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Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine

© Imago/Nicolas Maeterlinck

Update

Bundeskanzler hat andere Sichtweise: Selenskyj sieht Verhältnis mit Deutschland und Scholz in „schwieriger Phase“

Der ukrainische Präsident klagt in einem Interview über das aus seiner Sicht schwierige Verhältnis zum deutschen Regierungschef, es sei „ein Auf und Ab“. Der Kanzler sieht das anders.

| Update:

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat das Zögern von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Debatte um Panzerlieferungen scharf kritisiert. „Ich muss Druck machen, der Ukraine zu helfen und ihn ständig überzeugen, dass diese Hilfe nicht für uns ist, sondern für die Europäer“, sagte der Präsident dem „Spiegel“.

Selenskyj hob zwar positiv hervor, dass Deutschland seinem Land IRIS-T-Flugabwehrsysteme lieferte und dass Scholz es erreicht habe, die Produktion der dringend benötigten Raketen zu beschleunigen, fügte allerdings hinzu: „Nur jetzt sind wir mit dieser Debatte über die deutschen Panzer wieder in einer schwierigen Phase, das ist emotional und komplex.“

Die Ukraine hatte seit Monaten an die Bundesregierung appelliert, moderne Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen. Scholz sagte Ende Januar 14 Leopard-2-Panzer aus Bundeswehrbeständen zu. Außerdem genehmigte die Bundesregierung die Lieferung von 178 Leopard-1-Panzern aus Beständen der Industrie.

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Im Verhältnis zu Deutschland gebe es „ein Auf und Ab“, sagte Selenskyj. „Zu Beginn war es sehr schwierig für mich, die Temperamente sind da recht unterschiedlich.“ Er sei von Natur aus „ein schneller Mensch“, betonte der ukrainische Staatschef. „Andere sind langsamer, was auch an deren Bürokratie liegen mag.“

Die Ukraine habe aber keine Zeit zu verlieren, jede Sekunde gehe es um Menschenleben. „Auf einmal aber änderte sich diese konservative Haltung und ich erhielt Unterstützung vom Bundeskanzler.“

Scholz hat andere Sichtweise

Ebenjener Kanzler wollte am Abend nach Veröffentlichung des Selenskyj-Interviews von derlei Differenzen nichts wissen. Aus seiner Sicht habe es in den vergangenen Monaten keine schwierigen Debatten gegeben, sagte Scholz in der Nacht zum Freitag.

Der deutsche Regierungschef betonte zudem, dass sich der ukrainische Präsident während des EU-Gipfels in Brüssel „noch einmal sehr ausdrücklich“ für den deutschen Beitrag bedankt habe, auch bei ihm persönlich.

Selenskyj und Scholz bei einem Treffen mit Frankreichs Präsident Macron am 8. Februar in Paris.
Selenskyj und Scholz bei einem Treffen mit Frankreichs Präsident Macron am 8. Februar in Paris.

© picture alliance/ABACAPRESS.COM/Witt Jacques

Darüber hinaus beschrieb Scholz die Zusammenkunft mit Selenskyj beim EU-Gipfel am Donnerstag als einen außerordentlich emotionalen Moment. „Die persönliche Teilnahme an diesem Europäischen Rat hat alle, die ich dort versammelt gesehen habe, sehr bewegt“, sagte der SPD-Politiker nach Gipfelende.

Demnach sei es besonders, dass Selenskyj kurz vor dem Jahrestag des Kriegsbeginns selbst in Brüssel erschienen sei. „Und es ist zugleich auch ein Symbol des Widerstandswillens der Ukrainerinnen und Ukrainer und ein starkes Zeichen dafür, dass die Europäische Union und die Ukraine zusammenstehen“, fügte Scholz hinzu. Alle in der Ukraine könnten sich darauf verlassen, dass man die Ukrainer „solange wie das notwendig ist“ unterstützen werde.

Auf seiner Europareise ließ Selenskyj Berlin aus

Auf seiner Europareise hatte der ukrainische Präsident London, Paris und Brüssel besucht, aber nicht Berlin. Auch das kann als Zeichen dafür gewertet werden, dass das Verhältnis zu Deutschland in Kiew als schwieriger betrachtet wird. Am Mittwochabend war Selenskyj in der französischen Hauptstadt Paris mit Scholz und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zusammengetroffen. Macron versprach erneut, sein Land werde die Ukraine „bis zum Sieg“ unterstützen. Scholz verzichtete dagegen auf eine entsprechende Formulierung.

Die Militärhilfe für die Ukraine müsse weiter gemeinsam entschieden werden, betonte Scholz. Deutschland sei mittlerweile das Land, das sowohl bei der zivilen als auch militärischen Hilfe am meisten für die Ukraine leiste.

Selenskyj warb beim EU-Gipfel in Brüssel dafür, dass die EU-Staaten Kampfflugzeuge an die Ukraine liefern. Zugleich bedankte er sich bei den Staats- und Regierungschefs für die bisher geleistete Hilfe.

Deutschland lehnt eine Lieferung von Kampfjets bisher ab. Im Europäischen Parlament, das den ukrainischen Präsidenten mit stehenden Ovationen empfing, erwähnte er das Thema Kampfflugzeuge dagegen nicht. (mit dpa)

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