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Freundschaftlicher Machtkampf: Bernie Sanders mit Barack Obama im Weißen Haus.

© dpa

Einheit der US-Demokraten: Bernie Sanders bewegt sich einen Mund breit

Nach der Audienz bei Präsident Obama gibt Hillary Clintons Rivale noch nicht auf. Aber er macht Andeutungen, dass es bald soweit ist. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Am Ende der Vorwahl-Saison hat sich die Tür zum Weißen Haus für Bernie Sanders geöffnet - freilich nicht als potenzieller Hausherr 2017, sondern als Gast des aktuellen Präsidenten Barack Obama. Die Bilder von ihrem gemeinsamen Gang durch die Kollonaden des Rosengartens zeigen zwei freundlich plaudernde Männer, die sich kumpelhaft auf den Rücken schlagen.

Machtpoker unter Freunden

Was da tatsächlich vor sich ging, war ein knallharter Machtpoker. Den muss man nicht mit wutverzerrter Miene und Machogehabe wie Donald Trump austragen. Es geht auch zivilisiert. Obama - und generell nahezu die ganze Demokratische Partei - möchte, dass Sanders seine Niederlage in der Kandidatenkür eingesteht und seine Anhänger auffordert, Hillary Clinton zu unterstützen, damit alle gemeinsam in den Kampf gegen Donald Trump ziehen.

Sanders sträubt sich noch, aber das Einlenken kündigte sich bereits an, als er nach 35 Minuten Audienz bei Obama aus dem Weißen Haus und vor die wartenden Kamerateams trat. Er werde sich schon bald mit Hillary treffen, um darüber zu sprechen, "wie wir zusammen arbeiten können, um Donald Trump zu besiegen". Und: "Ich werde alles tun, damit Trump nicht Präsident wird!" Er hat sich sozusagen einen Mund breit auf die nicht mehr lange vermeidbare Aussage zubewegt, dass er Clinton als Siegerin anerkennt und als Kandidatin unterstützt.

Noch hält er an einigen störrischen Redewendungen fest. Er gratuliert ihr nicht zum "Sieg", sondern nur zu einem "großartigen Wahlkampf". Er bekräftigt, dass er den Kampf seiner Millionen Fans weiterführen werde, dass der ökonomische Aufschwung "nicht nur dem obersten ein Prozent" der Gesellschaft zugute kommen dürfe, dass die Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung fairer werden müsse. Und er betont, dass nächsten Dienstag noch eine Vorwahl warte - im Hauptstadtdistrikt Washington D.C. - und er dort als ernsthafter Bewerber antritt. Schließlich hat auch Hillary Clinton die für die Nominierung nötigen Delegierten nicht aus den Vorwahlen allein gewonnen. Aus dieser Zählung hat sie 2203, er 1828 Delegierte. Die nötigen 2382 erreicht sie erst dank der 577 "Superdelegierten", die sich für sie erklärt haben. Aber die werden sich nicht mehr von ihr abwenden.

Obama: Ich bin auf Hillarys Seite

Obama hat nicht nur nett mit Sanders geplaudert, hat ihm nicht nur die Ehre des Besuchs im Oval Office erwiesen, um ihn einen Abgang mit hoch erhobenem Kopf zu ermöglichen. Er hat ihm auch gesagt, was nun folgt und dass die Trümpfe, die Sanders noch in Händen hält, mit jedem weiteren Tag an Wert verlieren. Nur wenig später erklärt Obama ganz offiziell, dass er Clinton unterstützt. "Ich bin auf ihrer Seite." Sie sei "die am besten vorbereitet Anwärterin" auf das höchste Amt. Und: "Ich bin heiß darauf, mit ihr Wahlkampf zu machen." Diese Parteinahme war schon lange zu erwarten. Nur durfte Obama es nicht aussprechen, bevor das Rennen endgültig entschieden ist. Das hätten viele in der Partei als unzulässig empfunden.

Was will - und was kann - Sanders mit seinem Zögern noch erreichen? Einige inhaltliche Zugeständnisse. Clinton soll Sanders-Positionen in ihre Wahlprogramm übernehmen. Mehr Fürsorge für die Armen. Strengere Regeln für Banker und andere Begüterte. Größere Distanz zu Israel. Und: Er verlangt einen prominenten Platz als Redner auf dem Parteitag. Vizepräsidentschaftskandidat wird er nicht. Im besten Fall ringt er Clinton noch ab, dass sie die eine oder den anderen Vertreter des linken Flügels in ihr Kabinett aufzunehmen verspricht.

Sanders Trümpfe verlieren nun täglich an Wert

Damit er etwas bekommt, muss er auch etwas geben: Und das ist in allererster Linie ein rasches Einlenken, deutlich vor dem Parteitag - damit Clinton sich endlich daran machen kann, die Partei zu einen und auf den gemeinsamen Kampf gegen Trump einzuschwören. Jeder Tag, den er zögert, ist ein Tag, an dem die öffentliche Meinung sich mehr gegen ihn wendet. Und seine Karten im Poker an Wert verlieren.

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