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Bundesfinanzminister Christian Lindner (r.) und sein Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer bei der Vorstellung des Etats für 2024.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Update

Nahezu gesamter Etat betroffen: Bundesfinanzministerium weitet Haushaltssperre deutlich aus

Nach dem Urteil aus Karlsruhe sperrt das Finanzministerium zahlreiche Posten im Bundeshaushalt. Teile der Koalition sehen ein Aussetzen der Schuldenbremse als Ausweg.

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Das Bundesfinanzministerium hat am Montag die für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verfügte Haushaltssperre auf nahezu den gesamten Bundeshaushalt ausgeweitet. Das berichten die Nachrichtenagentur Reuters und der „Spiegel“ übereinstimmend.

Aus Ministeriumskreisen erfuhr der Tagesspiegel dagegen, dass alle Verpflichtungsermächtigungen gestoppt wurden, um Vorbelastungen für die kommenden Jahre zu vermeiden. Bestehende Verbindlichkeiten würden weiter eingehalten, es dürften nur keine neuen eingegangen werden. In Ausnahmefällen könnten Verpflichtungsermächtigungen entsperrt werden. 

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„Um weitere Vorbelastungen für künftige Haushaltsjahre zu vermeiden, beabsichtige ich daher, alle in den Einzelplänen 04 bis 17 und 23 bis 60 des Bundeshaushaltsplans 2023 ausgebrachten und noch verfügbaren Verpflichtungsermächtigungen mit sofortiger Wirkung zu sperren“, heißt es in einem Schreiben des Haushalts-Staatssekretärs Werner Gatzer.

Gatzer verweist auf Paragraph 41 der Bundeshaushaltsordnung, die eine Haushaltssperre regelt. Mit den genannten Einzelplänen sind die Einzeletats aller Ministerien betroffen.

Im Einzelplan 60 sind etwa der Klima- und Transformationsfonds und der 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm zur Dämpfung der Energiepreise angesiedelt. Ausgenommen sind laut der Aufzählung Verfassungsorgane wie Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht.

Karlsruhe hatte der Ampel 60 Milliarden Euro gestrichen

Das Bundesverfassungsgericht hatte der Bundesregierung am Mittwoch 60 Milliarden Euro gestrichen, weil die Übertragung nicht genutzter Corona-Kredite auf den Klimafonds verfassungswidrig war. Das Geld fehlt der Regierung nun.

Hinzu kommen weitere Klarstellungen des Gerichts zur Schuldenbremse im Grundgesetz und zur Rechtmäßigkeit von Krediten, die auch Folgen für den laufenden Haushalt 2023 und den geplanten Haushalt 2024 haben könnten. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte noch am Tag der Urteilsverkündung eine Haushaltssperre nur für den Klimafonds verfügen lassen.

Aufgrund des Urteils ergebe sich „für den Bundeshaushalt die Notwendigkeit der Überprüfung der haushaltswirtschaftlichen Gesamtlage“, schreibt Gatzer.

Eine nach der Haushaltssperre von den Ministerien „begehrte Freigabe von Verpflichtungsermächtigungen (...) in besonderen Einzelfällen kann ich allenfalls im Falle eines schriftlich dargelegten sachlich und zeitlich unabweisbaren Bedarfs in Aussicht stellen“. Es werde dabei „ein besonders strenger Maßstab an den Nachweis eines solchen Bedarfs angelegt“.

Diskussion um Schuldenbremse

Die Ampel-Koalition ringt nun weiter um den Umgang mit dem Urteil aus Karlsruhe. Die SPD bekräftigt ihre Forderungen nach einem Aussetzen der Schuldenbremse, um das 60-Milliarden-Euro-Finanzloch zu stopfen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist zwar ebenfalls kein Verfechter der Schuldenbremse, sieht für Änderungen aber keine Mehrheiten.

An diesem Dienstag sollen Experten Bundestag und Bundesregierung helfen, die Folgen des Karlsruher Haushaltsurteils richtig zu interpretieren. Der Haushaltsausschuss hört dazu Sachverständige an, die von den unterschiedlichen Fraktionen benannt wurden. Vor allem soll es darum gehen, ob trotz des Urteils der Haushalt für 2024 beschlossen werden kann.

Um die Auswirkungen des Haushaltsurteils abzumildern, hält SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ein Aussetzen der Schuldenbremse für notwendig - mindestens für das Jahr 2024. „Wir werden aus meiner Sicht nicht darum herumkommen, für 2024 die Ausnahmeregel zu ziehen - womöglich auch länger“, sagte Mützenich dem Magazin „Stern“.

„Die Aufgaben, die vor uns stehen, sind ja nicht nächstes Jahr erledigt. Vor uns liegen gewaltige Herausforderungen, bei der Klimawende, der neuen Industriepolitik, aber auch außenpolitisch.“ Zuvor hatte bereits SPD-Chefin Saskia Esken dafür plädiert, die Schuldenbremse 2023 und 2024 nicht anzuwenden. (Tsp, Reuters, dpa)

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