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© dpa

Energiepolitik: Band der Freundschaft

Türkei und Griechenland eröffnen eine gemeinsame Gaspipeline. Die EU hofft auf eine größere Unabhänigkeit von Russland durch die neue Rohrleitung - doch Moskau kauft schon Vorräte weg.

Die Erdgasnetze Griechenlands und der Türkei sind seit Sonntag miteinander verbunden. Die Ministerpräsidenten beider Länder, Kostas Karamanlis und Recep Tayyip Erdogan, eröffneten am Grenzfluss Evros (türkisch Meric) die 285 Kilometer lange Rohrleitung, die vom türkischen Bursa unter dem Marmarameer hindurch zum griechischen Komotini führt. Die Verbindung ist Teil des südeuropäischen Gasrings, der bis 2012 über Griechenland unter der Adria bis nach Italien verlängert werden soll. Sie soll erstmals Erdgas aus der Region um das Kaspische Meer unter Umgehung Russlands nach Westeuropa bringen, das damit seine Abhängigkeit von russischen Energielieferungen reduzieren könnte. Die EU fördert das Projekt daher. Für das 87 Kilometer lange griechische Teilstück übernahm sie 43,5 Millionen der insgesamt auf knapp 80 Millionen Euro bezifferten Baukosten. Die USA, die sich ebenfalls Grenzen der EU-Abhängigkeit von Russland wünschen, schickten ihren Energieminister zur Eröffnung.

Der jetzt eröffnete „Interconnector Turkey-Greece“ (ITG), wie das Projekt in Fachkreisen heißt, kann auch als ein Indiz für die politische Annäherung der beiden „Erbfeinde“ Griechenland und Türkei gelten. Obwohl die bilateralen Konflikte wie die Zypernfrage oder der Streit um Öl- und Gasvorkommen in der Ägäis weiterhin ungelöst sind, hat sich das Klima zwischen beiden Ländern in den vergangenen sieben Jahren spürbar entspannt. Die Furcht, durch die Pipeline bei den Gaslieferungen von der Türkei abhängig zu werden, gibt es zumindest bei der griechischen Regierung nicht. Denn schließlich handelt es sich um ein europäisches Projekt – würde die Türkei den Griechen das Gas abdrehen, wären auch die Italiener und weitere Abnehmer in Westeuropa betroffen. Das, so kalkuliert man in Athen, könnte sich die Türkei nicht erlauben. Der griechische Premier Karamanlis unterstrich denn auch bei der Einweihung , Griechenland unterstütze die EU-Perspektive der Türkei.

Griechenland bekommt durch die neue Pipeline wachsende Bedeutung als Energiekorridor. Ab 2012 sollen jährlich rund 11,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus den Fördergebieten am Kaspischen Meer nach Griechenland gepumpt werden. Davon wollen die Griechen etwa acht Milliarden Kubikmeter nach Italien exportieren. Vorgesehen ist auch, Albanien, Mazedonien und Bulgarien mit Gas aus der neuen Pipeline zu beliefern. Noch schweben aber einige Fragezeichen über dem Projekt. Ob die geplante Kapazität von 11,5 Milliarden Kubikmetern jemals erreicht wird, ist ungewiss. Als Lieferanten für das Erdgas kommen vor allem Aserbaidschan und Turkmenistan infrage. Zwar kam der aserbaidschanische Präsident Ilcham Alijew zur Eröffnungszeremonie eigens an die griechisch-türkische Grenze.

Langfristige Lieferverträge haben die Pipeline-Betreiber aber bisher weder mit Aserbaidschan noch mit Turkmenistan unterschreiben können. Russland setzt, wie auch im Fall der geplanten Nabucco-Erdgaspipeline, alles daran, dieses Projekt zu torpedieren, um seine marktbeherrschende Stellung bei der Erdgasversorgung Westeuropas zu verteidigen. Den Bau der Rohrleitungen kann Moskau zwar nicht verhindern. Systematisch versucht der russische Staatskonzern Gazprom aber, den Europäern das Gas am Kaspischen Meer wegzukaufen. So wird die turkmenische Staatsgesellschaft Turkmengaz ab 2009 rund 80 Milliarden Kubikmeter Erdgas nach Russland liefern. Das dürfte annähernd der gesamten Fördermenge entsprechen. Auch mit der kasachischen Kaztransgaz hat Gazprom ein Exportabkommen geschlossen.

Wie wenig man in Moskau von solchen Projekten hält, unterstrich kürzlich Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der jetzt Aufsichtsratschef der Nord Stream AG ist, die die Ostseepipeline bauen will. Vehement wandte sich Schröder im September bei einer Rede in Österreich gegen die Nabucco-Pipeline, die ab 2012 Erdgas aus dem kaspischen Raum und dem Iran unter Umgehung Russlands über die Türkei und den Balkan nach Österreich bringen soll. Schröder meinte, Russland sei ein verlässlicherer Lieferant als Iran.

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