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Das Finanzministerium will die Pläne für einen möglichen Erweiterungsbau gegenüber dem bisherigen Hauptsitz noch einmal überprüfen.

© dpa/Michael Kappeler

Abgesagter Neubau des Finanzministeriums: Lindner versetzt Scholz einen doppelten Nadelstich

Finanzminister Christian Lindner hat angekündigt zu überprüfen, ob ein Neubau für das Finanzministerium notwendig sei. Warum er damit besonders den Kanzler trifft.

Christian Lindner, FDP-Chef und Bundesfinanzminister, ist ein Freund der süffisanten Provokation. Dementsprechend dürfte er sich gefreut haben, als er nun in der „Bild“-Zeitung verkündete, er stelle einen geplanten Erweiterungsbau des Finanzministeriums „infrage“. Stattdessen prüfe er, „ob hier nicht Wohnraum geschaffen werden kann“. Für Kanzler Olaf Scholz, SPD, ist das ein doppelter Nadelstich.

Der erste Nadelstich: Erst in der vergangenen Woche hatte Lindner in der Sendung Maischberger vorgeschlagen, den geplanten Kanzleramtsneubau, für den inzwischen 777 Millionen Euro veranschlagt werden, zu prüfen. „Ich glaube, dass in Zeiten von Home Office und ortsflexiblem Arbeiten ein mindestens 800 Millionen Euro teurer Neubau neben dem Kanzleramt entbehrlich ist“, sagte er. Er glaube allerdings, fügte er hinzu, dass das Kanzleramt „missvergnügt“ über seinen Vorschlag sei.

Er hatte recht. Es dauerte nicht lang, bis das Kanzleramt widersprach. „Der Bedarf für einen Neubau besteht unverändert“, sagte eine Regierungssprecherin dem Tagesspiegel. „Die Realisierung des Erweiterungsbaus ist erforderlich, da die Notwendigkeit einer funktionalen Regierungszentrale gerade in Krisenzeiten besteht.“ Die Mitarbeiterzahlen des Kanzleramts sind in den vergangenen Jahren rasant gestiegen, weil es im Kanzleramt nicht genügend Platz gibt, wurden Büros in der Nähe angemietet.

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Schafft Lindner, was Scholz nicht schafft?

So aber zeigt Lindner: Was im Kanzleramt nicht funktioniert, funktioniert für sein Haus vielleicht doch. Der FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer findet, die Streichung des Neubaus sei „ein lautstarkes Zeichen in der Wohnungspolitik“. „Alle Minister sollten es ihm gleichtun, denn die Zeitenwende muss auch in den Häusern selbst ankommen.“

Doch nicht nur aus der eigenen Partei bekommt Lindner für den Vorstoß Lob. Auch der Grünen-Abgeordnete Bruno Hönel findet den Vorschlag gut. „Die Haushaltslage ist herausfordernder als in der letzten Wahlperiode. Deshalb finde ich es richtig, die damals angestoßenen Neu- und Erweiterungsbauten vom Bundesfinanzministerium beziehungsweise dem Kanzleramt kritisch auf den Prüfstand zu stellen“, sagte er den Tagesspiegel. Mit den Einsparungen in Millionenhöhe könnten „soziale und ökologische Vorhaben der Ampel-Koalition voranbringen“, schlug Hönel vor.

Selbst die Union findet lobende Worte. Angesichts der Energiepreise und der Inflation wäre es ein „völlig verfehltes politisches Signal“ am Kanzleramtsneubau festzuhalten, sagte der baupolitische Sprecher der Union, Jan-Marco Luczak dem Tagesspiegel. „Statt Prachtbauten wäre es besser mehr Wohnungen zu bauen“, sagte er. „Die Ankündigung von Christian Lindner, den Erweiterungsbau des Finanzministeriums zu überprüfen, finde ich daher richtig.“

800
Millionen Euro sollte der Neubau maximal kosten

Aus dem Finanzministerium heißt es, bislang seien „anteilige Planungskosten in Höhe von rund 35 Millionen Euro angefallen“. „Für die Baumaßnahme selbst würden weitere 600 bis 800 Millionen Euro benötigt werden“, sagte ein Ministeriumssprecher dem Tagesspiegel. Lindner habe in der vergangenen Woche veranlasst, die bisherigen Planungen zu überprüfen. „Die Prüfung wurde aufgenommen, aber noch nicht abgeschlossen“ hieß es.

Es muss eine kurzfristige Entscheidung des Finanzministers gewesen sein. Am Mittwoch vergangener Woche im Haushaltsausschuss hatte sein Parlamentarischer Staatssekretär Florian Toncar, FDP, die Pläne für den Neubau laut Tagesspiegel-Informationen noch vorgestellt.

Der zweite Nadelstich für den Kanzler: Der Erweiterungsbau des Finanzministeriums wurde von einem seiner Vorgänger in Auftrag gegeben – ausgerechnet von Olaf Scholz.

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