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Studien zufolge zocken 58 Prozent der Deutschen.

© REUTERS/JANA RODENBUSCH

Droht den Zockern der K.o.?: Die Ampel will der Gamingbranche die Mittel streichen

Deutschland ist der fünftgrößte Markt für Computerspiele und hat mit der Gamescom die wichtigste Fachmesse der Welt. Doch die Branche fürchtet, den Anschluss zu verlieren.

Das Video ist bunt, schnell geschnitten und voller Effekte. „Der deutsche Gamesmarkt ist der größte in Europa“, sagt eine Stimme, während zwei animierte Armeen aufeinander zulaufen. Fast zwei Minuten werden Innovationen, Vielfalt und Wert von Computerspielen in dem Video des Bundeswirtschaftsministeriums beworben. Stolz werden auch die eigenen Förderungen erwähnt: „Ziel ist es, die Branche auf das nächste Level zu bringen.“ In Zukunft sollten weltweit mehr Spiele aus Deutschland gespielt werden.

Die Ampel schmückt sich gerne mit der Gamesbranche hierzulande. Finanzminister Christian Lindner (FDP) war zuletzt Gastredner beim Sommerfest des Branchenverbands Games, der Eröffnung der weltweit größten Computerspielmesse Gamescom in Köln am Mittwochabend wollte Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) mit zwei Staatssekretären und freundlichem Grußwort beiwohnen.

Doch wenn es ums Geld geht, scheint die Ampel deutlich weniger Interesse an der Gamingbranche zu haben. Schon im vergangenen Jahr wurde ein Förderungsstopp erst nach Intervention der FDP aufgehoben, doch im aktuellen Haushaltsentwurf werden die Mittel von 70 auf nur noch 48,7 Millionen Euro zusammengestrichen.

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Milliarden Euro Umsatz werden in Deutschland pro Jahr mit Computerspielen gemacht.

„Aufmerksamkeit heißt leider nicht gleich Unterstützung“, sagt Felix Falk, Geschäftsführer des Game-Verbandes. Er fürchtet um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche, denn die Gaming-Industrie hat sich längst zum lukrativen Wirtschaftszweig entwickelt. Mehr als 900 Unternehmen mit über 12.000 Mitarbeitern gibt es allein in Deutschland. Rund zehn Milliarden Euro Umsatz machen Computerspiele hierzulande. „Es bleiben aber nur weniger als fünf Prozent im Land“, sagt Falk.

Felix Falk, Geschäftsführer des Game-Verbandes.
Felix Falk, Geschäftsführer des Game-Verbandes.

© Dirk Mathesius

Denn in Deutschland sind die Produktionskosten im internationalen Vergleich relativ hoch. Hinzu kommt, dass Länder wie Kanada, Frankreich oder England den Wert der Gamingbranche früher erkannt haben und deutlich stärker fördern. „Die Ampel muss nun beweisen, dass sie es ernst meint mit einer dauerhaften Unterstützung“, sagt Falk. Aktuell sei die Produktion in München 30 Prozent teurer als beispielsweise in Paris.

Dabei weist Falk auf den Wert der Branche hin: „Die Wertschöpfung der Zukunft ist digital“, sagt er. In der Gaming-Industrie würden Künstliche Intelligenz, 3D-Techniken oder virtuelle Realitäten seit Jahrzehnten erprobt und entwickelt. Vom Know-how der Spiele könnten auch andere Branchen profitieren.

Und auch kulturell mache es bei rund drei Milliarden Spielern weltweit einen Unterschied, ob Spiele in Deutschland entwickelt würden. Für Falk ist klar, dass Computerspiele längst eines, wenn nicht das wichtigste Medium sind: „Wenn Goethe heute leben würde, bin ich mir sicher, dass er nicht Bücher schreiben, sondern Games entwickeln würde.“

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Ähnlich sieht es Sebastian Möring, der sich als Koordinator des Zentrums für Computerspielforschung an der Universität Potsdam seit vielen Jahren geisteswissenschaftlich mit Games beschäftigt. „Ich kenne kaum ein Land, das so lange gebraucht hat, den kulturellen Wert von Computerspielen zu erkennen“, sagt Möring, der bereits vor 15 Jahren in Dänemark im Bereich Game Studies promoviert hat. Computerspiele seien wie Bücher oder Filme ein Medium, das einen Zugang zur Welt verschaffe – nur, dass mit Games inzwischen mehr Geld verdient werde als mit Filmen.

Auch Möring sieht Handlungsbedarf: „Anders als bei den Brettspielen genießen deutsche Games keine vergleichbare weltweite Bekanntheit“, sagt er. Er rät der Politik zu mehr Offenheit. „Es macht einen Unterschied, ob wir Spiele in Asien oder Deutschland entwickeln – vom technologischen Aspekt, aber auch vom kulturellen.“

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