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Migranten stehen auf der Insel Lampedusa.

© dpa/Cecilia Fabiano

Update

Innenministerium stellt Faeser-Aussage klar: Deutschland bereitet doch keine weiteren freiwilligen Übernahmen aus Italien vor

Nach einer Äußerung von Innenministerin Faeser entstand der Eindruck, Deutschland wolle nun doch wieder freiwillig Migranten aus Italien aufnehmen. Das sei vorerst nicht der Fall.

| Update:

Deutschland hält daran fest, vorerst keine weiteren Migranten aus Italien über den freiwilligen Solidaritätsmechanismus aufzunehmen. Derzeit würden keine Interviews zur Vorbereitung von weiteren Übernahmen aus Italien stattfinden, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Samstag auf Anfrage.

Es gebe aber noch einige Migranten, die das Verfahren bereits durchlaufen hätten und übernommen würden. Der Sprecher fügte hinzu, die Interviews zur Vorbereitung von Übernahmen könnten „jederzeit wieder aufgenommen“ werden. Faesers Ministerium hatte dabei auch auf den „hohen Migrationsdruck“ verwiesen, dem Deutschland ausgesetzt sei.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am Freitag der ARD gesagt, das freiwillige Aufnahme-Verfahren sei ausgesetzt worden, „weil Italien keinerlei Bereitschaft gezeigt hat, im Wege des Dublin-Verfahrens Leute zurückzunehmen“.

Sie fügte unmittelbar danach hinzu: „Jetzt ist natürlich klar, dass wir unserer solidarischen Verpflichtung auch nachkommen.“ Was genau damit gemeint war, sagte sie nicht. Die Äußerung war zunächst so interpretiert worden, dass Deutschland die freiwillige Aufnahme von Migranten aus Italien doch fortsetzen wolle.

Die Unionsfraktion warf der Ministerin am Samstag ein verwirrendes Hin und Her in der Frage der freiwilligen Flüchtlingsübernahme vor. Faeser richte „in der europäischen Migrationspolitik ein regelrechtes Chaos an und zerstört Vertrauen“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, der AFP in Berlin.

Faeser handle „planlos, hilflos, kopflos“, kritisierte Throm. „In der Migrationspolitik kommt es ganz besonders darauf an, verlässliche Entscheidungen zu treffen und klare Signale zu senden“, sagte er der AFP. „Mit ihrer Kehrtwende tut Frau Faeser das Gegenteil. So darf der größte EU-Mitgliedstaat in dieser Migrationskrise nicht agieren.“

Ursprünglich hatte Deutschland zugesagt, 3500 Asylbewerber aus besonders belasteten Staaten an Europas Südgrenzen zu übernehmen. Bislang wurden über den sogenannten freiwilligen europäischen Solidaritätsmechanismus 1700 Schutzsuchende überstellt, damit sie in Deutschland ihr Asylverfahren durchlaufen.

Am Mittwoch hatte es dann vom Ministerium geheißen, weitere Aufnahmen seien nun nicht mehr geplant, auch weil es bei der Rückübernahme von Migranten nach den sogenannten Dublin-Regeln hakt. Diese Regeln sehen vor, dass Asylbewerber ihren Antrag - bis auf wenige Ausnahmefälle - im ersten EU-Land stellen müssen, in dem sie registriert wurden. Wer es dennoch in einem anderen Staat versucht, kann dorthin zurückgeschickt werden. Ein Sprecher hatte gesagt, Rom sei informiert worden, dass der Auswahlprozess für Migranten verschoben werde.

Von der Leyen besucht Lampedusa

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni hat die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf die Mittelmeerinsel eingeladen. Die EU-Politikerin solle gemeinsam mit Meloni die Lampedusa besuchen, „um sich persönlich den Ernst der Lage, in der wir uns befinden, bewusst zu machen“, sagte die Rechtspolitikerin in einer Videobotschaft am Freitagabend.

Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kommt der Einladung nach. Sie wird am Wochenende die italienische Mittelmeerinsel besuchen. Der Besuch finde gemeinsam mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni statt, teilte ein EU-Vertreter am Samstag mit.

Seit Wochenbeginn haben mehrere Tausend Bootsmigranten die kleine Insel zwischen Sizilien und Nordafrika erreicht. Allein am Dienstag kamen mehr als 5000 Menschen an - so viele wie noch nie an einem einzigen Tag. Zeitweise war das Erstaufnahmelager mit rund 6800 Menschen maßlos überfüllt. Wegen der Nähe zur tunesischen Küstenstadt Sfax gehört Lampedusa seit Jahren zu den Brennpunkten der Migration nach Europa. Der Stadtrat der Insel rief am Mittwoch angesichts der zugespitzten Lage den Notstand aus.

Giorgia Meloni (r), Ministerpräsidentin von Italien, begrüßt Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, bei ihrer Ankunft zu einer internationalen Konferenz über Migration.

© dpa/Gregorio Borgia

„Der Migrationsdruck, den Italien seit Anfang dieses Jahres erlebt, ist unhaltbar“, so Meloni weiter. Nach Ansicht der Regierungschefin sei klar, dass das Mittelmeerland und Europa diese enorme Zahl an Menschen nicht aufnehmen könnten.

Sie beabsichtige nun, „außergewöhnliche Maßnahmen“ zu ergreifen. Sie kündigte etwa an, das Höchstmaß der Haftdauer in Abschiebungshaftanstalten anzuheben. In einer Kabinettssitzung am Montag wolle sie die Maßnahmen beschließen.

Italien wird seit Oktober 2022 von einer Rechtsallianz unter der Führung der ultrarechten Meloni regiert. Die Politikerin versprach, die Migration nach Italien einzuschränken. Bislang konnte sie das Wahlversprechen nicht erfüllen. Seit Jahresbeginn kamen laut Zahlen des Innenministeriums in Rom rund 127.200 Menschen (Stand 15. September) auf Booten nach Italien - im Vorjahreszeitraum waren es rund 66 200. (dpa/AFP)

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