdrücken sie sich aber lieber.

Ein Kommentar von Albert Funk

Eine ganze Woche lang hat der Vorstoß von SPD-Chef Lars Klingbeil, das Ehegattensplitting jedenfalls für Neuverheiratete abzuschaffen, für Furore gesorgt. Es wäre vielleicht noch keine Steuerreform, aber immerhin ein Einschnitt – und deswegen ein Thema, das sich zu debattieren lohnt.

Aber es ist schnell abgeräumt worden. FDP-Chef Christian Lindner hat „njet“ gesagt, er will einen solchen Schritt nicht jetzt und möglicherweise auch nie. Mit seiner Partei sei das nicht zu machen, sagte der Finanzminister. Lest seine Lippen: keine Steuererhöhungen.

Das Mantra der FDP (und der Union). Lindner hat die arbeitende Mitte im Blick, die Älteren und die Landtagswahlen in Hessen und Bayern im Herbst.

Es ist zum Verzweifeln mit der deutschen Steuerpolitik. In der herrscht seit Jahren Dürre. Schon bei kleineren Angelegenheiten wie dem Ehegattensplitting ist ein Vorankommen nicht möglich, weil sofort Vetospieler auftreten, die dann leider auch noch in der Regierung sitzen.

Dabei ist das deutsche Steuersystem reformbedürftig. Aus einem guten Grund: Es setzt sehr stark auf die Belastung von Arbeitseinkommen und Konsum und zu wenig auf das Besteuern von Vermögen.

Wobei die seit Jahrzehnten ausgesetzte Vermögenssteuer, wenn es um Reformvorschläge geht, noch die schlechteste Idee ist. Es klingt gerecht, sehr hohe Vermögen zu besteuern. Aber es ist eine komplexe Steuer, sie ist verwaltungsaufwändig und in vielen Fällen wäre sie ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Anwaltskanzleien.

Eine Reform der Erbschaftsteuer wäre gut.

© dpa/Jens Büttner

Der richtige Ansatz wäre, an die Erbschaften heranzugehen. Und zwar an alle, auch kleinere, selbstgenutzte Immobilien vielleicht ausgenommen (wobei man auch da nicht fromm sein müsste).

Statt der vermurksten Form, die derzeit gilt, wäre eine einfache, breit angelegte Erbenbesteuerung mit niedrigen Sätzen von bis zu zehn Prozent und (bei Unternehmen) mit großzügigen Stundungs- und Streckungsregeln der Entwicklung der deutschen Gesellschaft durchaus angemessen.

Erbschaften sind Einkommen

Denn es wird immer mehr vererbt, auch in der breiten Mitte. Erbschaften aber sind Einkommen. Wer nicht erbt, muss über Arbeit und Geldanlage aufbringen, was Erben ohne größeres Zutun bekommen. Richtig ist: Eine Erbschaftsteuer gleicht das nicht aus, soll es nicht, kann es gar nicht.

Aber es wäre ein Gebot der steuerpolitischen Fairness, hier umzusteuern. Das Belasten von Erbschaften ist auch zu rechtfertigen durch die Grundregel, dass nach Leistungsfähigkeit besteuert werden soll. Wer erbt, ist danach (in aller Regel) leistungsfähiger. Was also spricht dagegen?

FDP und Union als Vetospieler

Wer dagegen spricht, sind vor allem Union und FDP. Obwohl sie sonst gern auf Leistungsfähigkeit zu sprechen kommen. Wenn damit Fleiß und Können gemeint sind – kein Widerspruch. Aber warum bei unverdienten Einkommen?

Gleiches gilt bei Steuern auf Kapitalerträge. Wer Geld für sich arbeiten lassen kann, ist ein glücklicher Mensch. Die über die Finanzinstitute eingezogene Einheitssteuer von 25 Prozent ist zwar umstritten, aber der Weg ist vielleicht nicht die dümmste Idee gewesen.

Der Steuersatz aber könnte höher sein, vor allem bei denen, die sehr viel Geld für sich arbeiten lassen. 30 oder 35 Prozent wären da schon zu rechtfertigen, gerade unter Leistungsgesichtspunkten. Ein auch so finanzierter höherer Freibetrag wiederum hilft denen, die erst einmal Vermögen aufbauen wollen – und ja auch sollen, mit Blick auf die Renten.

Kurzum: Wer Leistung und damit Leistungsfähigkeit bejaht, sollte eigentlich für eine Steuerreform hin zu einer moderat stärkeren Belastung von Vermögen und Kapitaleinkommen eintreten. Gerade wer gern für die „arbeitende“ Mitte Glücksbringer spielen möchte, sollte das tun.

Eigentlich müssten also FDP und Union an der Spitze der Bewegung stehen. Aber sie verdrücken sich lieber. Und fabulieren gern über Steuersenkungen in der sicheren Gewissheit, dass die von anderen (im Zweifel auch von Finanzministern aus den eigenen Reihen) abgelehnt werden. Dabei wäre eine Steuerreform, wie oben skizziert, alles andere als eine Revolution.

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