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Krempelt sein Land um: Italiens Premier Renzi.

© dpa

Steuerabkommen mit der Schweiz: Kopernikanische Wende auf Italienisch

Ein neues Abkommen mit der Schweiz macht italienischen Steuerflüchtlingen das Leben schwer. Premier Renzi krempelt das Land um, wie er es versprochen hatte.

In Italien geschehen Dinge, die bis vor wenigen Wochen kaum jemand für möglich gehalten hätte: Gegen alle Widerstände von Gewerkschaften ist der Regierung Renzi eine Liberalisierung des Arbeitsrechts gelungen, die laut offiziellen Erwartungen mehr als 200 000 neue, unbefristete Arbeitsplätze schaffen könnte.

Gleich nach dieser „kopernikanischen Wende“ folgte die zweite. Italien und die Schweiz haben nach komplizierten und von Vorgängerregierungen nicht immer engagiert geführten Verhandlungen ein Abkommen unterzeichnet, das italienischen Steuersündern ihre Flucht deutlich erschwert: Die Schweiz hebt ihr Bankgeheimnis mit sofortiger Wirkung nun auch gegenüber italienischen Finanzbehörden auf. Das betrifft nach amtlichen Schätzungen bis zu 200 Milliarden Euro und damit bis zu 80 Prozent der Beträge, die von italienischen Steuerflüchtigen außer Landes gebracht worden sind.

Versuche, die Milliarden zurückzulocken, hatte es in der Vergangenheit immer wieder gegeben: Gegen lächerlich geringe Abschlagszahlungen, die dann zu einem beträchtlichen Teil nicht einmal eingefordert wurden, hatte zuletzt die Regierung Berlusconi bußwillige Steuersünder amnestiert. An der Kampagne 2009/10 beteiligten sich 180 000 Italiener; 97 Milliarden Euro tauchten auf. Das klingt imposant, entspricht jedoch nur ungefähr jener Summe, die dem italienischen Fiskus in einem einzigen Jahr an Steuern entgeht. Die Mehrheit der „Geldexporteure“ vertraute ohnehin darauf, dass nach kurzer Zeit der Aufklärung wieder Gras über die Sache wachsen würde. So war es ja immer schon gewesen.

Die Steuerflüchtlinge werden regelrecht umzingelt

Diesmal ging eine solche Rechnung nicht auf. Mit gleich drei konzertierten Maßnahmen haben die Regierung Renzi und ihr Finanzminister Pier Carlo Padoan die Steuerflüchtigen regelrecht umzingelt. Sie räumen zwar auch ein wenig Rabatt ein, aber nur für solche Bürger, die sich bis 30. September 2015 selbst der Steuerhinterziehung anzeigen. Danach drohen deutlich höhere Strafen.

Ohnehin wird das übliche Versteckspiel unmöglich – das nun ausgehandelte Abkommen macht Schweizer Konten zum ersten Mal durchsichtig. Ähnliche Verträge sollen dieser Tage auch mit Liechtenstein und Monaco unterschrieben werden, darüber hinaus gehen die Gespräche mit dem Vatikan in die Schlussrunde.

Drittens sind auswärts geparkte Summen seit Jahresbeginn faktisch blockiert: Da trat jenes Gesetz gegen „Selbst-Geldwäsche“ in Kraft, das die Nutzung eigener, aber illegal angesammelter Gelder mit bis zu acht Jahren Gefängnis bestraft. Nach diesem Gesetz müssen auch ausländische Geldinstitute bei einer Beteiligung an solchen Transaktionen mit Strafen rechnen. Vorsichtshalber und bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung sind Banken im Schweizer Grenzkanton Tessin deshalb dazu übergegangen, die Konten italienischer Kunden zu sperren. Abhebungen oder gar die Überweisung in, beispielsweise, karibische Steuerparadiese sind damit fürs Erste ausgeschlossen.

Gehörte es zur Praxis früherer italienischer Finanzminister, in den Staatshaushalt immer wieder viele Millionen Euro an „Einnahmen aus der Bekämpfung der Steuerhinterziehung” vorzusehen – die dann genauso regelmäßig nicht eingenommen wurden –, und twittert Regierungschef Matteo Renzi heute in gewohntem Überschwang, es würden jetzt „Milliarden von Euro zurückkehren“, so bleibt der aktuelle Finanzminister Padoan recht bescheiden. Im Haushaltsgesetz, sagt er, habe er unter dem Punkt „Einnahmen aus der Selbstanzeige von Steuersündern“ lediglich „einen symbolischen Euro“ vorgesehen: „Diese Prognose werden wir bestimmt übertreffen.“

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