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Brexit: Ohrfeige für die Populisten

Das Londoner Gerichtsurteil wird den Brexit nicht verhindern. Aber es ist eine Chance, die Populisten um Außenminister Boris Johnson in die Schranken zu weisen. Und damit ein Gewinn für Europa. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Albert Funk

Großbritannien wird aus der Europäischen Union austreten. Daran wird das Urteil des Hohen Gerichts in London vom Donnerstag nichts ändern. Eine Mehrheit hat beim Referendum im Juni für das Verlassen der größten Freihandelszone der Welt und der engsten politischen Partnerschaft zwischen Nationen, die es jemals gab, gestimmt. Dem wird das britische Parlament folgen - auch viele Abgeordnete, die ihr Land lieber in der EU sähen, haben in ihren Wahlkreisen eine Mehrheit für den Austritt erleben müssen. Die Richter haben nur verhindert, dass Großbritannien noch mehr zur globalen Lachnummer wird. Denn vor allem die Brexit-Hardliner, ausgerechnet die mit dem Slogan „take back control“, wollten verhindern, dass Unterhaus und Oberhaus über den Austrittsantrag abstimmen. Im Mutterland des Parlamentarismus! Sie haben offenkundig keine hohe Meinung von der eigenen Volksvertretung, weil sie noch im Rausch ihres Erfolgs beim Referendum im Juni sind. Wohin direkte Demokratie führt, wenn Populisten im Verein mit einer enthemmten Boulevardpresse Stimmung macht und Hetze verbreitet, das kann man in England sehen. Am Freitag stellten einige Blätter (selbst der einst seriöse "Daily Telegraph") die Richter des High Court regelrecht an den Pranger und verlangten nach Volkszorn (siehe Bild).

Das Ziel: Europa schwächen

Der direkte Appell ans Volk für den Austritt hätte allerdings nicht gefruchtet, wenn er nicht verbunden worden wäre mit fremdenfeindlichen Untertönen und mit schlichten Lügen über die Möglichkeiten und Folgen eines Brexit. Diese Hardliner, deren Gesicht Außenminister Boris Johnson ist, sind eine populistische Truppe, in einem Verein mit den Trumps, Le Pens und Orbans dieser Welt. Sie wollen nicht nur ihr Land in eine unklare und möglicherweise unsichere Zukunft führen, sondern auch die EU demütigen. Brüssel ist für sie ein Synonym für Diktatur und Fremdherrschaft - die Verwirrung ist weit gediehen auf der Insel. Sie haben nichts dagegen, das verachtete Europa gegebenenfalls in eine Notlage zu bringen. Boris Johnson machte an diesem Freitag seinen Antrittsbesuch in Berlin. Außenminister Frank-Walter Steinmeier darf ihm ruhig klarmachen, dass London noch weiter an Einfluss und Ansehen verliert, wenn der Austritt schmutzig verhandelt wird.

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