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Marco Buschmann und Stephan Harbarth im Schloss Bellevue.

© IMAGO/M. Popow

Exklusiv

Schutz des Rechtsstaats vor der AfD: Verfassungsrichter besuchte Justizministerium für diskretes Gespräch

Bundesjustizminister Buschmann traf sich mit Gerichtspräsident Harbarth in Berlin – abseits des offiziellen Austauschs zwischen Karlsruhe und der Regierung. Thema war „Resilienz des Rechtsstaats“.

In der Bundesregierung kursieren offenbar schon länger als bekannt Pläne zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor rechtspopulistischen Einflüssen.

Wie der Tagesspiegel erfuhr, hat Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, bereits zum Jahresanfang zu einem vertraulichen Austausch in sein Ministerium eingeladen.

Thema des Gesprächs war demnach die „Resilienz des Rechtsstaats“. Darunter werden unter anderem Maßnahmen verstanden, wie eine unabhängige Arbeit des Karlsruher Gerichts trotz einer im Bundestag stärker werdenden AfD gesichert werden kann.

Der „Correctiv“-Bericht brachte das Thema in die öffentliche Debatte

Sowohl das Bundesverfassungsgericht wie das Bundesjustizministerium bestätigten auf Anfrage das Vier-Augen-Gespräch, das bereits am 9. Januar stattgefunden hat. Es habe „der Meinungsbildung von Minister Buschmann zur Resilienz des Rechtsstaats gedient“.

Bei den „allgemeinen Überlegungen“ des Ministers zu dem Thema seien „Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts naheliegende Ansprechpersonen“, erklärte Buschmanns Ministerium.

Erst in der Folge der Veröffentlichung des „Correctiv“-Berichts über ein Treffen von Rechtsextremen und AfD-nahen Zirkeln in Potsdam einen Tag später gelangte die Diskussion um Maßnahmen zum Schutz des Verfassungsgerichts in die breite Öffentlichkeit

Konkretere Angaben zu Inhalten des Gesprächs verweigert das Ministerium. Es sei ein nicht-öffentlicher Termin gewesen. Eine nachträgliche Offenlegung würde „die Meinungsbildung der Regierung beeinträchtigen“, hieß es. Laufende oder mögliche Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht seien nicht Gegenstand des Gesprächs gewesen.

Wenn es um allgemeine Überlegungen zur Resilienz des Rechtsstaats geht, sind Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts naheliegende Ansprechpersonen.

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums zu Buschmanns Einladung an Stephan Harbarth

Unabhängig davon handelt es sich angesichts der Funktionen von Regierung und Verfassungsgericht im gewaltengeteilten Staat um ein zumindest ungewöhnliches Treffen – schließlich fällt dem Gericht die Aufgabe zu, Handlungen von Regierung und Parlament verfassungsrechtlich zu prüfen.

Bekannt war bisher vor allem der sogenannte „Interorganaustausch“ zwischen Richtern und Regierungsmitgliedern, wie er zuletzt am 8. November vergangenen Jahres in Karlsruhe stattfand. Auch damals warfen zeitliche Zusammenhänge Fragen nach möglichen Kooperationen oder Vorab-Informationen auf. Denn nur eine Woche nach dem Treffen verkündete das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zum Nachtragshaushalt, mit dem es Etatplanungen der Ampel zunichtemachte.

Ob es noch in der laufenden Legislaturperiode neue Regelungen für das Bundesverfassungsgericht zum Schutz vor Extremisten geben kann, ist unklar. Die Union, die sich zunächst skeptisch zeigte, signalisiert nun wieder Gesprächsbereitschaft und forderte Buschmann auf, Vorschläge zu machen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der die Debatte zunächst ausdrücklich begrüßt hatte, meldete zuletzt Zweifel am Projekt: Es sei zwar angebracht, solche Diskussionen zu führen, hatte er vergangene Woche bei einer Diskussion in Berlin gesagt. Er sei aber auch fest davon überzeugt, dass man nicht das Narrativ der Rechten bedienen sollte, „dass sie schon auf der Siegerstraße wären“.

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