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Teil III der Menschenrechtsserie zum Human Rights Day 2022

© Fotos: Sophie Peschke/ Montage: Manuel Kostrzynski

Schwindende Pressefreiheit in Ungarn: „Ungarn ist das schwarze Schaf in Europa“

Menschenrechtsserie Teil III: András Rostoványi ist Journalist in Ungarn. Beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen wurde er bedrängt, sollte pro Russland berichten und pro Brexit.

András Rostoványi kommt aus Ungarn und arbeitet mittlerweile als Journalist bei der letzten unabhängigen politischen Tageszeitung „Népszava“. „Es ist nicht leicht für staatsunabhängige Medien, sich über Wasser zu halten“, erzählt er im Tagesspiegel-Interview. Denn in Ungarn gibt es im klassischen Medienbereich – Print, Radio und TV – kaum Pressefreiheit, und das in einem Land mitten in Europa.

Die öffentlich-rechtlichen Medien wurden bereits kurz nach Orbáns Machtantritt 2010 auf Regierungslinie gebracht. Viele private unabhängige Medien wurden in den Jahren seitdem von regierungsnahen Geschäftsleuten aufgekauft. „Wir sind ein bisschen wie ein schwarzes Schaf in der EU“, meint Rostoványi und erinnert sich: „Als Orbán an die Macht kam, wurde es richtig schlimm.“

Die wenigen Medien, die nicht aufgekauft werden konnten, wurden von der Einnahmequelle durch staatliche Werbung abgeschnitten. „Das waren perfide Methoden“, sagt Human-Rights-Watch-Direktor Wenzel Michalski, „jetzt gibt es fast nur noch staatstreue Medien in Ungarn.“

Im Video: András Rostoványi zur schwindenden Pressefreiheit in Ungarn

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Bei einem der staatstreuen öffentlichen Fernsehsender arbeitete Rostoványi von 2015 bis 2019. In seiner Berichterstattung wurde er von Vorgesetzten oftmals beeinflusst.

Unabhängige Berichterstattung war kaum denkbar: „Mir wurde zum Beispiel bei der Berichterstattung zu Trumps Amtseinführung klargemacht, dass wir auf seiner Seite stehen. Denn schließlich steht auch Orbán auf seiner Seite.“ 

Auch bei anderen politischen Themen waren die Nachrichtenbeiträge stets auf Regierungsline: „Als es um den Brexit ging, berichteten wir pro Brexit. Wenn es um Russland ging, berichteten wir pro Russland.“ Rostoványi konnte die Arbeit beim öffentlichen Sender nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren.

Das hat mich angewidert und ich wusste, dass ich meinen Job wechseln muss.

András Rostoványi, ungarischer Journalist

Bei einer Wahl 2019 wird bei der Redaktionssitzung angemerkt, dass selbst die Wahlberichterstattung zugunsten der Regierungspartei geschehen müsste. „Das hat mich angewidert und ich wusste, dass ich meinen Job wechseln muss.“

„Der Presse in Ungarn wurde ein Maulkorb verpasst. Das muss sich ändern“, so Human-Rights-Watch-Direktor Michalski. „Als Journalisten sollten wir informieren und nicht manipulieren“, sagt Rostoványi.

Dadurch, dass er offen über die schwindende Pressefreiheit in seinem Heimatland spricht, bringt er sich selbst in Gefahr. „Aber als Journalist sehe ich es als meine Aufgabe, dazu beizutragen, dass sich etwas ändert.“

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