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Mehrere hundert kurdische Demonstranten ziehen am Freitag in einer spontanen Kundgebung durch die Innenstadt von Frankfurt am Main (Hessen) und demonstrieren gegen die Politik des türkischen Staatschefs Erdogan.

© dpa

Erdogan gegen Oppositionspolitiker: Festnahmen belasten Beziehungen der Türkei zum Westen zusätzlich

Ein schwieriges Verhältnis wird noch steiniger: Nicht erst seit dem neuesten Vorgehen der türkischen Regierung sind die Beziehungen zwischen Ankara und dem Westen schwierig.

Sorgen, Warnungen, Appelle – das Vorgehen der türkischen Regierung gegen die Medien und die Opposition bestimmt nicht erst seit der Festnahme der kurdischen Abgeordneten am Freitag die Beziehungen zwischen Ankara und den traditionellen Partnern im Westen. Viel Einfluss auf Erdogan haben Europäer und Amerikaner aber nicht mehr.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz fuhr am Freitag große Geschütze auf und kritisierte nach den jüngsten Festnahmen, die „Grundlage für nachhaltige Beziehungen zwischen der EU und der Türkei“ sei ins Wanken geraten. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach von einem Angriff auf den Wählerwillen und von einer Abkehr von fundamentalen Prinzipien der Demokratie. In früheren Jahren des türkischen EU-Strebens wären solche Demarchen den Politikern in Ankara in die Glieder gefahren. Heutzutage tut die Regierung die Protestnoten aus dem Westen als folgenloses Geschwätz ab.

Mehrere Gründe haben dazu beigetragen, die Wirkung westlicher Kritik in der Türkei abzuschwächen. Jahrelang signalisierte die EU mit ihrem Zögern in der türkischen Beitrittsfrage, dass das muslimische Land ohnehin keine Chance auf Mitgliedschaft habe. Gleichzeitig entwickelte Erdogans Regierung ein neues Rollenverständnis des Landes, das sich heute zu allererst als eigenständige Regionalmacht begreift, nicht mehr als Teil westlicher Bündnisse. Die Bedeutung der Türkei in der Flüchtlingsfrage und im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) in den Nachbarländern Irak und Syrien hat die türkische Führung weiter in der Ansicht bestärkt, dass Europa und die USA die Türkei dringender brauchen als umgekehrt.

Auch nach dem von Erdogan angestrebten Übergang zu einem Präsidialsystem dürfte sich daran nicht viel ändern. Eine Unterordnung der Erdogan-Türkei unter die Aufsicht der Brüsseler Kommission ist schlicht undenkbar. In den USA beginnt nun eine neue Debatte darüber, ob die Türkei in ihrem heutigen Zustand noch Mitglied der NATO bleiben kann.

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