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Christoph Heusgen hat keine russischen Diplomaten nach München eingeladen.

© IMAGO / photothek

Wie umgehen mit Russland? : Nur Waffen sprechen lassen, reicht nicht

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz will eine „Deputinisierung“ Russlands. Damit spielt er der Kremlpropaganda in die Hände – und zeigt ein problematisches Verständnis von Diplomatie.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Russland muss nach Auffassung von Sicherheitskonferenz-Chef Christoph Heusgen vor einer Wiederbelebung des deutsch-russischen Verhältnisses eine „Deputinisierung“ vornehmen.

Der Begriff ist ausdrücklich angelehnt an die De- oder Entnazifizierung durch die Alliierten nach der Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des NS-Regimes. Eine statthafte Gleichsetzung?

Nein. Sie verbietet sich vor der Geschichte. Denn es klingt nach einer Gleichheit im Unrecht, die es so nach all dem Geschehenen dann doch nicht geben kann. Bei aller Abscheu vor dem Putin’schen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine.

Hinzu kommt: Was folgt daraus für Heusgen jetzt? Was muss Deutschland, was muss die Welt tun? Wie muss sie handeln? Nur Waffenlieferungen können die Antwort nicht sein.

„Deputinisierung“ – gerade ein Deutscher sagt das den Russen. Deren Propaganda kann sich bedanken. Wird doch sowieso schon die ganze Zeit aus Moskau, in der Panzerfrage zum Beispiel, auf die Nazizeit verwiesen. Analogien zu fördern - keine gute Idee.

Mehr noch: Es ist ausgerechnet Christoph Heusgen, der diesen Ton anschlägt, sich so hart äußert. Er war aber doch lange Jahre Spitzendiplomat und Spitzenberater von Kanzlerin Angela Merkel. Die bekanntermaßen mit Wladimir Putin ein Gesprächsverhältnis pflegte, um Schlimmeres zu verhindern.

Apropos Gespräche, um Schlimmeres zu verhindern und Besseres zu erreichen: Dazu könnte die Münchner Sicherheitskonferenz jetzt wirklich dienen. Es ist doch nicht die „Wehrkundetagung“ aus den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Es geht nicht in erster Linie um Waffenlieferungen oder Rüstungsanstrengungen. Sondern um den überwölbenden Sicherheitsbegriff mit Diplomatie als integralem Bestandteil an der Spitze.

Diplomatie geht nicht, ohne zu reden. Deshalb hätten die Russen - und übrigens auch die Iraner - auf diese Konferenz eingeladen gehört. Und hätten sie ihre Lügen wiederholt, sie wären immerhin auf dieser Plattform konfrontiert worden mit anderen Meinungen. In Deutschland, vor der Weltöffentlichkeit. In den Gängen hätten dann bilaterale Gespräche stattfinden können. Das wäre eine auf Frieden in Freiheit ausgerichtete Haltung.

Ein Letztes: In Deutschland wächst die Zahl derer, die Gespräche, Verhandlungen mit Russland wünschen. Die Frieden wollen. Laut Umfragen die Hälfte der Bevölkerung. Deren Befürchtungen darf die Politik nicht ignorieren. Sie darf sich nie selbst genügen.

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