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Der britische Premier Johnson stößt mit seinen No-Deal-Plänen in Schottland, Nordirland und Wales auf Widerstand.

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Boris Johnsons No-Deal-Pläne: Dem Premier droht eine Wahlschlappe

Boris Johnson könnte bei einer Nachwahl in Wales mit den Tories eine Niederlage erleiden. Das wäre eine Quittung für seinen Brexit-Kurs. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

So schnell wie Boris Johnson in seinem Amt als Premierminister gestartet ist, so schnell holt ihn auch schon die Wirklichkeit ein. Dabei ist es noch nicht einmal die EU, die den neuen Regierungschef auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Es sind die Menschen im eigenen Land. Es sind diejenigen Bürger, die von England aus betrachtet in der Peripherie leben – in Schottland, Wales und Nordirland. Sie könnten dem Ringen um den Brexit demnächst noch eine ganz eigene Dynamik verleihen.

Schottlands Regierungschefin Sturgeon denkt über einen Plan B nach

Johnson hat vor, Großbritannien notfalls ohne Austrittsvertrag aus der EU zu führen. Der Plan – halb Bluff, halb ernst gemeinte Drohung – würde einigermaßen plausibel wirken, wenn er auch die Unterstützung der Politiker in Schottland, Wales und Nordirland hätte. Johnsons Tour durch das Vereinigte Königreich in den vergangenen Tagen hat aber gezeigt, dass das Gegenteil der Fall ist: In Wales fürchten Landwirte den Wegfall der Hilfszahlungen aus Brüssel. In Nordirland gewinnt die Idee an Boden, ob nicht für den Fall eines No-Deal-Brexit die Vereinigung mit der Republik Irland das Beste wäre. Und in Schottland denkt die Regierungschefin Nicola Sturgeon über einen Plan B nach – in Gestalt einer Wiederholung des Unabhängigkeitsreferendums von 2014.

Schon beim Brexit-Referendum vor drei Jahren waren die Nordiren und in noch größerem Maße die Schotten auf der Seite der EU-Befürworter. Wenn die Briten doch noch einen Weg für einen geordneten Brexit finden könnten, der eine enge Anbindung an die EU beinhalten würde, gäbe es im Vereinigten Königreich eine Chance zur Versöhnung der Gegner und der Befürworter der Europäischen Union. Genau dies will Johnson aber nicht. Er fordert zum 31. Oktober den Brexit „ohne Wenn und Aber“. Damit gefährdet er den Zusammenhalt des Vereinigten Königreichs. Da hilft es ihm auch nichts, wenn er millionenschwere Investitionshilfen verspricht, um die Folgen des EU-Austritts abzufedern.

Der No-Deal-Brexit ist vor allem ein Projekt der "Little-Englander"

Der Widerstand, den Johnsons No-Deal-Plan hervorruft, wirft zudem die Frage auf: Handelt es sich bei dem Vorhaben, notfalls einen harten Brexit in Kauf zu nehmen, letzten Endes um eine fixe Idee der „Little-Englander“? Der neue britische Premier hat sich bei der Zusammenstellung seines Kabinetts und der Berufung von Politikern wie der Innenministerin Priti Patel, die über indische Wurzeln verfügt, zwar um den Eindruck der Weltoffenheit bemüht. Das Erscheinungsbild der Brexiteers prägen aber weiterhin Politiker wie Jacob Rees-Mogg und Mark Francois von der berüchtigten Lobbygruppe „European Research Group“. Sie stehen für das englische Dominanzgehabe, das vielen Menschen in den anderen Landesteilen des Vereinigten Königreichs inzwischen zum Hals heraushängt.

Wahlbündnis zu Gunsten der Liberaldemokraten in Wales

Wie groß der Frust ist, könnte sich schon bei einer Nachwahl zum Unterhaus im walisischen Wahlkreis Brecon und Radnorshire an diesem Donnerstag zeigen. Dort sind pro-europäische Parteien wie die Grünen und die walisische Regionalpartei Plaid Cymru ein Wahlbündnis mit den Liberaldemokraten eingegangen, um den Tories den Parlamentssitz abzujagen. Falls der Plan der Pro-Europäer aufgehen sollte, würde dies die erste Schlappe für Johnson bedeuten. Die Regierungsmehrheit könnte dann auf einen einzigen Sitz zusammenschmelzen – was die Aussichten für Johnsons No-Deal-Strategie weiter verschlechtern würde.

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