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US-Präsident Barack Obama zwischen dem französischen Premier Hollande und dem chinesischen Präsidenten Xi.

© Kevin Lamarque/REUTERS

Nuklearkonferenz in Washington: Viele Worte, wenig Taten

In den USA beraten die wichtigsten Staatschefs über die nukleare Sicherheit in Terrorzeiten – ohne dass daraus praktische Konsequenzen erfolgen würden.

Mehr als 50 Staats- und Regierungschefs sind Barack Obamas Einladung zum Gipfel über nukleare Sicherheit am Freitag gefolgt. Die Gästeliste zeigt die Sehnsucht nach globaler Ordnung und die Anziehungskraft des US-Präsidenten selbst in seinem letzten Amtsjahr, der „Lame Duck“-Periode. Sie illustriert aber auch die Grenzen amerikanischer Führungsmacht und das Fehlen alternativer Instanzen, die internationale Prinzipien wie die „Non Proliferation“, die Nicht-Weiterverbreitung von Atomwaffen und ihrer Technik, durchsetzen.

Das Treffen ist das vierte und letzte in einer Gipfel-Reihe, mit der Obama sicherstellen möchte, dass Atomwaffen und radioaktives Material nicht in die falschen Hände geraten. Bei seinem Amtsantritt lag der Fokus auf der nuklearen Abrüstung. Heute ist die Priorität, zu verhindern, dass der IS und andere Terrororganisationen Zugriff auf spaltbares Material bekommen, eine schmutzige Bombe bauen oder zivile Atomanlagen in die Luft sprengen und auf diesem Weg womöglich viele Menschen verstrahlen. Er wolle die internationale Aufmerksamkeit darauf richten, „welche zusätzlichen Schritte wir im Licht der schrecklichen Tragödie in Brüssel unternehmen müssen“, sagte der US-Präsident.

China kritisiert Obamas Kritik

Das erwünschte Bild der internationalen Einigkeit gegen den Terrorismus bekam jedoch bald Risse. Die größte Aufmerksamkeit fand Chinas Präsident Xi Jinping mit der Betonung darauf, dass China und die USA neben gemeinsamen Interessen auch einige Streitpunkte hätten. Die USA sollten Chinas „Kerninteressen“ respektieren und „Missverständnisse und Fehlinterpretationen vermeiden“. Damit antwortete er auf Obamas Kritik, China habe das Versprechen gebrochen, das Südchinesische Meer „nicht zu militarisieren“. China baue dort Riffe und unbewohnte Inseln in internationalen Gewässern zu Stützpunkten aus. Die Runde gemacht hatte zuvor die Nachricht über chinesische Interkontinentalraketen, die jeden Punkt in den USA erreichen.

Obama wollte eigentlich die Einigkeit mit China herausstreichen, auch um Signale an das Regime in Nordkorea zu senden, das den Gipfel mit einem neuen Raketentest begleitete – und an Wladimir Putin, der nicht nach Washington gekommen war. Obama und Xi kündigten an, dass sie im April ein Klimaabkommen über die Reduzierung der Emissionen unterzeichnen werden. Die Heraushebung Xis als strategischer Partner – er bekam das eine von zwei Vier-Augen-Gesprächen, François Hollande das andere – geriet durch Xis Warnungen in den Hintergrund. Zufrieden waren Obamas Berater mit Chinas klarer Kritik an Nordkorea.

Große Ehre für Hollande

Demonstrativ herzlich verlief Obamas Gespräch mit Japans Regierungschef Shinzo Abe und Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye, den beiden engsten Verbündeten der USA in Asien. Es war ein gewollter Kontrast zur Rhetorik des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump. Der hatte Verbündete, die nicht für die Kosten des militärischen Schutzes durch die USA bezahlen, als verzichtbar bezeichnet und die jahrzehntelangen Bemühungen um atomwaffenfreie Zonen in Asien als unbedeutend abgetan.

Warmherzig war auch die Begegnung mit Frankreichs Präsident Hollande. Obama lobte ihn als den Mann, der Europa nach den Anschlägen in Paris zusammengeschweißt habe. Vize-Sicherheitsberater Ben Rhodes warnte, Berichte über das Ausspähen eines belgischen Kernkraftwerks durch den IS zeigten das Interesse der Terroristen. „Atomarer Terrorismus ist eine der größten Bedrohungen unserer Sicherheit.“

Distanz zur Türkei und Polen

Der Nukleargipfel wurde in mancherlei Hinsicht zu einer Bühne der Gesten und weniger der praktischen Beschlüsse, die schnell umgesetzt werden und das Risiko terroristischer Anschläge mit strahlendem Material unmittelbar reduzieren. Zwei Präsidenten, die sich für enge Verbündete halten und auf persönliche Termine im Oval Office gehofft hatten, hielt Obama auf Distanz: den Türken Recep Tayyip Erdogan und den Polen Andrzej Duda. Das darf man als Kritik an ihrem innenpolitischen Kurs und ihrem Vorgehen gegen unabhängige Medien und unabhängige Justiz verstehen. Im Plenum gab Obama ihnen die Hand und ließ ihren Sprechern Raum für weniger harte Deutungen. Der US-Präsident habe ohnehin kaum Zeit für bilaterale Treffen gehabt.

Die „New York Times“ veröffentlichte eine Rangliste der Staaten, die spaltbares Material im Zivilbereich in jüngster Zeit am stärksten reduziert und damit das Risiko des Missbrauchs gesenkt haben, darunter Großbritannien, Polen, die Ukraine, Usbekistan, Kasachstan, Frankreich, Japan, Weißrussland, Rumänien, Ungarn und Tschechien.

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