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Mit Respekt. Die Spitzenkandidaten von CDU und SPD, Jost de Jager (links) und Torsten Albig.

© dpa

Schleswig-Holstein: Schwarz-roter Kuschelkurs vor den Wahlen

Trotz schlechter Erfahrungen miteinander schonen sich CDU und SPD im Wahlkampf in Schleswig-Holstein. Peilen sie eine große Koalition an? Schwarz-Gelb ist unmöglich, für Rot-Grün könnte es nicht reichen - zumal wenn die Piraten stark abschneiden.

Am 6. Mai wird es einen äußerst spannenden Wahlabend in Schleswig-Holstein geben. Und es werden wohl vor allem die kleinen Parteien sein, die mit ihren Ergebnissen bestimmen, welche Koalition möglich ist – auch wenn sie dieser Koalition am Ende gar nicht angehören. Die neueste Umfrage vom Donnerstag deutet auf ein knappes Resultat zwischen CDU und SPD hin. Schwarz kommt auf 32 Prozent, Rot liegt bei 32 Prozent. Das reicht nicht für Schwarz-Gelb (ganz abgesehen davon, dass die FDP mit einem Scheitern an der Fünfprozenthürde zu rechnen hat). Rot-Grün ist bei zwölf Prozent für die Grünen aber auch nicht sicher. Auch für Schwarz-Grün reicht es nach den aktuellen Zahlen nicht. Steht am Ende die große Koalition? Oder gibt es ein Dreierbündnis?

Für die Regierungsbildung wird vor allem interessant sein, ob FDP und Linke den Einzug in den Landtag schaffen, in welcher Stärke die Piratenpartei einen weiteren Landtags-Triumph einfährt und wie viele Sitze der von der Fünfprozentklausel befreite Südschleswigsche Wählerverband (SSW) als Partei der dänischen Minderheit bekommt. Sicher ist nur, dass Schleswig-Holstein nach dem angekündigten Rückzug von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) einen neuen Regierungschef bekommen wird. Er heißt entweder Jost de Jager oder Torsten Albig.

Die Chancen des CDU-Kandidaten de Jager, derzeit Wissenschaftsminister, sind eher gering. Ihm fehlen Partner. Die schwächelnde FDP ist keine Hilfe mehr, so oder so, der traditionell eher links orientierte SSW schließt einen Pakt mit der CDU aus, die Grünen haben klar die SPD als ersten Ansprechpartner benannt. Daher hat die Nord-Union keine Koalitionsaussage gemacht. Die Hoffnungen laufen auf eine große Koalition unter ihrer Führung hinaus. Dazu müssten aber wohl FDP und Linke den Einzug in den Landtag schaffen.

Sollten die Piraten wirklich die elf Prozent schaffen, die sie in der neuesten Umfrage bekommen, wäre wohl jede Hoffnung auf ein rot-grünes Kabinett dahin. Allerdings könnten sich SPD und Grüne unter einem Ministerpräsidenten Albig zusätzlich den SSW in eine Koalition holen. Der kann derzeit mit drei Sitzen rechnen. Zusammen würde es nach der neuen Infratest-Umfrage für 36 der 69 Sitze reichen. Die Dänen-Partei war in der bisherigen Landespolitik im Eventualfall immer zu einem Tolerierungsmodell bereit, hat nun aber angekündigt, sich auch der Regierungsverantwortung nicht zu verschließen. Das hat der CDU und den Linken genügt, um den Sonderstatus des SSW zum Thema zu machen. Der Wählerverband verteidigt sich, dass seine Mandate verfassungsrechtlich vollwertige Parlamentssitze seien.

Noch Anfang des Jahres betonten die Grünen ihren eigenständigen Kurs. Man wollte sich eigentlich nicht bei den Sozialdemokraten anbiedern. Gerade aus der schleswig-holsteinischen Parteiführung kam immer wieder Kritik in Richtung Bundesparteispitze, mit dem Tenor, dass man sich mit zu frühzeitigen Äußerungen einer Koalitionsaussage zugunsten der SPD seiner Eigenständigkeit beraube. Im Wahlkampf-Endspurt gibt es nun jedoch die einigermaßen klare Ansage, mit der SPD habe man die größte inhaltliche Schnittmenge. Dennoch könnte es trotz stabil besserer Umfragewerte als auf Bundesebene dafür nicht reichen – selbst mit dem SSW. Schon Anfang des Jahres hatte den grünen Spitzenkandidaten und Fraktionschef Robert Habeck die Angst beschlichen, dass die Wahl in eine große Koalition zwischen CDU und SPD münden könnte.

Bei der SPD wird über einen solchen „Plan B“ offiziell nicht gesprochen. Speziell der Aufstieg der Piraten bereitet aber den Sozialdemokraten zunehmend Sorgen. Landeschef Ralf Stegner attackierte die Newcomer daher in Kiel am Mittwochabend erstmals schärfer als gewöhnlich und nannte sie „hyperventilierte Egoisten“.

Freilich waren große Koalitionen in Schleswig-Holstein bislang auch keine sehr gemeinschaftsorientierten Veranstaltungen. Vor allem nach dem Dauerkrach zwischen Stegner und Carstensen in dem 2009 von der CDU vorzeitig aufgekündigten schwarz-roten Bündnis schlossen lange Zeit beide Seiten eine Neuauflage solch einer „Elefantenhochzeit“ aus.

Doch von ihrer Art her scheinen de Jager und Albig besser zu harmonieren als ihre Vorgänger, so dass eine gemeinsame Regierung nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Im Wahlkampf gehen beide entsprechend taktvoll und besonnen miteinander um. Vor allem in der Verkehrs- und Energiepolitik werden die Gemeinsamkeiten deutlich. Für etliche Beobachter kuscheln CDU und SPD ohnehin bereits seit Wochen viel zu friedlich miteinander.

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