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Wolfgang Kubicki (FDP) will die Zahlungen für Entwicklungszusammenarbeit auf G7-Niveau senken.

© Imago/Photothek/Thomas Trutschel

„Projekte vollständig auf Prüfstand“: Kubicki will bei Entwicklungshilfe drastisch sparen

Die Einsparungen der Ampel beim Haushalt 2024 treffen auch Engagements im Ausland. Der FDP-Vize fordert, die Zahlungen dauerhaft um einen zweistelligen Milliardenbetrag zu senken.

Deutschland unterstützt zahlreiche Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern. Im Zuge der Einigung der Ampelkoalition zum Haushalt für 2024 sollen auch die Ausgaben für das internationale Engagement Deutschlands gesenkt werden – um insgesamt 800 Millionen Euro. FDP-Vize Wolfgang Kubicki fordert nun weitere Schritte.

„Wir müssen die Projekte im Ausland vollständig auf den Prüfstand stellen und die Höhe deutscher Entwicklungshilfe auf durchschnittliches G7-Niveau senken, was einen zweistelligen Milliardenbetrag einsparen würde“, sagte Kubicki der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Im vergangenen Jahr habe Deutschland nach Angaben der OECD etwa 32 Milliarden Euro ausgegeben, so Kubicki. „Andere G7-Mitglieder wie Frankreich und Großbritannien zahlten etwas über 14 Milliarden Euro, Italien weniger als sechs Milliarden und Kanada etwa sechs Milliarden Euro.“ Nur die USA gäben mehr Geld für Entwicklungshilfe aus.

Kubicki sieht ein Legitimationsproblem der Entwicklungshilfe

Insgesamt besteht im Bundeshaushalt für 2024 ein zweistelliges Milliardendefizit, das durch Sparen geschlossen werden muss, wenn der Bund nicht noch mehr Kredit aufnehmen will.

Kubicki sieht zudem ein Legitimationsproblem der bisherigen Entwicklungshilfe. „Weit verbreitet ist das Gefühl, dass der Staat immer Geld für andere hat, aber nicht für die eigenen Bürger“, sagte er. „Es gibt einen Zwiespalt zwischen dem, worauf sich die Regierung konzentriert, und dem, was die Menschen erwarten dürfen.“

Als Beispiel nannte Kubicki die jüngsten Sturmflutschäden in Schleswig-Holstein. „An dem Tag, an dem wir informiert wurden, dass der Bund keine Sofortkredite zum Wiederaufbau bereitstellen wird, erfahren wir, dass die Regierung 700 Millionen Euro zusätzlich für den Wiederaufbau in Gaza ausgeben will“, sagte Kubicki. „Da sagen die Leute doch: Ja, sind wir denn irre?“ 

Angesichts notwendiger Investitionen in die Bundeswehr müssen die Aktivitäten des BMZ in unseren 65 Partnerländern auf den Prüfstand.

Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion

Besonders kritisierte Kubicki die Aufwendungen für China. „Einerseits verfassen wir eine China-Strategie, die in Wahrheit eine Anti-Chinastrategie ist, und andererseits geben wir mehrere hundert Millionen Euro für den Aufbau des Landes aus.“

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, sprach sich dem Bericht zufolge dafür aus, die Mittel auf den Prüfstand zu stellen. „Angesichts notwendiger Investitionen in die Bundeswehr müssen die Aktivitäten des BMZ in unseren 65 Partnerländern auf den Prüfstand“, sagte er der Zeitung. Frei forderte eine „viel stärkere Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit entlang nationaler Interessen“.

Die deutsche Wirtschaft müsse stärker von Aufträgen profitieren. In Afrika würden Hilfen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) nur zu zehn Prozent an deutsche Unternehmen zurückfließen – in Frankreich läge diese Quote bei 80 Prozent, so Frei.

Der Einigung von SPD, Grünen und FDP zufolge sollen das Auswärtige Amt und das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium von den einzusparenden 800 Millionen jeweils einen Betrag von 200 Millionen Euro tragen und das BMZ 400 Millionen Euro. Details sind noch nicht bekannt.

Das BMZ hatte die geplanten Kürzungen beim internationalen Engagement Deutschlands als „sehr schmerzhaft“ bezeichnet. Das sagte ein Sprecher von Ministerin Svenja Schulze (SPD) Mitte der Woche der Nachrichtenagentur dpa. „Wir arbeiten derzeit an der Umsetzung des Sparbeschlusses.“ Die Einschnitte würden in vielen Bereichen zu spüren sein.

„Angesichts der Weltlage müsste Deutschland eigentlich mehr Mittel in internationale Zusammenarbeit investieren und nicht weniger. Entwicklungszusammenarbeit ist kein nice-to-have, sondern in unserem deutschen Interesse.“

Deutschlands Wohlstand hänge davon ab, „dass wir Partner haben auf der Welt, und dass zusammengearbeitet wird“, so der Sprecher. (lem)

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