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Auf Beobachtungsposten. Ein ukrainischer Soldat sichtet an einem Kontrollpunkt zwischen Donezk und Slawjansk in der Ostukraine das Terrain.

© AFP

Ukraine-Krise: Tusk: EU braucht neue Politik im Osten

Polens Regierungschef Donald Tusk fordert die EU zu einem entschiedenen Handeln in der Ukraine-Krise auf - er verlangt von der Gemeinschaft eine neue Politik im Osten.

Der Vorschlag könnte die lang ersehnte Trendwende in der Ukraine-Krise einleiten: Soldaten Russlands, der Nato und der Ukraine sollen gemeinsam im Südosten des Landes dafür sorgen, dass die Gewalt zwischen Regierungstruppen und pro-russischen Milizen nicht weiter eskaliert. Mit dieser Initiative gingen am Freitag mehrere Abgeordnete des russischen Oberhauses an die Öffentlichkeit. Wie die regierungsnahe überregionale Tageszeitung „Iswestija“ schrieb, will der Senat dazu spätestens zu Beginn der nächsten Woche konkrete Beschlüsse fassen.

Zu Vorschlägen, die zu einer tatsächlichen Deeskalation der Lage in der Ostukraine führen könnten, hatte zuvor Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Unterzeichner der Genfer Abmachungen von Ende vergangener Woche – also Russland, die Ukraine. USA und EU – aufgerufen. Gleichzeitig hatte sich die Situation im Krisengebiet erneut dramatisch verschärft: Die Übergangsregierung in Kiew hatte im Rahmen ihrer so genannten Anti-Terror-Operation Stellungen der Separatisten angegriffen, es gab Tote und Verletzte.

Nach den Worten des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu hat die Übergangsregierung in Kiew den „Einsatz von Gewalt gegen friedliche Einwohner“ bereits abgesegnet. Zudem habe Übergangspräsident Alexander Turtschinow über 11 000 Soldaten, 160 Panzer und 230 gepanzerte Fahrzeuge für die Infanterie in Marsch gesetzt. Das sei unverhältnismäßig und ein „ungleicher Kampf“.

Moskau antwortete auf die Militäroffensive der ukrainischen Übergangsregierung mit nicht angekündigten Manövern an der Grenze zur Südostukraine. Dabei absolvierte die Luftwaffe auch Übungsflüge direkt im Grenzgebiet. Damit reagiert Moskau auch auf Nato-Manöver, die in Kürze in Polen und den Baltenstaaten stattfinden sollen.

Der Kreml und das Moskauer Außenministerium kritisierten die Nato-Übung. Präsident Wladimir Putin rügte die „Anti-Terror-Operation“ Kiews gegen die „Anhänger der Föderalisierung“ – gemeint ist die Umwandlung der Ukraine in einen Bundesstaat, zu der Moskau die Übergangsregierung und den Westen drängt. Zudem bezeichnete Putin die Kiewer Interimsregierung als „Junta“.

Merkel für europäische Energieunion - "im Grundsatz"

Am Freitag berieten unterdessen in Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Donald Tusk nicht nur über die Lage im Osten der Ukraine, sondern auch über eine europäische Energieunion, die Polens Regierungschef zu Beginn der Woche ins Gespräch gebracht hatte. Nach der Vorstellung von Tusk soll die EU unabhängiger von russischen Gasimporten werden. Merkel erklärte vor dem Treffen im Kanzleramt, sie unterstütze „im Grundsatz“ Tusks Vorschläge. „Wir brauchen einen gemeinsamen Energiebinnenmarkt“, sagte die Kanzlerin.

Der polnische Regierungschef erklärte mit Blick auf die Entwicklung im Osten der Ukraine, dass Europa angesichts einer „aggressiven Politik“ nicht ratlos bleiben dürfe. Die „permanente Krise“ in der Ukraine erfordere auch von der Europäischen Union eine neue Politik im Osten. sagte Tusk.

Zuvor hatte Tusk am Donnerstag in Paris den französischen Präsidenten François Hollande getroffen. Dabei hatte Hollande dem polnischen Ministerpräsidenten seine Unterstützung bei seinem Vorstoß für die europäische Energieunion zugesichert. Europa müsse unabhängiger in seiner Energiepolitik werden, sagte der französische Staatschef. Hollande fasste gemeinsame Energieeinkäufe der Europäer ins Auge und nahm damit ebenfalls eine Idee Tusks auf. Eine solche Neuregelung der Einkaufspolitik könne die Verhandlungsposition der Europäer stärken, erklärte Hollande. Der Spitzenkandidat der konservativen Europäischen Volkspartei für die Europawahl, der ehemalige luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker, sprach sich ebenfalls für den Vorschlag Tusks aus.

Ein entschiedeneres Handeln der Europäischen Union in der Ukraine-Krise forderte derweil der ehemalige Bundesverteidigungsminister Volker Rühe. Er halte eine zu defensive und passive Haltung der EU in dieser Frage für einen Fehler, sagte der 71-Jährige in Hamburg. Das langfristige Ziel müsse ein EU-Beitritt der Ukraine sein, auch wenn dies eine kostspielige Angelegenheit sei.

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