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Israel und Grüne enttäuscht: Keine Nachzahlung bei Ghetto-Renten

Israel und Grünen-Abgeordneter Volker Beck zeigen sich enttäuscht vom Bundestagsvotum gegen eine Nachzahlung von Ghetto-Renten.

Fassungslosigkeit, große Enttäuschung, Wut – die Entscheidung des Bundestags, 20000 ehemaligen jüdischen Ghetto-Arbeitern keine Rente nachzuzahlen, hat viel Unmut hervorgerufen. Das Abstimmungsergebnis vom Donnerstagabend sei zynisch, kleinlich und verantwortungslos, heißt es bei den Überlebenden des Naziterrors, jüdischen Organisationen und Politikern wie Volker Beck. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion gehört zu den treibenden Kräften, die mithilfe einer Gesetzesänderung die zumeist betagten Opfer wenigstens im kleinen Rahmen finanziell unterstützen wollten. Doch entsprechende Anträge der Opposition scheiterten im Parlament an der schwarzgelben Mehrheit. „Man muss sich für diese Regierung schämen“, sagt Volker Beck. Worum geht der Streit? 2002 hatte der Bundestag Menschen, die sich im Ghetto zur Arbeit gemeldet hatten, rückwirkend zum Jahr 1997 einen Anspruch auf Rente zugestanden. Doch die etwa 70000 Anträge wurden von den Versicherungsträgern restriktiv ausgelegt. Deshalb erhielten nur sehr wenige Berechtigte Geld. Die Behörden bestritten schlicht, dass „freiwillig“ gearbeitet und dafür auch ein „Entgelt“ gezahlt wurde, wie es im Gesetz vorgeschrieben ist. 2009 bereitete das Bundessozialgericht dieser bürokratischen Praxis ein Ende und forderte, die Voraussetzungen großzügiger zu handhaben. Abgelehnte Anträge mussten erneut überprüft werden. Doch der Erfolg zahlte sich für die Betroffenen nicht aus. Die Rentenversicherung bewilligte zwar in knapp 50000 Fällen Geld – in der Regel monatlich zwischen 100 und 200 Euro –, aber nur vier Jahre rückwirkend, also ab 2005. Man berief sich dabei auf eine Klausel im Sozialgesetzbuch.

Zwar genehmigte das Bundessozialgericht vor einem Jahr dieses Vorgehen. Es steht allerdings im klaren Widerspruch zum 2002 formulierten Willen aller Fraktionen. Grüne, SPD und Linkspartei wollten dies mit ihren Anträgen im Bundestag ändern, vergeblich. Nicht nur der Zentralrat der Juden in Deutschland und das American Jewish Committee sind enttäuscht. Auch Israel hatte nach jahrelangen, diskret geführten Gesprächen fest damit gerechnet, dass eine Lösung für die Ghettorenten gefunden wird. In Jerusalem gibt man trotzdem die Hoffnung nicht auf, dass dies in absehbarer Zeit noch der Fall sein könnte. Auch Beck will nicht locker lassen.

Der Grüne fordert die Bundesregierung auf, sich umgehend mit dem Zentralrat und Vertretern Israels an einen Tisch zu setzen. Bei der Union herrscht nach dem Bundestagsvotum „Unwohlsein“. In der Fraktion soll daher womöglich erneut über die Ghettorenten geredet werden. Dann dürfte wohl auch das CDU-geführte Arbeitsministerium ein Thema sein. Denn die Abgeordneten fühlen sich dem Vernehmen nach übergangen. Oft habe man nachgefragt, ob es nicht eine Möglichkeit gebe, dieses „Stück Ungerechtigkeit“ zu beseitigen. Nein, sei die Antwort gewesen. Dann habe das Ministerium plötzlich doch Vorschläge gemacht. Offenkundig zu spät. Für den Grünen Beck steht jedoch fest: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

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