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Wirbt um Zustimmung zur Lieferketten-Richtlinie der EU: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil.

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Update

Bemühungen an FDP gescheitert: Bundesregierung kann sich bei EU-Lieferketten-Richtlinie nicht einigen

Weil sich die Ampel nicht zu einer Zustimmung durchringen kann, befürchtet Arbeitsminister Heil ein Scheitern der Lieferketten-Richtlinie in der EU. Die Grünen sowie Verbände kritisieren die FDP scharf.

| Update:

In der Bundesregierung sind die Bemühungen um eine Zustimmung zur EU-Lieferketten-Richtlinie nach Angaben von Arbeitsminister Hubertus Heil endgültig gescheitert.

Der SPD-Politiker sagte am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters, die FDP sei nicht bereit, den von ihm vorgeschlagenen Lösungsweg mitzugehen.

Im Ergebnis werde sich Deutschland bei der Abstimmung in der Europäischen Union (EU) enthalten müssen, was einem Nein gleichkommt.

„Dass sich Deutschland aufgrund einer ideologisch motivierten Blockade der FDP bei der anstehenden Abstimmung enthalten muss, enttäuscht mich sehr“, sagte Heil. „Eine EU-Lieferkettenrichtlinie stärkt die Menschenrechte in internationalen Handelsbeziehungen, wenn es etwa darum geht, Kinder- und Zwangsarbeit zu bekämpfen.“

Damit steht das EU-Vorhaben insgesamt auf der Kippe, da die erforderliche Mehrheit in der EU aufgrund der Bedenken auch aus anderen Länder nicht in Sicht ist.

Die Richtlinie ist ein bürokratisches Monster.

Bijan Djir-Sarai, FDP-Generalsekretär

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte dem Tagesspiegel, die FDP könne die Lieferketten-Richtlinie nicht mittragen. „Die Richtlinie ist ein bürokratisches Monster, schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland und trägt nicht dazu bei, dass sich die menschenrechtliche und ökologische Situation verbessert“, sagte er.

Die Diskussion darüber, wie Deutschland wieder wettbewerbsfähig werde, sei überfällig. „Da wäre es geradezu paradox, jetzt diese Richtlinie zu beschließen“, sagte Djir-Sarai. Finanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann (beide FDP) hatten bereits vorige Woche mitgeteilt, sie könnten die EU-Richtlinie nicht mittragen.

Grüne kritisieren Enthaltung scharf

Die Grünen-Bundestagsfraktion kritisiert die Enthaltung hingegen scharf. „Wenn Deutschland dem EU-Lieferkettengesetz nicht zustimmt, wäre das ein großer Fehler“, sagte Co-Fraktionschefin Katharina Dröge am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. „Ein Scheitern der Richtlinie wäre schlecht für die deutsche Wirtschaft, die von gleichen Wettbewerbsbedingungen profitiert hätte.“

Dröge sprach zudem von einem Rückschlag für den Schutz von Menschenrechten. „Und es würde dem Ruf Deutschlands als verlässlicher und glaubwürdiger Partner in der EU schaden“, fügte Dröge hinzu. 

Scharfe Kritik kommt auch seitens der Umwelt- und Sozialverbände

Auch Umwelt- und Sozialverbände haben scharfe Kritik an der angekündigten Enthaltung der Bundesregierung bei der EU-Abstimmung für das europäische Lieferkettengesetz geäußert. „Die deutsche Enthaltung ist ein fatales Signal an alle Menschen, die weltweit von Ausbeutung, moderner Sklaverei, Vertreibung und Urwaldzerstörung betroffen sind“, erklärte Armin Paasch von der Hilfsorganisation Misereor.

„Deutschland diskreditiert sich als politischer Partner in der EU, indem es in letzter Minute ein jahrelang verhandeltes Projekt torpediert“, erklärte Michelle Trimborn von der Initiative Lieferkettengesetz.

„Die FDP zeigt kurz vor den Europawahlen ein erschreckendes Maß an europapolitischer Verantwortungslosigkeit“, erklärte Lutz Weische von Germanwatch. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warf er vor, „sich vom kleinsten Koalitionspartner die Agenda diktieren“ zu lassen.

Auch die Umweltorganisation WWF forderte den Regierungschef auf, von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen, damit Deutschland doch zustimmen könne. Das sei auch im Interesse der Unternehmen, denn „indem die FDP es verhindert, benachteiligt sie deutsche Unternehmen, die bereits das deutsche Lieferkettengesetz umsetzen“, erklärte Heike Vesper vom WWF.

Unverständnis bei den Partnern befürchtet

In Deutschland hatten die großen Wirtschaftsverbände ein Nein zu den EU-Plänen gefordert, Unternehmen stärker für Missstände in ihren Lieferketten in die Pflicht zu nehmen.

Nach Heils Worten wäre das EU-Vorhaben auch im Sinne der deutschen Wirtschaft. „Eine solche Richtlinie schafft einheitliche Wettbewerbsbedingungen in ganz Europa und ist damit im Interesse der deutschen Unternehmen“, sagte Heil.

Der Arbeitsminister warf dem Koalitionspartner vor, sich einem Bürokratieabbau versperrt zu haben. Die Enthaltung werde zudem bei EU-Partnern nicht gut ankommen.

„Um eine deutsche Zustimmung zu ermöglichen, habe ich in der Koalition bis zum Schluss Kompromiss- und Lösungsvorschläge gemacht, die schnelle Entlastungen und eine unbürokratische Umsetzung für deutsche Unternehmen ermöglicht hätten“, sagte Heil.

„Die FDP war nicht bereit, diesen Lösungsweg mitzugehen, und hat ihn jetzt definitiv abgelehnt. Ich halte das für falsch, auch weil eine deutsche Enthaltung bei anderen Partner in Europa auf Unverständnis treffen wird.“ (Tsp, Reuters, AFP)

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