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Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), hier bei einem Auftritt  im Rahmen des Sparkassentags Anfang Juni in Hannover.

© Imago/Photothek/Xander Heinl

Exklusiv

Lindner-Grußwort für die BBBank: Kein Korruptionsverdacht – aber warum nicht?

Die Vorermittlungen gegen Finanzminister Lindner wurden eingestellt, doch die Berliner Generalstaatsanwältin muss ihre Gründe dafür erklären. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht entschieden.

Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers muss Auskünfte zu Hintergründen ihres Prüfverfahrens gegen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erteilen. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht nach einer presserechtlichen Eilklage des Tagesspiegels entschieden (Az.: VG 27 L 49/23).

Dabei muss auch geklärt werden, ob und wie Lindner während des Verfahrens mit der Justiz kooperierte. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, die Generalstaatsanwaltschaft kann eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegen.

Die Korruptionsabteilung der Behörde hatte geprüft, ob gegen Lindner der Anfangsverdacht einer strafbaren Vorteilsannahme besteht. Anlass für die Vorermittlungen war ein Video-Grußwort des Ministers für die Karlsruher BBBank, die Lindner seinen privaten Hauskauf in Berlin finanziert.

Lindner hatte für das Kreditinstitut zunächst eine Grundschuld von 2,35 Millionen Euro eintragen lassen und die Summe nur wenige Wochen nach dem im Mai 2022 an die BBBank übersandten Video-Grußwort auf 2,8 Millionen erhöht. Nachdem der „Spiegel“ den Vorgang einige Monate später öffentlich machte, prüfte die Generalstaatsanwaltschaft den Fall, jedoch ohne förmliche Ermittlungen aufzunehmen.

Die Recherche (. . .) zu den vom Bundesfinanzminister möglicherweise unternommenen Schritten mit Blick auf die bekanntgewordenen Vorwürfe kann ein gesteigertes öffentliches Interesse beanspruchen.

Das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Beschluss

Hinweise auf strafbares Verhalten hätten sich keine ergeben, hieß es in einer Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft Ende Januar. Der Kredit an Lindner sei richtlinienkonform gewesen, wie „mit einer hier bekanntgewordenen Prüfung des Kreditengagements durch den für die BBBank zuständigen Prüfungsverband“ bestätigt werde. An das Darlehen der BBBank sei laut Behörde nicht „die Erwartung der Einflussnahme auf künftige und/oder die Honorierung vergangener Dienstausübungen geknüpft gewesen“.

Lindners Kredit sei in Ordnung, bestätigte ein Banken-Prüfverband

Nachfragen zu den tatsächlichen und juristischen Feststellungen im neunseitigen Ergebnispapier verweigerte die Generalstaatsanwältin ebenso wie Angaben zu einer möglichen Kooperation der Justiz mit Lindner und Einzelheiten zur externen Untersuchung des Kredits durch einen Prüfverband für Genossenschaftsbanken.

Nach Koppers Ansicht habe die Behörde zum Schutz von Lindners Persönlichkeitsrechten alles zu unterlassen, was diesen „weiterhin dem Verdacht, eine Straftat begangen zu haben, aussetzen könnte“. Dies gelte umso mehr, als die bisherige mediale Berichterstattung geeignet gewesen sein soll, „Fehlvorstellungen in der Öffentlichkeit zu wecken“. Selbst an und für sich harmlose Informationen könnten den Betroffenen allein aufgrund der Erwähnung ihrer Herkunft „Generalstaatsanwaltschaft“ in ein schlechtes Bild setzen.

Das Verwaltungsgericht trat dieser Ansicht jetzt mit deutlichen Worten entgegen: Koppers’ Argumentation bleibe „substanzlos“ und ohne erkennbaren Bezug zum konkreten Fall. Hinsichtlich der meisten Auskunftsanträge liege ein Zusammenhang mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Lindners „nicht auf der Hand“, hieß es – ein Eingriff in diese Rechte schon gar nicht. Zudem verwies das Gericht auf Lindners Prominenz und Koppers eigene Pressemitteilung zum Ende des Verfahrens. Daraus folge „nicht ohne Weiteres ein Recht des Betroffenen, von der Presse in Ruhe gelassen zu werden“.

Die Kammer betonte ausdrücklich den Eilbedarf: Die Recherche des Tagesspiegels zu den wesentlichen Erwägungen der Vorprüfung und den vom Bundesfinanzminister möglicherweise unternommenen Schritten mit Blick auf die bekanntgewordenen Vorwürfe könne ein „gesteigertes öffentliches Interesse“ beanspruchen. Das Thema sei „von hoher Aktualität“.

Die Vorprüfung der Staatsanwaltschaft war im Januar ebenfalls nach eine Recherche des Tagesspiegels bei der Generalstaatsanwaltschaft bekannt geworden. Die FDP hatte Koppers damals Rechtsbruch vorgeworfen, weil die Behörde journalistische Anfragen dazu seinerzeit noch beantwortete.

Der FDP-Abgeordnete und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki hatte Koppers Auskünfte über die Vorprüfung damals als „politische Charakterlosigkeit und eine erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung sondergleichen“ kritisiert und vom Berliner Senat gefordert, die Behördenchefin zu entlassen.

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