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Die Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD).

© dpa/Fabian Sommer / dpa/Fabian Sommer

Update

Puma, Pech und Pannen: Lambrecht droht Industrie mit Ende des Schützenpanzers

Die Ministerin ist frustriert über die neuen Pannen beim Schützenpanzer. Sie spricht von einem „herben Rückschlag“. Der Ausfall hat eine lange Vorgeschichte.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat die Industrie zur schnellen Behebung der Pannen beim Schützenpanzer Puma aufgefordert und andernfalls mit einer Ausmusterung des Gefechtsfahrzeugs gedroht. Im ZDF-„heute journal“ sagte sie am Montagabend: „Wir können uns nicht immer von einer Instandsetzung zur anderen hangeln, wir brauchen verlässliche Lösungen oder die Entscheidung, nicht mehr länger auf den Puma zu setzen.“

Die Instandsetzung des Schützenpanzers müsse sehr schnell gehen. „Da erwarte ich keine Zusagen innerhalb vieler Wochen, sondern innerhalb weniger.“

Am Wochenende war bekanntgeworden, dass bei einer Schießübung der Bundeswehr für die Beteiligung an der Nato-Eingreiftruppe VJTF alle 18 der genutzten Panzer ausgefallen waren. Der von vielen technischen Problemen geplagte Puma war erst 2021 für gefechtstauglich erklärt worden. Das von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und der Rheinmetall Landsysteme GmbH (RLS) entwickelte und produzierte Gefechtsfahrzeug hatte zuvor schon als „Pannenpanzer“ Schlagzeilen gemacht.

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Geschichten über den Puma gibt es viele. Sie handeln auch von deutscher Gründlichkeit, die manchmal zum Gegenteil dessen führt, was erreicht werden soll. So sieht es jedenfalls Hans-Peter Bartels (SPD), der frühere Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages: „Jetzt haben wir den teuersten Schützenpanzer der Welt, der sonst von niemandem gekauft wird und obendrein noch besonders anfällig ist.“

Er erzählt von der Idee, das neue Fahrzeug auf Basis bekannter ziviler Standards und damit schneller zu bauen. Im Ergebnis sollten dann aber die Feinstaubwerte im hinteren Teil so niedrig sein, dass sich auch Schwangere dort aufhalten können.

Da war er noch einsatzbereit: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ist im vergangenen Winter auf dem Militärübungsplatz in Munster selbst in einem Schützenpanzer Puma mitgefahren.

© REUTERS/Fabian Bimmer

Der Schützenpanzer sollte erst nach Schließen der hinteren Luke losfahren können - in einer Gefechtssituation ebenso gefährlich wie ein sich nicht drehender Kanonenturm, was wiederum die herausgesteckten Köpfe ihrer Insassen schützen sollte. „Die Überfrachtung des Puma mit tausend speziellen Anforderungen“, so Bartels, „wurde weder vom Ministerium noch von der Industrie rechtzeitig thematisiert und gestoppt.“

Bis vor Kurzem war die Bundesregierung noch „sehr hoffnungsvoll“

Die Probleme mit dem Puma setzten sich auch fort, als die 350 bestellten Exemplare in den vergangenen sieben Jahren nach und nach die Truppe erreichten. So wurden im Sommer 2020 Mängel festgestellt, weshalb der „modernste Schützenpanzer der westlichen Welt“ noch nicht bereit sei für die sogenannte Nato-Speerspitze in Osteuropa, die Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), für die die Bundeswehr vom 1. Januar an insgesamt 8000 Kräfte abstellt.

Nun aber waren sie in der Bundesregierung nach den Vorbereitungsübungen im Sommer eigentlich „sehr hoffnungsvoll“ gewesen, dass die Probleme überwunden sind, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag sagte. Ein Sprecher des Verteidigungsministerium berichtete, man habe „eine sehr gute Entwicklung beim Puma gesehen“.

42
neu konfigurierte Schützenpanzer vom Typ Puma waren für die sogenannte Nato-Speerspitze vorgesehen.

Umso frustrierter ist man jetzt im Haus von Christine Lambrecht darüber, dass bei der jüngsten Übung alle 18 eingesetzten Fahrzeuge ausfielen - sowohl wegen elektronischer wie auch mechanischer Schwierigkeiten. Das ist fast die Hälfte der 42 Puma-Panzer, die eigens für die besondere Nato-Aufgabe konfiguriert worden waren. „Die neuerlichen Ausfälle“, ließ die Sozialdemokratin ausrichten, „sind ein herber Rückschlag.“

Dass nun das jahrzehntealte Vorgängermodell Marder als Ersatz herhalten muss, ist für die Erfüllung der Bündnisverpflichtungen kein größeres Problem. Möglicherweise schon in Erwartung weiterer Probleme wurden im Vorfeld nämlich auch Panzergrenadiere am Marder für die bevorstehende Aufgabe vorbereitet, was sich Lambrecht zufolge nun „als klug erwiesen“ habe.

Sie versicherte jedenfalls den Verbündeten am Montag, dass der deutsche Beitrag für die Nato-Speerspitze von den technischen Herausforderungen „in jedem Fall unberührt“ bleibe.

 Wir wollen eine ehrliche Analyse, bevor wir in dieses System noch weiter Gelder investieren.

FDP-Verteidigungsexperte Alexander Müller

Alarmiert ist man dennoch aus zweierlei Gründen. Erstens ist für die Bundeswehr spätestens mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine die Landes- und Bündnisverteidigung wieder ins Zentrum ihres Auftrages gerückt, da kommt den Landfahrzeugen eine noch größere Bedeutung zu. „Unsere Truppe muss sich darauf verlassen können, dass Waffensysteme auch im Gefecht robust und standfest sind“, sagt Lambrecht.

Und zweitens stellt sich bei neu angeschafften Gerät erst recht die Frage, wofür man mehrere Milliarden ausgegeben hat, wenn es nicht richtig funktioniert. „Wir wollen eine ehrliche Analyse, bevor wir in dieses System noch weiter Gelder investieren“, teilte Alexander Müller als FDP-Obmann im Verteidigungsausschuss mit.

Nach einer Krisensitzung im Ministerium am Montag hat Lambrecht „bis Ende nächster Woche eine Analyse“ der beteiligten Bundeswehrstellen sowie der Hersteller Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall verlangt. Diese wollen der Truppe eigentlich weitere Puma verkaufen, der Bestellvorgang ist nun aber vorerst gestoppt. „Bevor sich das Fahrzeug nicht als stabil erweist“, so Lambrecht, „wird es kein zweites Los geben - die Kritik aus dem Parlament ist vollkommen berechtigt.“

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