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Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, auf einer Pressekonferenz.

© dpa/Carsten Koall

Das doppelte Twitter-Lottchen: Nancy Faeser muss sich entscheiden

Die Ministerin tritt auf Twitter öffentlich für SPD und Bundesinnenministerium gleichzeitig auf. Das ist ein Job zu viel. Die Regierung braucht Regeln für Social Media – oder sie sollte aussteigen.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Anfang Februar hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser über ihren Twitter-Account wissen lassen, dass ihr Kanal „nicht mehr von meinem Ministerium betreut“ werde. Grund: Sie werde künftig „auch“ über ihre Arbeit als SPD-Spitzenkandidatin im hessischen Wahlkampf informieren.

Sie twittert nun als „Bundesministerin des Innern und für Heimat“ und gleichzeitig als „Landesvorsitzende SPD Hessen“.

Das ist ein Novum. Partei und Staatsamt sind bei der amtlichen Öffentlichkeitsarbeit auseinanderzuhalten. Bürgerinnen und Bürger sollen wissen, wen sie in welcher Funktion vor sich haben. Eine Ministerin? Oder die SPD-Frau?

Eine bisher einzigartige Vermischung von Aufgaben

Die Ministerin muss sich im Amt – grundsätzlich – aus dem politischen Wettbewerb heraushalten. Sie hat die Interessen des Staates und seiner Bevölkerung zu vertreten, nicht die ihrer Partei.

Was nicht heißt, dass ihr verboten ist, politische Ziele und Positionen im Amt zu zeigen und im Rahmen des Rechts durchzusetzen. Dafür wurde sie gewählt.

Es könnte sich der Eindruck verfestigen, die hohen Ämter in Berlin und Hessen seien für Frau Faeser da und nicht Frau Faeser für die Ämter.

Jost Müller-Neuhof

Dennoch sind die Sphären prinzipiell zu trennen. Faktisch, rechtlich, kostenmäßig. Faeser führt sie zusammen, bedenkenfrei und eindrucksvoll offensiv.

Sie füttert ihre Gefolgschaft mit Nachrichten aus und zu ihrem Ministerium ebenso wie zu ihrer Stimmenwerbung in Hessen. Eine bisher einzigartige Vermischung von Aufgaben. Die Regierung braucht endlich Regeln für Social-Media-Accounts – oder sie sollte aussteigen.

Die Selbstgewissheit, mit der sich die Politikerin in ihrer Doppelfunktion präsentiert, wirkt dann besonders befremdlich, wenn diese das nun sichtbare Ergebnis einer Doppelstrategie war: das Ministeramt systematisch zu nutzen, um sich in Hessen bekannt zu machen. Dass Faeser auffällig häufig Dienstreisen in das Bundesland unternommen haben soll, fügt sich ins Bild.

Das alles könnte, abgesehen von der laufenden Prüfung der Twitter-Verwaltung wegen einer möglichen Parteispende, insgesamt als weniger trick- und geistreich wahrgenommen werden, als Politikerin und Partei es sich ausgedacht hatten. Es könnte sich der Eindruck verfestigen, die hohen Ämter in Berlin und Hessen seien für Frau Faeser da und nicht Frau Faeser für die Ämter.

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