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Björn Höcke  (l) , Vorsitzender der AfD Thüringen und Tino Chrupalla, AfD-Bundesvorsitzender (r) gratulieren dem Wahlsieger des Thüringer Kreis Sonneberg, Robert Sesselmann (AfD, M) im Garten eines Restaurant.

© dpa/Martin Schutt

Nach der Landratswahl in Sonneberg: Wo nun weitere AfD-Wahlerfolge möglich sind

Vor allem in Ostdeutschland könnte die Partei bald weitere Bürgermeister stellen. Auch bei einigen Landtagswahlen stehen ihr Erfolge bevor. Ein Überblick.

Nach dem AfD-Wahlerfolg bei den Landratswahlen in Sonneberg steht auch in anderen Landkreisen und Städten ein möglicher Sieg der Partei bevor. Schon jetzt blicken die etablierten Parteien außerdem auf die Landtagswahlen im nächsten Jahr in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, wo die AfD ebenfalls reüssieren, gar stärkste Partei werden könnte.

Drei Orte, in denen die AfD bald regieren könnte

Die nächste Landratswahl in Brandenburg findet in rund drei Monaten statt, am 8. Oktober im Landkreis Dahme-Spreewald. Im benachbarten Oder-Spree-Kreis wurde es Mitte Mai dieses Jahres bereits knapp, als der AfD-Kandidat Rainer Galla in der Stichwahl zum Landratsamt mit 47,6 Prozent der Stimmen nur knapp seinem Kontrahenten Frank Steffen von der SPD unterlag.

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In Dahme-Spreewald sitzt die AfD aktuell als zweitstärkste Kraft im Kreistag. Bei der Europawahl 2019 lag sie mit 20,7 Prozent der Stimmen sogar vorne, im selben Jahr auch im Landtagswahlkreis Dahme-Spreewald III, wo der Kandidat Hans-Christoph Berndt mit 28,9 Prozent das Direktmandat holte. Berndt ist seit 2020 AfD-Fraktionsvorsitzender im Landtag und führt den Verein „Zukunft Heimat“, der vom Brandenburger Verfassungsschutz als „erwiesen rechtsextremistisch“ eingestuft wird.

Landkreis Sonneberg: Hier wurde der Kandidat Robert Sesselmann zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt.
Landkreis Sonneberg: Hier wurde der Kandidat Robert Sesselmann zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt.

© picture alliance/dpa/Martin Schutt

Der langjährige Landrat Stephan Loge (SPD), der das Amt bei der letzten Wahl im ersten Anlauf gewann, tritt dieses Mal nicht mehr an – das könnte die Chancen für die AfD erhöhen. Dass sie sich große Hoffnungen auf den Landratsposten macht, zeigt sich womöglich darin, dass sie einen Bundespolitiker als Kandidaten aufstellt: Steffen Kotré. Er ist wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion. Ein solcher Wechsel zurück auf die kommunale Ebene ist ungewöhnlich.  

Im Landkreis Dahme-Spreewald leben 178.000 Menschen, mehr als dreimal so viele wie im Kreis Sonneberg. Er reicht bis an das Berliner Stadtgebiet heran, umfasst Königs Wusterhausen und den Berliner Flughafen BER in Schönefeld. Im Mai kam die Region in die Schlagzeilen, als Ortsansässige in einem Ferienlager in Heidesee Berliner Zehntklässler rassistisch beleidigten.

In Sachsen wurden die meisten Landräte schon 2022 gewählt. Dafür stehen hier 2023 in vielen Orten Bürgermeisterwahlen an – die wohl wichtigste im November in der 40.000 Einwohner großen Stadt Pirna. Bei der jüngsten Bundestagswahl gewann im hiesigen Wahlkreis die AfD ein Direktmandat, in Pirna selbst entfielen auf den Kandidaten Steffen Janich 31,1 Prozent der Stimmen. Auch im Stadtrat stellt die AfD die stärkste Fraktion. Bei der Kommunalwahl 2019 erhielt sie 19,6 Prozent, eine aus Ex-Parteichefin Frauke Petrys Parteiabspaltung hervorgegangene Liste bekam weitere 9,9 Prozent.

Wie in Dahme-Spreewald zieht sich auch in Pirna der bisherige Amtsinhaber zurück. Klaus-Peter Hanke bemühte sich während der Coronakrise um Dialog in der tief gespaltenen Stadt, unterschrieb aber auch einen Aufruf von Gastronomen und Händlern, die davor warnten, dass die „Hygiene-Demonstrationen“ Touristen fernhalten könnten. Maßnahmengegner beleidigten, schubsten und schlugen in Pirna Polizisten, im Mai 2020 entstand hier das bundesweit beachtete Foto von Ministerpräsident Michael Kretschmer mit einem Aluhut-Träger.

Debattenkultur: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) spricht in Pirna mit einem Gegner der Corona-Maßnahmen.
Debattenkultur: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) spricht in Pirna mit einem Gegner der Corona-Maßnahmen.

© picture alliance/dpa/Matthias Rietschel

Nun tritt für die AfD der Parteilose Tim Lochner an, der 2016 aus der CDU austrat und eigenen Angaben zufolge schon vorher Pegida-Demonstrationen besucht hatte. Lochner war zudem Versammlungsleiter einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen und wurde wegen der Teilnahme an einer weiteren, nicht genehmigten Demonstration zu einem Bußgeld verurteilt.

In Thüringen finden die nächsten Landrats- und Oberbürgermeisterwahlen im Frühjahr 2024 statt. Bei der letzten Wahl 2018 schnitt die AfD in der 91.000-Einwohner-Stadt Gera am besten ab. Mit 30,2 Prozent unterlag ihr Kandidat dem jetzigen Oberbürgermeister Julian Vonarb in der Stichwahl. Für die Stadt sitzt der stellvertretende AfD-Sprecher Stephan Brandner im Bundestag, der im Wahlkreis direkt gewählt wurde und von den Geraern 29,6 Prozent der Stimmen erhielt. Er gilt als Vertrauter von Fraktionschef Björn Höcke.

In welche Landtage die AfD als stärkste Kraft einziehen könnte

Auf Landesebene werden in diesem Jahr die Parlamente in Bayern und Hessen gewählt, und zwar am 8. Oktober. In beiden Bundesländern ist die Partei von Machtoptionen weit entfernt. In Bayern liegt die AfD in der jüngsten Umfrage bei zwölf Prozent, bei der letzten Landtagswahl 2018 hatte sie bereits zehn Prozent der Stimmen erzielt.

Bayern aber hat im föderalen Gefüge eine Besonderheit. Hier sitzen die Freien Wähler im Landtag und sogar in der Staatsregierung. Ihr starker Mann, Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger, bedient in jüngster Zeit eine politikskeptische, rechtspopulistische Rhetorik. So war das etwa bei seinem Auftritt bei der Demo gegen das Heizungsgesetz Mitte Juni in Erding. Hier forderte Aiwanger, „die schweigende große Mehrheit dieses Landes“ müsse sich „die Demokratie zurückholen“. Mit derlei Wortmeldungen fischt Aiwanger im Wählerpotenzial der AfD. Umfragen sahen die Freien Wähler in Bayern zuletzt bei elf Prozent, damit etwa auf dem Niveau der Wahl von 2018 (11,6 Prozent).

Hofft mit AfD-Rhetorik auf Erfolg: Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler).
Hofft mit AfD-Rhetorik auf Erfolg: Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler).

© dpa/Sven Hoppe

Auch in Hessen, wo die AfD einst gegründet worden war, wird ein neuer Landtag gewählt. Hier liegt die AfD in der letzten Umfrage bei 13 Prozent, und damit auf dem Niveau der Wahl 2018 (13,1 Prozent).

Ganz anders sind politische Lage und Stimmung in den Ost-Ländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen, die im September 2024 ihre Landtage wählen werden. Schon bei der Bundestagswahl 2021 wurde die AfD stärkste Partei in Sachsen und Thüringen (in Brandenburg die SPD).

In Brandenburg liegt die AfD in den letzten Umfragen zwischen 23 und 25 Prozent, in Sachsen zwischen 24 und 28 Prozent, in Thüringen zuletzt bei 28 Prozent. Nach jetzigem Stand könnte die AfD in allen Landtagen stärkste Fraktion werden. Bekommen wir also 2024 die ersten Landtagspräsidenten der AfD? Die ohnehin schwere Regierungsbildung dürfte noch komplexer werden.

Ein bundesweiter Erfolg könnte der AfD schon bei der Europawahl im Juni 2024 gelingen. Die Europawahl verzeichnet oft eine geringe Wahlbeteiligung, was Protestparteien stärkt. Schon 2019 holte die AfD bundesweit elf Prozent. Am Tag der Europawahl stimmen die Bürger in neun Bundesländern über ihre kommunalen Vertretungen ab, unter anderem in Baden-Württemberg und allen Ost-Ländern außer Berlin. Das dürfte der AfD, Stand jetzt, zahlreiche Mandate in Stadträten und Kreistagen bescheren.

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