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Sayed Sadet aus Pakistan füllt bei einer Jobbörse für Flüchtlinge in Berlin einen Fragebogen mit seinen Daten und Fähigkeiten aus.

© dpa/Michael Kappeler

Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge: Dürfen Asylbewerber bald arbeiten – oder müssen sie es?

Die Ampelkoalition ringt um Antworten in der Migrationspolitik. Auch eine Arbeitspflicht für Geflüchtete ist in der Diskussion.

Menschen, die nach Deutschland flüchten, dürfen in der Regel nicht arbeiten, zumindest in der Anfangszeit. Das wollen die Grünen ändern. Deren Fraktionschefin Katharina Dröge sagte den Zeitungen der „Funke“-Mediengruppe, man brauche „endlich eine vollständige Abschaffung der vielfach noch bestehenden Arbeitsverbote für Geflüchtete“.

Ähnlich äußerte sich SPD-Chefin Saskia Esken am Wochenende. Doch FDP und Union sehen einen Abbau der Arbeitsverbote kritisch. Sie fürchten, dass eine frühzeitige Beschäftigungserlaubnis einen zusätzlichen Anreiz geben könnte, ohne Arbeitserlaubnis nach Deutschland einzuwandern und Asyl zu beantragen.

Das Ziel könne nicht sein, „einfach ein weiteres Tor“ für irreguläre Migration zu öffnen, sagte der Vorsitzende der FDP-Fraktion Christian Dürr im Deutschlandfunk. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, warnte, dass Asyl dadurch zum „einfachsten Weg“ würde, um in Deutschland Arbeit zu finden.

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Statt Arbeitserlaubnis künftig Arbeitspflicht?

In den vergangenen Wochen hatten Unionspolitiker sich für eine Arbeitspflicht für Flüchtlinge noch während des Asylverfahrens offen gezeigt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte ein entsprechendes Programm an.

Baden-Württembergs Landräte, mehrheitlich CDU-Politiker, verabschiedeten im Juli eine Resolution, in der sie eine „Verpflichtung Schutzsuchender zur Annahme von auch gemeinnütziger Arbeit“ forderten.

Wer über die Fluchtmigration nach Deutschland kommt, dem sollten wir nicht verbieten zu arbeiten, wenn ihm ein Job angeboten wird.

FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae

Der Unterschied zu den Vorstellungen von SPD und Grünen liegt in der Pflicht, die die Union formuliert. Die Ampelkoalition tut sich damit schwer.

Die FDP zum Beispiel will zwar Arbeitsverbote nicht in Gänze abbauen. Wer aber eine gute Bleibeperspektive habe, der solle durchaus arbeiten dürfen, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.

Ähnlich formulierte es FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae. „Wer über die Fluchtmigration nach Deutschland kommt, dem sollten wir nicht verbieten zu arbeiten, wenn ihm ein Job angeboten wird“, sagte er dem Tagesspiegel. Trotzdem gehe der Weg in den deutschen Arbeitsmarkt über „die legale Arbeitskräfteeinwanderung“.

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Und auch FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer machte sich für eine Entbürokratisierung beim Zugang in den Arbeitsmarkt für Bleibeberechtigte stark. Er betonte aber auch: „Gleichzeitig müssen wir dafür sorgen, dass diejenigen, die nicht bleiberechtigt sind, erst gar nicht den Weg nach Deutschland und die EU aufnehmen.“

Schon jetzt enorme Hürden für Arbeitsaufnahme

Wie aber will man das trennen? Darauf haben Politiker der Ampelregierung und der demokratischen Opposition noch keine Antwort. Der öffentliche Druck bei dem Thema aber ist in den vergangenen Wochen enorm gestiegen. Die Kommunen sind vielerorts überlastet, Bürgerinnen und Bürger verunsichert.

Schon jetzt gibt es enorme Hürden für Geflüchtete und Einwanderer, selbst wenn sie bereits eine Arbeitserlaubnis haben. Dann nämlich, wenn Menschen arbeiten dürften, aber daran scheitern, ihre Qualifikation für den deutschen Arbeitsmarkt anerkennen zu lassen.

Je nach Beruf und gewünschtem Arbeitsort sind völlig unterschiedliche Stellen für die Anerkennung von Berufsabschlüssen zuständig, von der Handwerkskammer über die Bezirksregierung bis zum Landesamt. Allzu oft sind diese Stellen überlastet, dazu kommt, dass die Verfahren per se eher anspruchsvoll sind.

Nicht überall auf der Welt sind die dort heimischen Behörden darauf eingestellt, bei einem mit deutscher Gründlichkeit durchgeführten Anerkennungsverfahren mitzuwirken. Entsprechend groß sind hier die Probleme in der Praxis.

Speziell für Geflüchtete kommt als Hürde für die Arbeitsmarktintegration hinzu, dass sie nach bestimmten Schlüsseln auf Länder und Kommunen verteilt werden, die mit Wirtschaftskraft und Arbeitsmarktlage nichts zu tun haben. So stecken manche Menschen in strukturschwachen Gegenden fest und dürfen dort nicht einfach wegziehen, während ihre Qualifikationen in anderen Regionen dringend gesucht werden.

Kommunen fürchten noch mehr Bürokratie

Dahinter bleiben weitere Fragen. Ist es sinnvoll, Menschen zur Arbeit zu verpflichten? Und, falls ja: Ist es überhaupt machbar?

Wir können und sollten es uns nicht leisten, dieses Arbeitskräftepotenzial ungenutzt zu lassen.

Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistags.

Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistags, fordert, hier neue Wege zu gehen. „Wir sprechen uns für eine Verpflichtung von Geflüchteten aus, gleich nach ihrer Ankunft in Deutschland zumutbare Arbeit anzunehmen“, sagte er dem Tagesspiegel. Zum Beispiel in Gastronomie, Hotellerie und in Helfertätigkeiten würden händeringend Mitarbeiter gesucht.

„Wir können und sollten es uns nicht leisten, dieses Arbeitskräftepotenzial ungenutzt zu lassen“, sagte Sager. Die Geflüchteten könnten so auch leichter Deutsch lernen und sich in die Gesellschaft integrieren. Sehr viele von ihnen hätten ohnehin schon heute den Wunsch, so früh wie möglich zu arbeiten.

Doch manche kommunalen Verbände fürchten dadurch eine Bürokratisierung. Die Kapazitäten seien „begrenzt“, der „bürokratische Aufwand groß“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, den Zeitungen der „Funke“-Mediengruppe.

Auch Grünen-Fraktionschefin Dröge warnte davor. Diese Maßnahme würde Kommunen nur „zusätzlich belasten“, sagte sie dem Tagesspiegel. Sinnvoller, sagt sie, sei die Aufhebung des Arbeitsverbots.

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