zum Hauptinhalt

Liberale Steuerpläne: Böhmer warnt FDP vor griechischen Verhältnissen

Wegen der Wirtschaftskrise wird die Bundesregierung in diesem Jahr so viele Kredite aufnehmen wie noch nie: mehr als 80 Milliarden Euro. Gleichzeitig will die FDP Steuern senken. Grundsätzlich hat Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Böhmer nichts dagegen - wenn es nicht auf Kosten der sozial Schwachen geht. Er fürchtet Massenproteste.

Von

Berlin - Angesichts der für 2010 geplanten Rekordverschuldung des Bundes in Höhe von 80 Milliarden Euro hat Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) vor raschen Steuersenkungen gewarnt. Über weitere umfangreiche Entlastungen könne man „nur dann“ sprechen, wenn die Steuereinnahmen wieder das Niveau des Jahres 2008 erreicht hätten, erklärte Böhmer in einem Interview mit dem Tagesspiegel. Der Bund hatte 2008 rund 240 Milliarden Euro Steuern eingenommen, in diesem Jahr werden es aller Voraussicht nach rund 30 Milliarden Euro weniger sein. Noch dramatischer ist die Lage wegen der Wirtschaftskrise in Bundesländern und Kommunen.

Wegen der Wirtschaftskrise wird die Bundesregierung in diesem Jahr so viele Kredite aufnehmen wie noch nie. Der Haushaltsausschuss des Bundestags beschloss in der Nacht zum Freitag eine Neuverschuldung von 80,2 Milliarden Euro. Das sind 5,6 Milliarden Euro weniger, als Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ursprünglich veranschlagt hatte.

Böhmer erklärte, sein Bundesland werde weiteren Steuersenkungen im Bundesrat nicht zustimmen, wenn diese überwiegend durch Einsparungen finanziert werden müssten. „Sinken die Steuereinnahmen durch Bundesgesetze zu rasch, dann müssen Bund, Länder und Kommunen massiv Ausgaben im Sozialbereich kürzen.“ Was das bedeute, lasse sich derzeit in Athen besichtigen. „Griechische Verhältnisse – das kann auch die FDP nicht wollen“, mahnte Böhmer.

Die Liberalen drängen innerhalb der schwarz-gelben Koalition darauf, die Steuern bereits ab 2011 um weitere 19 Milliarden Euro jährlich zu senken. Noch vor der Landtagswahl in Nordrhein Westfalen will der kleine Koalitionspartner konkrete Pläne für eine Steuerstrukturreform vorlegen und Sparvorschläge machen. Böhmer sagte dazu: „Kein einzelner Partner kann Lösungen gegen den Willen der anderen erzwingen.“

Mit Blick auf den Ansehensverlust des schwarz-gelben Regierungsbündnisses in der Bevölkerung mahnte der CDU-Politiker die Koalitionspartner zu mehr Disziplin. „Man muss sich hinsetzen und darauf verständigen, dass man Probleme zu lösen hat und nicht fürs Schaulaufen gewählt worden ist“, sagte Böhmer. Der Ministerpräsident erklärte den Dauerstreit der Koalition damit, dass die Partner in dem Koalitionsvertrag „die eigentlichen Kernprobleme nicht geklärt, sondern mit geschickten Formulierungen überdeckt“ hätten. Nun würden über die Medien „nachholende Koalitionsverhandlungen“ geführt. Dies schade allen Beteiligten.

Nach einer Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der ARD sind 72 Prozent der Deutschen mit der Arbeit der schwarz-gelben Koalition unzufrieden. Acht von zehn Befragten glauben, dass der Regierung ein klares Konzept fehlt. 62 Prozent bezweifeln, dass Union und FDP zueinander passen. 85 Prozent der Befragten erklärten, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse die Richtung der Bundesregierung klarer vorgeben.

Bei einem Treffen mit den Spitzen der deutschen Wirtschaft warb Merkel am Freitag um Verständnis für die Regierung. Die zuvor von der Wirtschaft geäußerte Kritik an der schwarz-gelben Koalition bezeichnete die Kanzlerin als „Ansporn“. Laut einem Bericht von „Handelsblatt Online“ wollen Merkel und die Ministerpräsidenten der Union ihre Strategie ändern und geplante Reformen nun schneller vorantreiben. Es solle weniger Rücksicht auf die Wahl in Nordrhein-Westfalen genommen werden. Dies sei am Donnerstagabend bei einem Kamingespräch in Berlin verabredet worden, hieß es unter Berufung auf Teilnehmerkreise.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false