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Teil II der Menschenrechtsserie zum Human Rights Day 2022

© Sophie Peschke/ Montage: Manuel Kostrzynski

„Mein Heimatland akzeptiert mich nicht“: Der Überlebenskampf der Hazara in Afghanistan 

Menschenrechtsserie Teil II: Unter den Taliban werden in Afghanistan besonders für Mädchen und Frauen systematisch unterdrückt. Besonders das Volk der Hazara ist in großer Gefahr.

Narges Jafari bezeichnet sich als Afghanin, aber betont auch, dass sie Hazara ist. Zweimal schon musste sie fliehen, dabei ist sie erst 22 Jahre alt. Das erste Mal floh ihre Familie, weil sie Hazara sind und in Afghanistan nie als Afghanen akzeptiert wurden. Das zweite Mal, weil sie Afghanen sind und im Iran systematisch diskriminiert wurden.

Die Hazara leben hauptsächlich im Hochland im Zentrum Afghanistans und bilden eine der größten ethnischen Minderheiten im Land. Sie unterschieden sich in ihren als asiatisch geltenden Gesichtszügen und ihrer Sprache von den anderen Afghanen, einschließlich der vorherrschenden Volksgruppe der Paschtunen. Sie sprechen Azoragi, ein persischer Dialekt, und sind schiitische Muslime, während die meisten Afghaninnen und Afghanen dem sunnitischen Zweig des Islam folgen.

Als die Taliban im vergangenen Jahr erneut die Macht übernahmen, entwickelte sich nicht nur für die Mädchen und Frauen alles in Richtung Unfreiheit. Auch die Hazara als Volk sind im Visier des terroristischen Regimes, sie werden von den Taliban als Ungläubige verfolgt. Doch auch vor der Taliban-Machtübernahme wurden sie von den sunnitischen Paschtunen sowohl aufgrund ihrer religiösen als auch ethnischen Identität seit Jahrhunderten diskriminiert, unterdrückt und getötet. Besonders Frauen und speziell Mädchen wurden Opfer von terroristischen Anschlägen auf Schulen oder Bildungszentren, bei denen Hunderte von Kindern und Teenagern ermordet wurden.

Ich konnte nicht tanzen, ich konnte nicht singen, das war alles verboten.

Narges Jafari, 22 J.

Separate Schulen für Hazara im Iran

Als ihre Familie beschloss, aus Afghanistan zu fliehen, war Narges Jafari drei Jahre alt. Auch damals herrschten die Taliban über das Land. Die neue Heimat war ihr nie eine, denn auch im Iran erlebte sie Unterdrückung. Sie durften nicht zu regulären Schulen gehen, es habe für Afghaninnen und Afghanen separate Lernorte gegeben, ähnlich wie Nachhilfeschulen.

„Ich habe mich im Iran nie sicher gefühlt, da wurde ich auch sehr diskriminiert. Ich wurde in Afghanistan als Hazara bezeichnet, im Iran als Afghanin.“ Als Mädchen wurde sie zum Opfer der Geschlechterapartheid, also einem System, das für Mädchen und Frauen prinzipiell kaum bis gar keine Grundrechte vorsah. „Ich konnte nicht tanzen, ich konnte nicht singen, das war alles verboten“, sagt Narges Jafari heute.

Situation der Frauen verschlechtert sich zunehmend

Der Islam der Taliban sei weder Teil ihrer Religion noch ihrer Kultur, sagt die Muslimin. „Wir haben so lange um unsere Rechte gekämpft, besonders die Frauen. Das Taliban-Regime erlaubt Mädchen nicht, in die Schule zu gehen, Frauen können ohne Begleitung nicht rausgehen. Es ist sehr schlimm.“

Im Video: Narges Jafari über die Unterdrückung der Hazara in Afghanistan

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Seit 2016 lebt die frisch gebackene Abiturientin in Deutschland. Sie ist glücklich, sich aber auch der besonderen Situation bewusst. „Ich finde es ungerecht, dass ich hier das Gefühl von Sicherheit und das Recht auf Bildung habe. Also alles, was die Menschen in Afghanistan nicht können.“

Bald will sie Mode und Design studieren, was zurzeit in ihrer Heimat unvorstellbar ist. „Frauen müssen die Burka tragen. Mädchen dürfen sich nicht schön machen und sich nicht kleiden, wie sie möchten.“

In Deutschland kann sie zwar ein sicheres Leben führen, was ihr bislang immer verwehrt wurde, doch auch hier fühlt sie sich fremd. Selbstverständlich würde sie gerne zurück nach Afghanistan, wenn sie könnte, sagt sie ohne Zögern. Aber dort gibt es für sie als Frau und als Hazara kein Leben in Sicherheit. „Mein Herz bricht, weil mein Heimatland mich nicht als Afghanin akzeptiert.“

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