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Gewalt in der Partnerschaft, ein reales Problem – wie groß ist es?

© dpa/Jonas Walzberg

Die Wirklichkeit von Umfragen: Passiert es jedem mal, dass er Frauen schlägt?

Eine Studie zur Männergewalt spaltet die Gemüter und ruft den Justizminister auf den Plan. Tatsächliche Folgen dürfte sie kaum haben.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Eine kürzlich veröffentlichte Gewaltstudie verstört viele, auch Justizminister Marco Buschmann (FDP). Rund ein Drittel der jüngeren Männer kann sich demnach vorstellen, die eigene Frau oder Freundin zu schlagen. Es sei „unerträglich, dass eine relevante Zahl junger Menschen Gewalt gegen Frauen für akzeptabel hält“, so Buschmann. „Wir gehen gezielt gegen geschlechtsspezifische Gewalt vor. Dafür verschärfen wir Paragraf 46 Strafgesetzbuch.“

Die Studie „Spannungsfeld Männlichkeit“ der Nichtregierungsorganisation Plan International spaltet die empörten Gemüter. Selten war so schnell so viel über Methoden einer Umfrage und „Rekrutierung“ ihrer Teilnehmer zu erfahren wie hier. Manche Fachleute kritisierten die Studie, andere stützten sie. Manche sahen eigene Befunde bestätigt, andere sagten, sie sage wenig aus.

Die Standpunkte dürften vielfach entlang eigener politischer Linien eingenommen worden sein. Müssen Geschlechterrollen aufgebrochen, muss das Patriarchat überwunden werden? Und falls ja – wie hilft Buschmanns Strafgesetzbuch dabei?

Man ist nie sicher, ob diese Studien Realität abbilden – oder eher Bewusstsein bilden sollen.

Jost Müller-Neuhof

Die „FAZ“ meldet, eine zentrale Frage der Umfrage zur abgestuften Zustimmung laute so: „Ich finde es ok, wenn mir bei einem Streit mit meiner Partnerin gelegentlich die Hand ausrutscht, das passiert doch jedem mal.“ Eine seltsame Frage, die – neben der Legitimität des Vorgangs („passiert doch jedem mal“) zur Prämisse macht, dass der Befragte eine Partnerin hat, die er schlagen könnte. Warum wird nicht gleich danach gefragt? Möglicherweise wäre das Ergebnis: Männer sind friedlich – häusliche Gewalt gibt es nicht mehr. Das wäre freilich Wunschdenken, ohne Bezug zur Realität.

Man ist nie sicher, ob diese Studien Realität abbilden – oder eher Bewusstsein bilden sollen. Sicher ist: Beim Ergebnis handelt es sich weniger um Lebenswirklichkeit als um Antworten auf Fragen. Viele, wenn nicht die meisten Studien dieser Art werden produziert, um Anliegen voranzubringen.

Verboten ist nichts daran. Doch meist lohnen sich die Erkenntnisse nur für die, die sie öffentlichkeitswirksam verwenden können. Wie Buschmann mit seiner Änderung von Paragraf 46 Strafgesetzbuch, mit der der Minister die gesetzlichen Strafzumessungsgründe um das Merkmal „geschlechtsspezifisch“ erweitern will. Fachleute sagen, das bringe nichts. Aber es braucht nur noch ein paar Studien, dann sind sie widerlegt.

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