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Wer soll`s bezahlen? Elizabeth Warren und Pete Buttigieg geraten beim Thema Wahlkampffinanzierung aneinander.

© Justin Sullivan/Getty Images/AFP

TV-Debatte im Schatten des Impeachments: „Der Präsident ist kein König in Amerika“

In der TV-Debatte wird Elizabeth Warren als Millionärin geoutet und über 900-Dollar-Weine gestritten. Überschattet wird der Vorwahlkampf vom Impeachment-Prozess.

Zum Aufmacher auf den Online-Seiten der großen amerikanischen Zeitungen hat es die TV-Debatte an diesem Abend nicht geschafft. Statt den Schlagzeilen über die diskutierenden demokratischen Präsidentschaftsbewerber hielt sich das Impeachment-Thema auch in der Nacht zu Freitag noch ganz oben. Konkret ging es um die dramatische Überlegung der demokratischen Mehrheitsführerin im US-Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, das in dieser Parlamentskammer am Vorabend beschlossene Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump angesichts der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Republikaner hinauszuzögern.

Dabei war die sechste dieser Debatten alles andere als eine langweilige Wiederholung der früheren. Das lag schon allein daran, dass nur noch sieben Demokraten auf der Bühne der Loyola Marymount University in Los Angeles stehen durften und damit jeder und jede von ihnen deutlich mehr Redezeit erhielt als in den früheren Runden. Und daran, dass es dieses Mal auch mal so richtig schepperte zwischen den Kandidaten, so wie sich das ja eigentlich gehört angesichts der Bedeutung des Amtes, für das sie sich bewerben.

Doch die allgemein als historisch eingestufte Entscheidung der Kongressabgeordneten, überhaupt erst zum dritten Mal in der amerikanischen Geschichte ein Impeachment-Verfahren gegen einen amtierenden Präsidenten zu starten, war immer noch das beherrschende Thema. Dazu trug auch Trump selbst bei, der während der dreistündigen Debatte seiner potenziellen Herausforderer einen Tweet nach dem anderen gegen Pelosi und die Demokraten in Washington abfeuerte.

Die Auftaktfrage geht zum Impeachment

Natürlich begann auch die Fernsehdiskussion mit einer Frage nach dem Impeachment. Angesichts des überschaubaren Interesses der amerikanischen Bevölkerung an diesem durch die Verfassung geregelten Prozess wollten die Moderatoren wissen, wie die Kandidaten dazu stünden und wie sie die Stimmung drehen wollten.

Einig waren sich die sieben Präsidentschaftsanwärter in ihrem Urteil über Trump: Dieser sei höchst korrupt und moralisch untauglich für das Amt. Der linke Senator aus Vermont, Bernie Sanders, nannte den Präsidenten einen "krankhaften Lügner", der "eine der korruptesten Regierungen in der Geschichte der USA" führe. Der frühere US-Vizepräsident Joe Biden mahnte: "Wir müssen die Integrität des Präsidentenamtes wiederherstellen." Er wolle den Wählern klar machen, dass Trump keine vier weitere Jahre im Amt verdiene. Die Anklageerhebung gegen Trump durch das Repräsentantenhaus sei eine verfassungsmäßige Pflicht.

Die ebenfalls politisch linksstehende Senatorin aus Massachusetts, Elizabeth Warren, bezeichnete Trump als einen der korruptesten Präsidenten in der US-Geschichte und appellierte an ihre Kollegen im Senat, ihrem Amtseid zu folgen und die Verfassung zu schützen. Die Senatorin aus Minnesota, Amy Klobuchar, sagte: "Der Präsident ist kein König in Amerika." Sie warf die Frage auf, warum Trump sich dagegen sperre, hochrangige Mitglieder seiner Regierung im Senatsverfahren aussagen zu lassen, wenn er unschuldig sei. Genau das ist auch der Grund, warum Pelosi einen Aufschub in Erwägung zieht. Die Demokraten wollen unter anderem Trumps geschassten Sicherheitsberater John Bolton und den amtierenden Stabschef im Weißen Haus, Mick Mulvaney, anhören.

Die Senatoren unter den Kandidaten haben ein Problem

Nach der Entscheidung im Repräsentantenhaus wird das eigentliche Verfahren zur Frage, ob Trump in der Ukraine-Affäre sein Amt missbraucht und die Aufklärung durch den Kongress behindert hat, im Senat stattfinden, voraussichtlich schon ab Anfang Januar. Weil Trumps Republikaner dort eine Mehrheit haben und eine Zweidrittelmehrheit notwendig wäre, gilt eine Amtsenthebung als nahezu ausgeschlossen.

Der Impeachment-Prozess wird aber auch weiterhin den Vorwahlkampf der Demokraten überschatten. Immerhin werden drei der Bewerber auf der Bühne einen Großteil ihrer Zeit im Januar aller Voraussicht nach nicht in den frühen Vorwahlstaaten verbringen, sondern im Kongress in Washington: Warren, Sanders und Klobuchar. Ob das ein Nachteil sein wird, oder sie sich über diese Rolle mehr Gewicht verschaffen können, wird sich zeigen. Aber sie werden zumindest weniger Wahlkampf in Iowa und New Hampshire machen können, wo bereits am 3. beziehungsweise 10. Februar die parteiinternen Vorwahlen stattfinden.

In weniger als sieben Wochen wird es also ernst, und noch immer gibt es zwar Umfragefavoriten, aber keinen klaren Frontrunner. In den nationalen Umfragen liegt weiterhin Joe Biden vor Warren und Sanders. Seine Zustimmungswerte waren hier zuletzt sogar wieder gestiegen - und dass, obwohl Trump immer wieder versucht, die Rolle von Biden und dessen Sohn Hunter in der Ukraine zu thematisieren. In Iowa dagegen hat sich der junge, schwule Bürgermeister der Kleinstadt South Bend, Pete Buttigieg, in manchen Umfragen an die Spitze geschoben. Auch am Donnerstagabend zeigte der 37-Jährige einmal mehr seine rhetorische Stärke - vor allem dann, als er angegriffen wurde.

Auf diese Attacken hatten Beobachter bereits bei der letzten Debatte in Atlanta vergeblich gewartet, nachdem Buttigieg da gerade erstmals als Favorit in den Umfragen in Iowa aufgetaucht war. Dieses Mal kamen sie - vor allem von Elizabeth Warren. Die Senatorin griff den einstigen McKinsey-Berater an, weil er exklusive Dinner mit reichen Spendern abhalte, zu denen die Öffentlichkeit nicht zugelassen sei und bei denen kürzlich 900 Dollar teure Weine serviert worden seien. Doch Buttigieg konterte und verwies darauf, dass er der einzige Bewerber auf der Bühne sei, der nicht als Millionär bezeichnet werden könne. Außerdem punktete er, als er erklärte, dass die Demokraten alle Hilfe annehmen sollten, um Trump zu schlagen, auch die reicher Spender. Mut habe er, hieß es anschließend, Warren so anzugehen und als Millionärin zu outen.

Biden hatte einen seiner besten Auftritte

Auch Klobuchar, die einen starken Auftritt hatte, nahm sich Buttigieg vor. Die Senatorin kritisierte, er rede lediglich und liefere Standardantworten, aber anders als sie verfüge er über wenig Erfahrung. Sie dagegen wisse, wie man Wahlen in konservativen Gegenden gewinne. Buttigieg verteidigte sich auch hier und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, überhaupt schien er die Angriffe eher als Beweis seiner Favoritenrolle zu nehmen.

Der andere Favorit, Joe Biden, der wie Buttigieg eine moderate Politik vertritt, hatte einen seiner besten Auftritte. Der 77-Jährige wirkte konzentriert, gut gelaunt und angriffslustig. Immer wieder wiederholte er sein Mantra, warum er der beste Kandidat der Demokraten wäre: weil er die besten Chancen habe, Trump zu schlagen. Das Alter sei da kein Problem, im Gegenteil: "Ich mache Wahlkampf mit meiner Erfahrung." Die ganze Welt wisse, wer er sei und für was er stehe. Das sei ein entscheidender Vorteil. Die Frage, ob er hier und jetzt zusage, für eine zweite Amtszeit zur Verfügung zu stehen, konterte er geschickt: "Nein! Ich bin doch noch nicht mal für die erste gewählt." Aber dies sei ein netter Gedanke, fügte er an und erntete Lacher aus dem Publikum.

Das Alter der demokratischen Kandidaten ist tatsächlich ein großes Thema. Gleich vier Demokraten sind mindestens 70 Jahre alt: Joe Biden, Bernie Sanders, der mit 78 sogar noch älter ist, Elizabeth Warren, die auch schon ihren 70. feierte. Und dann ist da seit kurzem noch der ehemalige New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg, der ebenfalls 77 ist. Bloomberg war an diesem Abend nicht dabei, da er eines der Teilnahmekriterien der Demokratischen Partei nicht erfüllt: die erforderlichen Spenden. Der Milliardär, auf der "Forbes"-Liste der achtreichste Mensch der Welt, muss überhaupt keine Spenden sammeln, er finanziert seinen Wahlkampf selbst und hat sich dabei kein Limit gesetzt. An den TV-Debatten wird er daher erstmal nicht teilnehmen.

Fast wäre es eine reine "weiße" Debattenrunde geworden

Ebenfalls nicht auf der Bühne waren auch Senator Cory Booker und Ex-Wohnungsbauminister Julián Castro. Wäre da nicht der Tech-Unternehmer Andrew Yang, wäre es eine rein "weiße" Debatte gewesen - angesichts einer Partei, in der Afroamerikaner und Hispanics zu den wichtigen Wählergruppen zählen, ein Unding. Geholfen hat da auch nicht, dass kurz nach Bloombergs Kandidaturankündigung die einstige Hoffnungsträgerin, die kalifornische Senatorin Kamala Harris, aufgab. Die Tochter eines aus Jamaika stammenden Wirtschaftsprofessors und einer indischstämmigen Wissenschaftlerin konnte in dem überfüllten Bewerberfeld einfach nicht in den Umfragen zulegen, auch ging ihr offenbar das Geld aus.

Yang machte zum Thema, dass viele Wähler aus Minderheitengruppen nicht genug Geld zur Verfügung hätten, um zu spenden. Er verwies dabei auf seinen Vorschlag einer Art bedingungslosen Grundeinkommens. "Damit wäre ich nicht der einzige farbige Kandidat auf der Bühne gewesen", argumentierte er.

Kurz in Straucheln kam in diesem Zusammenhang Bernie Sanders. Als die Moderatoren ihm eine Frage zur Diskriminierung von Minderheiten stellte, wollte er zunächst nicht antworten, sondern versuchte, wieder zum Thema Klimawandel zurückzukehren. Denn dies sei die "existenzielle Bedrohung". Das kam im Saal gar nicht gut an. Sanders versuchte rasch, seinen Fehler wieder gutzumachen und führte aus, dass vor allem diese Amerikaner besonders unter dem Klimawandel litten.

Am 3. November wird ein neuer Präsident gewählt

Als siebter Bewerber war noch der Milliardär Tom Steyer auf der Bühne, der einmal mehr hervorhob, dass er ja seit Beginn von Trumps Amtszeit für dessen Amtsenthebung werbe. Das stimmt, hat ihm in den Umfragen aber auch noch nicht entscheidend genutzt.

Das ist und bleibt das Dilemma der Demokraten: Für sie ist dieses Impeachment-Verfahren eine Grundsatzfrage, sie sind fest davon überzeugt, dass Trump ihnen mit seinem Verhalten gar keine Wahl gelassen habe. Gleichzeitig spüren sie, dass ihnen dieses Vorgehen politisch schaden könnte. Und das nicht nur, weil der Präsident am Donnerstagabend einmal mehr fast alle Aufmerksamkeit auf sich zog.

In weniger als einem Jahr, am 3. November 2020, wird ein neuer US-Präsident gewählt. Die Demokraten eint, dass sie Trump unbedingt eine zweite Amtszeit verwehren wollen. Aber wie sie das schaffen wollen, und mit welchem Kandidaten, ist weiterhin offen.

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