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Am Montag wollen die Bauern wieder mobilisieren.

© dpa/Philipp Schulze

Aufrufe in Online-Netzwerken: Behörden warnen vor Unterwanderung der Bauernproteste durch Extremisten

Unter die protestierenden Bauern könnten sich in der kommenden Woche Rechtsextremisten und Querdenker mischen. Das BKA registriert zahlreiche Mobilisierungsaufrufe.

Im Zusammenhang mit den geplanten Bauernprotesten in der kommenden Woche beobachten deutsche Sicherheitsbehörden einem Bericht zufolge diverse Mobilisierungsaufrufe und Solidaritätsbekundungen von Rechtsextremisten, Gruppierungen der Neuen Rechten und der Querdenker-Szene.

Die „Welt am Sonntag“ berichtete am Samstag, dies habe eine Abfrage beim Bundeskriminalamt (BKA), dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Verfassungsschutzbehörden der Länder ergeben. Die Aufrufe gebe es besonders in Online-Netzwerken.

Das BKA registrierte demnach zahlreiche Mobilisierungsaufrufe. Darunter seien Aufrufe für einen „Generalstreik“ und „Umsturzrandale“ sowie für eine „Unterwanderung“ der Demonstrationen.

Die rechtsextremistische Partei „Der III. Weg“ spreche laut Polizei von einem möglichen Bauernaufstand. AfD-Mitglieder und Funktionäre der Partei würden als Veranstaltungsanmelder fungieren oder seien als Redner vorgesehen. Einen Aufruf gebe es auch von der neurechten Initiative „Ein Prozent“.

Aus den Sicherheitsbehörden hieß es auf Nachfrage der „Welt am Sonntag“, der Bauernprotest sei schwer einzuschätzen. Auf der einen Seite seien Landwirte mit einem legitimen Anliegen und auf der anderen Seite Extremisten, die diesen Protest unterwandern wollten. Gleichzeitig sieht das BKA dem Bericht zufolge für die Bauernproteste und deren Veranstalter selbst keine „gefährdungsrelevanten Erkenntnisse“.

Minister Özdemir warnt: „Sonst verrottet hier was“

Am Freitagabend hatte auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) vor einer Unterwanderung der Bauernproteste durch Extremisten gewarnt. „Leute von ganz rechts außen“ versuchten, die legitimen Bauernproteste für sich zu nutzen, sagte Özdemir im ZDF-„heute journal“. „Die haben Umsturzfantasien“, betonte er. Es sei ein Kernstück der liberalen Demokratie, einander zuzuhören und Gewalt abzulehnen – „sonst verrottet hier was“.

Vertreter der Bauernverbände hatten sich wiederholt von Gewalt und extremistischem Vorgehen distanziert, etwa nach der Blockade der Rückkehr aus dem Privaturlaub von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an einem Fähranleger in Schleswig-Holstein.

Am Donnerstagnachmittag hatten Bauern einen Fähranleger im schleswig-holsteinischen Schlüttsiel blockiert und Habeck am Verlassen des Schiffs gehindert. Erst bei einem zweiten Versuch in der Nacht konnte die Fähre anlegen und Habeck ans Festland bringen, nachdem die Demonstranten abgezogen waren. Die Aktion sorgte parteiübergreifend für scharfe Kritik. Die Staatsanwaltschaft Flensburg ermittelt wegen Nötigung und möglichen Landfriedensbruchs.

Die Chefin des Ethikrats, Alena Buyx, kritisierte vor dem Hintergrund die zunehmend ruppigeren Diskussionen. „Knackige Debatten sind wichtig, Gewalt ist niemals akzeptabel“, sagte sie auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Öffentliche politische Debatten werden zunehmend ruppiger und empörter geführt, und es ist durchaus wahrscheinlich, dass sich einige dadurch ermuntert fühlen, rote Linien zu überschreiten. Das darf aber nicht sein.“

Emotionales Aufheizen ist das Letzte, was wir gerade brauchen.

Alena Buyx

Deutschland habe wichtige Probleme vor der Nase, die nur gemeinsam gelöst werden könnten. Der Deutsche Ethikrat mahne schon länger, auch in Krisenzeiten im respektvollen Miteinander zu verbleiben und gleichzeitig unterschiedliche Ansichten auszuhalten. „Gerade auch staatlichen Akteuren und den Medien kommt dabei eine wichtige Rolle des Ausgleichens und Mäßigens zu - emotionales Aufheizen ist das Letzte, was wir gerade brauchen“, sagte Buyx.

Der Deutsche Bauernverband hat ab Montag zu einer Aktionswoche gegen geplante Kürzungen von Subventionen aufgerufen. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sieht eine besondere Verantwortung des Bauernverbands und regionaler Organisatoren.

„Sie müssen vor den angekündigten Demonstrationen in der kommenden Woche deeskalieren“, sagte Haßelmann der Deutschen Presse-Agentur. Sie müssten sich Gedanken machen, wie sie vor Ort friedlichen Protest und die Sicherheit von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Politikerinnen und Politikern gewährleisteten, die sich der demokratischen Debatte stellten.

Die Bundesregierung hatte am Donnerstag angekündigt, sie wolle einen Teil der Kürzungen zurücknehmen. Dem Bauernverband reicht das aber nicht aus. Das Bundesinnenministerium hat vor Versuchen von extremen Kräften gewarnt, Bauernproteste zu missbrauchen. „Friedliche Proteste gehören zu einer lebendigen Demokratie“, so Haßelmann. „Es ist natürlich legitim, dass Landwirtinnen und Landwirte öffentlich für ihre Interessen eintreten.“

Aktionen wie der Übergriff auf Habeck am Fährhafen Schlüttsiel hingegen seien absolut inakzeptabel. Es sei gut und notwendig, dass sich der Deutsche Bauernverband davon distanziert habe. „Das erwarte ich von allen Landes-und Regionalverbänden.“ Leider gebe es aber nach wie vor Akteure, die Grenzüberschreitungen dieser Art verharmlosten oder gar rechtfertigten, sagte Haßelmann. „Das ist nicht hinzunehmen.“ (AFP, dpa, Tsp)

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