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Patienten im Wartezimmer einer Landarztpraxis in Mecklenburg-Vorpommern.

© dpa/Uncredited

„Der Einzelkämpfer-Arzt ist nicht das Zukunftsmodell“: Mehr Netzwerke, weniger Bürokratie – was sich Mediziner wünschen

Eine alternde Bevölkerung, zu wenige Praxen auf dem Land und einen Trend zur Teilzeit: Das Gesundheitswesen steht unter Druck. Eine Umfrage greift die Wünsche von Ärzten auf.

Flexible Jobmodelle, Landarzt-Quoten und Ausbau der Telemedizin – eine aktuelle Trendstudie skizziert die Wünsche aus deutschen Krankenhäusern und Praxen. Der Verein „Gesundheitsstadt Berlin“ befragte in diesem Sommer bundesweit Mediziner und Klinikfunktionäre zur „Zukunft des Arztberufs“, denn eine „älter werdende Bevölkerung bei steigenden Patientenzahlen und dem gleichzeitigen Trend zu Teilzeittätigkeit in der nächsten Generation wird zur Quadratur des Kreises“.

Fast die Hälfte aller Mediziner ist älter als 50 Jahre, von den niedergelassenen Ärzten sind 40 Prozent sogar älter als 60 Jahre, also in wenigen Jahren in Rente. Insbesondere außerhalb der Städte fehlen Praxen – ein Trend, der sich wegen anhaltenden Wegzugs in die Metropolen verstärkt.

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Die Bundesärztekammer warnte in einer „Gesellschaft des langen Lebens“ vor Versorgungsmangel, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) forderte 5.000 zusätzliche Medizin-Studienplätze, sonst werde man die nun in Rente gehende Babyboomer-Generation nicht angemessen behandeln können.

Nebeneinander von Praxisärzten, Kliniken, Therapeuten

Ohne eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen aber, so die Studie, änderten neue Studienplätze wenig: Jüngere wollten ihr Leben nicht mehr der Arbeit unterordnen, jeder vierte angestellte Arzt erwägt schon heute, den Job zu wechseln. Und auch die Risiken eigener Praxen scheuen angehende Mediziner oft.

Wir haben heute 15 verschiedene Möglichkeiten, einen ambulanten Fall im Krankenhaus abzurechnen.

Susanne Johna, Chefin des Marburger Bundes

„Der selbstständige, niedergelassene Arzt als Einzelkämpfer ist nicht das Zukunftsmodell. Die Zukunft gehört größeren regionalen Versorgungseinheiten“, wird Svante Gehring von der Ärztegenossenschaft Nord zitiert. „Ohne bessere Vernetzung kommen wir nicht weiter: Hier ist die Pflege, da ist der Therapeut, dort der Hausarzt, ein kommunales Krankenhaus. Wir haben weder genug Personal noch Ressourcen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen.“

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Deshalb brauche es mehr „Teampraxen“ wie in Schleswig-Holstein, in denen Gesundheitsberufe eng zusammenarbeiteten. Und mehr Telemedizin: „Warum muss der Patient immer in die Praxis kommen, wenn es auch über digitale Videosprechstunden und Portale gehen kann?“

Laumann wirbt für das NRW-Landarzt-Modell

Ähnlich bewertet Susanne Johna, Chefin des Marburger Bundes, die Lage: „Wir können es uns schlichtweg nicht mehr leisten, Dinge doppelt und dreifach zu machen, weil es keine ordentliche Vernetzung gibt.“ Johna, die seit 2019 der Ärztegewerkschaft vorsitzt, fordert „eine erhebliche Vereinfachung“ der Bürokratie: „Wir haben heute 15 verschiedene Möglichkeiten, einen ambulanten Fall im Krankenhaus abzurechnen.“

Für die Studie wurde auch Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann befragt. Der CDU-Politiker bewarb angesichts fehlender Praxen in vielen Gemeinden das NRW-Landarzt-Modell: „Die nach dem Landarztgesetz ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber erhalten eine Studienplatz-Garantie, wenn sie sich verpflichten, nach dem Studium und der einschlägigen Weiterbildung auf dem Land als Hausarzt zehn Jahre lang hausärztlich zu arbeiten.“

Grundsätzlicher sagt Laumann: „Wirtschaftliche Interessen dürfen bei der medizinischen Versorgung nicht im Vordergrund stehen“, finanzielle Fehlanreize, „die zu einer Über- aber auch Unterversorgung führen können“, müssten vermieden werden.

In der für 2024 geplanten Krankenhausreform will Bundesminister Lauterbach die Fallpauschalen, wonach Kliniken pro Diagnose von den Krankenkassen bezahlt werden, um Vorhaltemittel ergänzen: Damit wird das Vorhandensein von Personal und Technik bezahlt, unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall. Der Reformentwurf sieht auch Spezialisierungen der Kliniken vor. Kleinere Krankenhäuser fürchten, dass sie schließen oder fusionieren müssen.

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